Klar gemacht ist bei diesen Vergleichen vermutlich auch schon die vorgefertigte Meinung. Casting-Teilnehmerin, süß, blond ... kann es sein, dass so jemand wirklich Talent hat? Also eine Stimme, die zu mehr in der Lage ist, als kindische Songs zu kieksen - die aber im Grunde genommen nicht zu sehr vom schönen Gesicht und den sexy Kurven ablenken sollte. Antwort: Ja! Bei Kellie Pickler soll sich bloß niemand täuschen.
Auch wenn sie auf dem Cover ihrer Debüt-CD "Small Town Girl" die heile Welt inszeniert - die Wirklichkeit sah für Kellie Pickler ganz und gar nicht heil aus. Ihre Eltern haben sich mehr um Drogen und ihre kriminelle Karrieren gekümmert als um das Kind, deshalb wuchs die aus einer Provinz-Stadt in North Carolina stammende, im Juni 1986 geborene Sängerin bei ihren Großeltern auf. Die Schule war nicht so ganz ihr Ding - dafür aber das Singen. Nach verschiedenen kleineren Wettbewerben landete sie schließlich bei America Idol und wurde Sechste. Nicht sooo toll - trotzdem bekam sie bei BNA Records einen Plattenvertrag. Völlig zu Recht, wie die CD jetzt beweist.
Das Mädel kann einfach singen. Sie hat eine Stimme, die einem unter die Haut geht, die facettenreich und ausdrucksstark ist, und als frisch gebackener Twen phrasiert sie bereits wie eine gestandene Nashville-Größe. Nach eigenen Angaben hat sie sich schon immer für Country interessiert und sich vor allem für Dolly Parton begeistert. Das hört man. Auch wenn auf dieser, von Blake Chancey produzierten CD, keine Bluegrass-Einflüsse hörbar sind. Doch wen wundert's: Sie ist 20! Sie ist sexy! Sie ist hip!
Also hat sich eine Riege von vermutlich angesagten Songschreibern - das Booklet gibt darüber leider genauso wenig Auskunft wie über die beteiligten Musiker - dran gemacht, dem Backfisch aus der Provinz ein maßgeschneidertes Soundkostüm zu schneidern. Die verwendeten Stoffe stammen dabei aus der Country-Pop- ("Red High Heels", "Things That Never Cross A Man's Mind"), Blues- ("One of The Guys") und natürlich aus der pompösen, brokatversetzten Balladen-Abteilung ("I Wonder", "My Angel"). Jeder der elf Titel hält gelungene, eingängige Harmonien bereit, so mancher schwelgt im vielstimmigen, hymnischen Endorphin-Rausch ("Gotta Keep Moving"). Klaro wird da manchmal dick aufgetragen und die Emotionen mit der Schneeschaufel aufgetragen. Auf den Nerv geht einem das trotzdem nicht. Dafür sorgen die stimmgewaltige Sängerin und so manche musikalische Glanztat - wie die weinende Pedal Steel-Guitar und die temperamentvolle Slide-Gitarre bei "Wild Ponies" oder die knarzende Blues-Harp beim bereits erwähnten "One of The Guys".
Auch wenn wie bei den meisten angesagten Nashville-Produktionen der Sound ein Mix aus Country, Pop, Rock, Blues und West-Coast-Klängen ist, ist Kellie Pickler dazu in der Lage, selbst den eingefleischtesten C&W-Traditionalisten zu bezirzen. So einem Lächeln kann man nur widerstehen, wenn man ein Herz aus Stein hat. Aber welcher Country-Fan hat das schon...
Fazit: Der American-Idol-Finalistin gelingt ein ausgezeichnetes Debüt: Modernrer Country-Pop, getragen von einer genauso charmanten wie kräftigen Stimme. Weiter so!Label: 19 Recordings / BNA Records (Sony) | VÖ: 1. Dezember 2006 |
Titelliste
Links
01 | Red High Heels | 07 | Wild Ponies |
02 | Gotta Keep Moving | 08 | Girls Like Me |
03 | Things That Never Cross A Man's Mind | 09 | I'm On My Way |
04 | Didn't You Know How Much I Loved You | 10 | One of The Guys |
05 | I Wonder | 11 | My Angel |
06 | Small Town Girl |