Auch der Album-Titel "Elvis Goes To Country Heaven - A Tribute" könnte besser gewählt sein. Denn falls Elvis in den Himmel gekommen ist, ist das nun eben schon eine ganze Zeit lang her. Schließlich jährte sich dessen Todestag 2007 zum 30. Mal. Und im Country-Himmel ist Elvis sowieso - man erinnere sich an die legendären Sun-Sessions oder an das Million Dollar Quartett (Elvis Presley, Carl Perkins, Johnny Cash und Jerry Lee Lewis). Wenn das kein Country ist, was dann. Aber nun zur Musik, denn darum geht es hier ja. Zwölf Formationen, überwiegend in Europa aktiv, widmen sich Elvis-Klassikern im Country-Style. Jeder nahm sich seinen Lieblingssong vor und versuchte, ihm seine ganz eigene Note verleihen. Kein leichtes Unterfangen, denn schließlich hat jeder Elvis-Fan eine ganz eigene Vorstellung, wie der jeweilige Song zu klingen hat. Zudem müssen sich die Künstler natürlich Vergleiche mit dem Original sowie anderen Elvis-Interpreten gefallen lassen - zum Beispiel mit dem genialen Mexikaner El Vez.
Den Anfang machen NightHawk. Die junge Formation, die 1997 gegründet wurde und bereits zahlreiche Preise gewann - u.a. "Newcomer des Jahres 2000" von der GACMF und "Beste Linedance Band Deutschlands" von der AMI - wagt sich an den Leiber/Stoller-Klassiker "Hound Dog". Ihr aus Fort Worth, Texas stammender Sänger Joe Hawkins, begeht nicht den Fehler den King in irgendeiner Weise imitieren zu wollen und bleibt bei seinem Leisten. Track zwei stellt schon gleich den ersten Höhepunkt der CD dar. Solly Aschkar, die deutsche Sängerin und Gitarristin mit syrischen Wurzeln arbeitete bereits mit Blueser Keb' Mo' und interpretiert hier "Pocketful of Rainbows". Mit toller Stimme macht sie sich den Song zu Eigen. Niemand denkt hier mehr an den King. Bei Johnny Lorenz und seiner Interpretation von "Suspicious Minds" hingegen ist das nicht ganz so einfach. Da hat sich Johnny aber nun wirklich auch ein hartes Stück ausgesucht. Gegen die Geniestreich-Version des Live-Albums "Elvis in Person at the International Hotel, Las Vegas, Nevada" wirkt Lorenz' Versuch einfach nur plump. Sorry, Johnny...
Charmant kommt "His Latest Flame" des polnischen Country-Barden und erklärten Willie-Nelson-Fans Michael Lonstar daher. Mit leichtem osteuropäischem Akzent verarztet er die Komposition aus der Feder von Doc Pomus und Mort Shumans. Für Produktion und alle Instrumente zeichnet übrigens der in Deutschland wohnhafte US-Amerikaner Ron Gardner verantwortlich. Selbiges gilt für die Deutsch-Country-Newcomerin Suzie Candell, die unter Gardners Ägide "All Shook Up" neues Leben einhaucht. Beziehungsweise es versucht, denn das Ganze bleibt etwas zu brav und bieder.
Da beweist "I Gotta Know" von Mandy Strobel & Marty Wolfe schon etwas mehr Eigenständigkeit. Sie kleiden den Song in Schwarz und erweisen Elvis-Buddy Johnny Cash die Ehre. Reduziert, einfach und schön. Der Schotte Kevin Anderson punktet mit seiner Stimme, die mit 50ties-Timbre tatsächlich auch ein bisschen an Elvis gemahnt. Solide und sympathisch.
Bei Track acht kommt wieder Ron Gardner zum Einsatz, diesmal im Duett mit Susanne "Sue" Schäfer. Gemeinsam nehmen sie sich den wohl bekanntesten Elvis-Song zur Brust, den Schmachtfetzen "Love Me Tender". Dabei begeben sie sich auf dünnes Eis: Mit zuviel Ernst, Pathos und Schmalz (inklusive synthetischer Keyboard-Flächen) widmen sie sich dem Song, bei dem es schon dem King schwer viel, ernst zu bleiben - man erinnere sich an die Version, bei der er einfach zu lachen anfängt. Da täte ein wenig Ironie not.
Weitaus mehr Spaß scheinen der Schweizer Country-Export Marco Gottardi und seine Silver Dollar Band zu haben. "Burning Love" trägt er mit viel stimmlicher Verve vor, bleibt dennoch weit hinter dem Original zurück. Dem selbigen total verschrieben hat sich der Österreicher Tex Robinson bei "Can't Help Falling in Love". Seine ganze Seele legt er in das Stück, nur leider kommt die Stimme nicht so ganz mit. Ebenfalls nah am Original legen die Sauerländer Wild Bunch ihre "Don't Be Cruel"-Version an, die letztlich vor allem durch die Stimme von Leadsängerin Katja Picker etwas Eigenständigkeit erreicht. Beim letzten Titel der Kompilation gönnen sich Rubber Duck eine Highspeed-Version von "Viva Las Vegas" inklusive teufelsschneller Fiddle. Ein würdiger Abschied.
Fazit: Gut gemeintes Tribut-Album, das in weiten Strecken zu brav und bieder daherkommt und nur an wenigen Stellen musikalische Glanzlichter setzt. Aber immerhin: Die Songs sind klasse und jeder kann sie mitsingen....
Anmerkung: Das Label hat sich entschieden, die CD nicht flächendeckend im Einzelhandel, über die großen Online-Shops oder den legalen digitalen Download anzubieten. Das Album soll nur bei Live-Konzerten verkauft werden, allerdings sind gemeinsame Konzerte der Künstler (siehe unten) zurzeit nicht geplant.
Label: AmaZing Records (Eigenvertrieb) | VÖ: 10. Juli 2007 |
Titelliste
Links
01 | Hound Dog (Nighthawk) | 07 | Devil in Disguise (Kevin Henderson) | ||
02 | Pocketful Of Rainbows (Solly Aschkar) | 08 | Love Me Tender (Ron & Sue) | ||
03 | Suspicious Minds (Johnny Lorenz) | 09 | Burning Love (Marco Gottardi & Silver Dollar Band) | ||
04 | His Latest Flame (Michael Lonstar) | 10 | Can´t Help Falling In Love (Tex Robinson) | ||
05 | All Shook Up (Suzie Candell) | 11 | Don´t Be Cruel (Wild Bunch) | ||
06 | I Gotta Know (Mandy Strobel & Marty Wolfe) | 12 | Viva Las Vegas (Rubber Duck) |