Auch deshalb freut man sich über dieses Album. Denn hier handelt es sich keineswegs um ein ausgeklügeltes Plattenfirma-Produzenten-Machwerk, das mit 08/15-Retorten-Songs die schnelle Kohle abwerfen soll. Hier kommt ein Musiker, ein sehr, sehr guter dazu, mit einem Dutzend erlebter oder zumindest gut ausgedachter Geschichten. Da kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen. Tut es auch nicht ...
Auffällig ist, dass - den Songs zu urteilen - der rotblonde Endvierziger einige toughe Zeiten hinter sich haben muss. So liegt der gefühlte Schwerpunkt eindeutig im gemächlichen Tempo und in Mollgefilden. Der lebendige, soul-rockige Opener und Titeltrack kann da nicht hinweg täuschen. Denn schon der nächste Song "Something Out of Nothing" schwelgt im souligen Balladen-Fahrwasser. Sowohl die Musik mit einer wummernden Hammond B-3 als auch das glamour-freie Arrangement erinnert an den guten, alten Souler Otis Redding. Vor allem wenn Lee Roy Parnell im Refrain uneitel bekennt: "you made something out of nothin, when you made something out of me." Bescheidenheit? Demut? Understatement? Ein überzogenes Ego klingt, ob so oder so, jedenfalls anders. Und auch bei dem nachfolgenden, herrlich blues-souligem "Just Lucky That Way" lässt der Meister der Slide-Gitarre eine Geisteshaltung erahnen, die so gar nicht auf einen mit etlichen Hits gekrönten Musik-Star schließen lässt.
Wer weiß, vielleicht war Lee Roy Parnell tatsächlich seit Beginn seiner Karriere - also vor gut 30 Jahren - immer um einen Tick zu bescheiden, um den ganz großen Wurf zu landen. Star-Appeal ist seine Sache jedenfalls nicht, doch genau darauf schielen Medien und Plattenfirmen. Um so erstaunlicher und respektabler ist dieses Comeback zu bewerten: Lee Roy Parnell hat sich nicht verbogen. Keinen Millimeter. So sucht man auf der CD vergebens nach offensichtlichen Zugeständnissen an Moden und ans Country-Radio. Denn so richtig "Country" ist die CD nicht. Bei dem rührenden "Daddies and Daughters" (im Duett mit Allison Parnell) fließt der C-Faktor freilich mit ein, und auch gegen Ende der CD bei Titel wie "The Hunger" oder "That's All There Is". Hier erinnert er an Eric Claptons "461 Ocean Boulevard"-Ära, mit dem er übrigens schon vor 15 Jahren gerne - vor allem von seiner damaligen Plattenfirma - verglichen wurde.
Noch andere Vergleiche gefällig? Bei "Don't Water It Down", ein ausnahmsweise flotter, mit hüpfendem Groove Laune machender Track, stehen Little Feat Pate, jede Wette. Und zwei Songs später, bei "You Can't Loose Them All", zieht er den imaginären Hut vor der Allman Brothers Band. Eine gelungene, dynamische und virtuose Reminiszenz an die Pioniere des Southern-Rock. Mit dem instrumentalen Swing-Song "Cool Breeze" lässt Lee Roy Parnell die CD nicht weniger begeisternd ausklingen.
Fazit: Ein gelungenes Comeback des exzellenten Gitarristen, Sänger und Songschreiber: sehr soulig, sehr balladesk -aber auch sehr schön. Reinhören lohnt sich!
Label: Universal South (Universal) | VÖ: 21. März 2006 |
Titelliste
Links
01 | Back To The Well | 07 | You Can't Lose 'Em All |
02 | Something out of Nothing | 08 | Breaking The Chain |
03 | Just Lucky That Way | 09 | The Hunger |
04 | Old Soul | 10 | That's All There Is |
05 | Don't Water It Down | 11 | Saving Grace |
06 | Daddies and Daughters | 12 | Cool Breeze |