Auf dem Cover gibt sich Lauren Watkins, wie es so schön heißt, unprätentiös: ausgewaschene Jeans, ein graues, ärmelloses Tanktop, lange brünette Haare. Das Makeup unaufdringlich schick, der Blick: cool, smart, aber auch irgendwie fragend. So als ob sie vom Betrachter wissen möchte, wie man sie denn so finde? Überheblichkeit oder gar Arroganz lässt sich aus diesem klassisch-schönen, mit fotogenen Wangenknochen verzierten Gesicht aber nicht lesen.
Neues Talent aus Nashville: Lauren Watkins
Lauren Watkins gibt auf der EP "Introducing: The Heartbreak" einiges über sich preis. Nehmen wir nur mal den Track "Stuck in my Ways", den sie gemeinsam mit Will Bundy, David Garcia und Emily Landis geschrieben hat. Sie sei, so singt sie in dem ziemlich klassisch angelegten Country-Rock-Song, wie eine "Levi Jeans", wie eine "alte, selbst gebrannte CD", sie fahre mit einem Jeep durch die Gegend, bis der seinen Geist aufgibt und stehe auf die guten, alten Benimmregeln à la "yes Ma'am" und "no sir". Traditionell? Na sicher. Aber auch konservativ? Nicht unbedingt. Vielmehr gibt Lauren Watkins ein schönes Beispiel einer modernen, jungen Frau ab, die mit Konventionen keine Probleme hat.
Damit positioniert sie sich deutlich gegenüber jungen, eher wilden Nashville-Ladys wie Lainey Wilson und Ashley McBryde. Auch musikalisch. Lauren Watkins orientiert sich in ihrer Musik noch stärker und eindeutiger bei den Legenden und Pionieren des Genres - beispielsweise bei George Strait. Genau wie King George 2000 gemeinsam mit Alan Jackson den Niedergang der Country Music in dem Track "Murder on Music Row" beklagte, befindet jetzt auch die junge Lauren Watkins: there ain't no "Cowboys on Music Row". In der nostalgischen, konsequent im Drei-Viertel-Beat gehaltenen Ballade wünscht sie sich "a red headed stranger" (wie wir wissen, ist damit Willie Nelson gemeint) oder "the real rodeo man" (klare Anspielung auf George Strait). Diese Leute hätten über das gesungen, was sie auch erlebt hätten. Und heute? Fehlanzeige. Es gebe eben keine Cowboys mehr an der Music Row.
Für eine junge Nachwuchskünstlerin ist das eine erstaunliche Aussage. Natürlich hält "Introducing: The Heartbreak" auch romantische Moment bereit. Einer davon heißt "The Table". Ein ungewöhnlicher Titel und auch eine ungewöhnliche Metapher, für einen Flirt, der ein Flirt blieb - obwohl alles sonnenklar auf dem Tisch lag: das gegenseitige Interesse, die Anziehungskraft. In dem ruhigen, schon fast gediegenen, zu einem guten Teil mit akustischen Instrumenten arrangierten Track erinnert sie ebenfalls an George Strait - an dessen 2001 veröffentlichten Hit "Run".
Sechs starke Tracks: "Introducing: The Heartbreak"
Auch bei "Fine County Line" meldet sich das musikalische Gedächtnis. Nach einigem Grübeln weiß man auch an welchen Song einen die Refrain-Melodie erinnert, an: "Addicted to Love", dem von Robert Palmer geschriebenen und (später) auch von Tina Turner zum Hit gesungenen Track. Die Ähnlichkeiten sind natürlich nur angedeutet. Von einem Plagiat kann keine Rede sein, nur von einer Inspiration. Doch das reicht, um den Midtempo-Song zu einem starken, markanten Country-Rock-Song zu machen.
Weitere Highlights setzen das melodiöse "Jealous of Jane", das sie gemeinsam mit Caroline Watkins, Brad und Brett Warren geschrieben hat sowie das Duett mit Jake Worthington "Fly on the Wall". Joey Moi hat das Album mit viel Fingerspitzengefühl produziert.
Fazit: Mit ihrer zweiten EP "Introducing: The Heartbreak" setzt Lauren Watkins ein weiteres Ausrufezeichen: starker, roots-orientierter Country-Rock mit persönlichen Texten.