Klar, hat er. Auf alle Fälle. Trotz seiner jungen Jahre ist der aus Garden City, Missouri, stammende und - wie alle anderen im Geschäft - mittlerweile in Nashville lebende Sänger und Songwriter, kein absolutes Greenhorn mehr. Für Country-Rap-Rabauke Colt Ford schrieb er an "Hey Y'all" mit. Für Joe Nichols steuerte er "She's Just Like That" bei. Das sind erstens keine schlechten Referenzen. Zweitens stecken sie auch seinen musikalischen Horizont gut ab: Country-Rock und -Pop, und wenn es sein muss auch ein bisschen Rap. Tyler Farr ist ein Mann für alle angesagten Klänge.
Mehr noch. Der smarte Kerl weiß genau, was das Volk mag und erwartet - und er teilt den Song-Stoff freizügig aus. Dass er dabei die Redneck-Klischee-Karte ausspielt? Müsste nicht unbedingt sein, aber andererseits: geschenkt. Das machen auch Künstler von größerem Kaliber ungeniert. Der Titelsong ist auch die dritte Single-Auskopplung und sein erster echter Hit: ein starker Country-Rocker mit guter Melodie und einer schmachtenden Melodie-Linie im Refrain; das Arrangement ist dicht aber nicht zu überladen. Die Folge: Platz zwei in den Country-Single-Charts, in den Popcharts sprang für den Track immerhin Platz 29 heraus.
Dennoch: Der Song mag der erfolgreichste der CD sein, der beste ist er keinesfalls. Die Highlights setzen andere Tracks. Zum Beispiel das in seiner schwerblütigen Gangart an gute Tim McGraw-Momente erinnernde "Whiskey In My Water". Hier zeigt sich Tyler Farr düster und etwas geheimnisvoll - eine Klang- und Charakterfarbe, die ihm gut zu Gesicht steht. Mit seiner warmen, etwas angerauten Stimme kann er aber auch im Balladenfach überzeugen. Dennoch steuert er im Verlauf der elf Songs nur einen einzigen Schmachtsong bei: "Hello Goodbye". Der von ihm mitkomponierte Song wurde im letzten Jahr als Single-Vorbote ins Rennen geschickt - und mit einem mäßigen Platz 52 abgefertigt. Erstaunlicherweise schnitt nur um drei Plätze besser der ebenfalls in 2012 veröffentlichte Gute-Laune-Track "Hot Mess" ab. Immerhin ein Song aus der Feder von den amtlich zertifizierten Hit-Lieferanten Rhett Akins und Dallas Davidson - und ganz auf Mitsing-Refrain und Frohsinn gebürstet. Nun ja, man steckt nicht drin...
Dass der bärtige, optisch irgendwie an Adam Sandler erinnernde Sänger kein Kind von Traurigkeit ist, wird in mehreren Titeln deutlich: "Ain't Even Drinkin'", "Wish I Had A Boat" und das ganz auf modern getrimmte und mit Rapper Colt Ford als Gaststar ausgestattete "Chicks, Trucks and Beer" stehen nahezu prototypisch für den aktuellen Nashville-Sound: druckvoller, dichter, rockiger Klang; Klischeebeladene Inhalte. Warum das ganze dennoch stets erträglich bleibt, ist den gelungenen Melodien im Refrain und den überzeugenden Vocals von Mister Farr geschuldet.
Noch besser kann er diese allerdings in den beiden letzten Songs ausspielen: Im ruhigen, recht traditionell angelegten "Cowgirl" und in dem akustischen Blues-Folk "Living With The Blues".
Fazit: Angesagter Nashville-Sound mit allen Zutaten - aber auch mit einem talentierten Sänger und Songschreiber. Avancierte in den USA verständlicherweise zum Hit.
Label: Columbia Nashville (Sony) | VÖ: 25. Oktober 2013 |
Titelliste
01 | Dirty | 07 | Ain't Even Drinkin' |
02 | Makes You Wanna Drink | 08 | Wish I Had A Boat |
03 | Redneck Crazy | 09 | Chicks, Trucks and Beer (mit Colt Ford) |
04 | Whiskey In My Water | 10 | Cowgirl |
05 | Hot Mess | 11 | Living With The Blues |
06 | Hello Goodbye |