Schon beim Blick auf die Songauswahl - ausschließlich Sun-Records-Aufnahmen von 1956-1959 - fällt angenehm auf: Neben Cash-Markenzeichen wie "Folsom Prison Blues" und "I Walk the Line" befinden sich auch eher unbekanntere Titel auf dem Album (auf der Limited Edition ist von fünf Bonustracks sogar einzig "Hey Porter" Allgemeingut). Das von John Carter Cash und Snoop Dogg betreute Tribut-Projekt spielt lustvoll mit der Frage: Wenn Johnny Cash noch leben würde, wäre so eine Zusammenarbeit dann nicht der nächste logische Schritt gewesen? John Carter ist sich seiner Sache sicher: "Er hätte dieses Remix-Album geliebt, weil es den Originalen treu bleibt und trotzdem ganz neue, eigene Wege geht. Genau wie es mein Vater immer getan hat."
Und die remixten Songs sprechen wirklich für sich; plumpes, niveauloses Ballermann-Gewummer braucht man jedenfalls nicht zu befürchten. Schließlich sind die beteiligten DJs und Remixer allesamt Meister ihres Fachs. Dass es nicht ohne Beats und Breaks geht (manchmal verstärkt durch eine satte Bluesharp oder durchweht von gezupften Banjoklängen), liegt in der Natur der Sache. Teilweise bleiben die Remixe nah am Original, teilweise sind es Neuinterpretationen, aber eines fällt auf: Fast alle orientieren sich am ursprünglichen Country-Idiom. Mit anderen Worten, ob als Sample, Loop oder mit sonst einer elektronischen Spielerei bearbeitet, beherrschen Cashs Boom-Chicka-Boom und seine charakteristische Stimme jeden Song.
Am weitesten lehnt sich Snoop Dogg aus dem Fenster, der "I Walk the Line" in einen veritablen (wenn auch ziemlich langweiligen) Gangsta-Rap und eine Liebeserklärung an Cash verwandelt. "Get Rhythm", "Big River" und "Folsom Prison Blues" sind dagegen eher "gepimpt", also mächtig aufgemotzt, aber nicht neu interpretiert. Auf die Spitze treibt dieses Verfahren übrigens Rockproduzent Wolf (Avril Lavigne, Annie Lennox) mit seiner Version von "Rock Island Line". Das Original legt schon ein mächtiges Tempo vor, aber diese mitreißende Fassung verursacht Schweißausbrüche. Und Remixer Kennedy weckt mit dem amüsanten "Sugartime" glatt Erinnerungen an die alte Glamrock-Ära. Auf vertrautem Terrain befinden sich dagegen Alabama 3 mit ihrem Remix von "Leave My Junk Alone". Die Briten, mit dem Titelstück zur US-Serie "Die Sopranos" bekannt geworden, sind echte Pioniere des Country-Techno. Hier betten sie Cashs Abstinenzler-Botschaft in eine Honkytonk-Sauftour-Story mit fetten Beats. Großartig.
Doch es gibt auch ruhigere Klänge. "I Heard the Lonesome Whistle Blow" von dem Berliner Elektromusiker Apparat orientiert sich an elektronischem Trip-Hop-Gezirpe und -Geknister. Und das sensible "Port of Lonely Hearts" der Australier Midnight Juggernauts klingt, als würden Cashs Gitarre und Gesang wie ein fernes Echo aus dem Himmel zu uns herüberwehen. Begleitet von sphärischen Chorklängen, die Brian Wilson von den Beach Boys nicht besser hätte choreografieren können.
Fazit: Eine Frischzellenkur, von der Country-Puristen die Finger lassen sollten. Doch wer für Experimente offen ist, wird überrascht sein: Dieses Tributalbum kommt zwar aus einer ganz anderen musikalischen Ecke, ist aber gerade deshalb ausgesprochen originell. Dagegen sehen jedenfalls die einfallslosen "Best of Johnny Cash"-Alben, die wie am Fließband erscheinen, ziemlich alt aus.
Label: Edel Records (Edel) | VÖ: 30. Januar 2009 |
Titelliste
Links
01 | Get rhythm (Philip Steir Remix) | 08 | Folsom prisom blues (Pete Rock Remix) |
02 | Big river (Count De Money Remix) | 09 | Straight a's in love (Troublemaker Remix) |
03 | Country boy (Sonny J Remix) | 10 | Sugartime (Kennedy Remix) |
04 | I walk the line (QDT Muzic Remix) | 11 | Rock island line (Wolf Remix) |
05 | Doin' my time (The Heavy Remix) | 12 | Belshazzar (Machine Drum Remix) |
06 | Leave that junk alone (Alabama 3 Remix) | 13 | I heard that lonesome whistle blow (Apparat Remix) |
07 | Port of lonely hearts (Midnight Juggernauts Remix) |