Die Grundidee einer Country Music Messe ist, dass Musiker ihren Fans neue Musik vorstellen und dass neue Musiker sich eine Fanbase erarbeiten können. Als positiver Nebeneffekt können sich Gleichgesinnte treffen, sich austauschen und ein Wochenende Country Music in geballter Form genießen.
Was in den USA seit 1972 erfolgreich als CMA Music Fest, vormals Fan Fair, praktiziert wird, hätte auch in Deutschland funktionieren können und die Anfänge waren mehr als erfolgreich. In diesem Jahr feierte die Country Music Messe in Bergheim ihr 20. Jubiläum. Aber was erfolgreich begann, wurde nun beendet.
Die Hochzeit erlebte die Country Music Messe in Berlin vor ungefähr 10 Jahren als man zum Teil ausverkaufte Samstage gemeldet hat. Die Messe war so erfolgreich, dass sich die Veranstalter Kai Ulatowski und Frank Lange noch einen dritten Partner, Herbert Arnold, ins Boot holten und 2006 eine zweite Messe in Nürnberg veranstalteten. Schon nach der ersten Messe in Nürnberg verließ Frank Lange das Trio und Ulatowski sowie Arnold betrieben die Nürnberger Messe alleine weiter.
Auch bei der Berliner Country Music Messe trennten sich die beiden Veranstalter Kai Ulatowski und Frank Lange und damit begann der langsame Abstieg, denn wie so oft im Leben war man nur als Team erfolgreich und Kai Ulatowski, der die Country Music Messe Berlin alleine weiterführte, konnte die Veranstaltung nicht halten. Zunächst zog man vom Fontane Haus in Berlin Reinickendorf in den Postbahnhof, in der Nähe des Berliner Ostbahnhofes.
Die erste Country Music Messe Berlin war von den Besucherzahlen her noch ein voller Erfolg. Der Veranstalter meldete lange Schlangen an den Kassen. In der Euphorie ging die Kritik der Besucher, zum Beispiel über den schlechten Sound und die kühlen Temperaturen in den Hallen, unter. Schon die zweite Country Music Messe im Berliner Postbahnhof musste deutliche Besuchereinbußen hinnehmen. 2010 verlegte man die Messe dann in den März.
Am 15. Januar 2010 verkündete Frank Lange, dass er unter dem Namen Country Music Meeting wieder eine Veranstaltung im Berliner Fontane Haus veranstalten möchte und gab die Termine für die nächsten fünf Jahre bekannt. Kurz danach kündigte auch Kai Ulatowski an, dass er die Country Music Messe Berlin im nächsten Jahr wieder im Februar stattfinden lassen wolle, am selben Wochenende wie das Country Music Meeting. Außerdem verklagte Kai Ulatowski Frank Lange (wir berichteten).
Der geschickte Schachzug für die Country Music Messe Berlin
Da es immer noch Kritik an der Country Music Messe gab, macht Kai Ulatowski einen geschickten Marketing-Schachzug und rief den Deutschen Country Preis ins Leben. Auf einmal waren wieder viele Country Musiker aus der nationalen Szene der Messe wohlgesonnen, wie zum Beispiel Bernd Wolf, Frontmann der Band Texas Heat, der 2010 zu den größten Kritikern der Country Music Messe in den sozialen Netzwerken zählte. Mit der ersten Verleihung konnte er die Auszeichnung für die Duo/Gruppe des Jahres sowie für den Song des Jahres (Barry P. Foley & Marty Wolfe "The Girl Who Sang Johnny Cash") mit nach Hause nehmen. Seine Kritik an der Messe verstummte schlagartig.
Die allgemeine Kritik an dem Deutschen Country Preis kochte hoch, da zum einen nicht angegeben wurde, wie die Nominierten ausgesucht wurden, wie man sich überhaupt für eine Nominierung qualifizieren konnte oder wer zum Beispiel überhaupt in der Jury saß, die schlussendlich die Preisträger bestimmt. Hinzu kam, dass es auch immer wieder Auszeichnungen gab, die Fragen aufwarfen, zum Beispiel im ersten Jahr erhielt Jolina Carl die Auszeichnung als Newcomerin des Jahres und für ihr Album "Lieber jetzt als irgendwann". Damals arbeitete Jolina Carl, die inzwischen alle Deutschen Country Preise zurückgegeben hat, zusammen mit Iris Paech, der Ehefrau von Kai Ulatowski. Auffällig ist, dass nach der Trennung von Jolina Carl und Iris Paech mit ihrem Label Little Elephant Records Jolina Carl bisher nicht wieder für einen Country Preis nominiert wurde. Auch The Lennerockers, die jahrelang auf der Messer spielten, bis sie nur noch auf dem Meeting zu Gast waren, wurden noch nicht für den Deutschen Country Preis nominiert.
2011 fanden die Country Music Messe parallel zum ersten Country Music Meeting statt und wenn man rein von den Besucherzahlen ausgeht, ging die Strategie von Kai Ulatowski auf und die Messe als Gewinner hervor. Aber wie so oft wurden die "Probleme" nur kurzzeitig überdeckt anstatt an wirklichen Lösungen zu arbeiten. So hat Frank Rickal einen Artikel über das Country Music Meeting als auch über die Country Music Messe geschrieben und veröffentlicht. In diesen Artikel wurde auch erwähnt, was bei den einzelnen Veranstaltungen nicht so geglückt ist. Daraufhin setzte sich Kai Ulatowski mit dem Online-Magazin in Verbindung und übte so lange Druck aus, bis der Artikel ganz entfernt wurde. Die Quintessenz war, dass das Magazin seitdem gar nicht mehr über die Messe berichtet hat.
Nachdem die Country Music Messe in Nürnberg im Herbst 2011 stattfand, wurde es verdächtig ruhig um die zweite Messe, die dann 2012 für ein einmaliges Gastspiel nach Bayreuth umzog und anschließend still und heimlich eingestellt wurde.
Im Vorfeld zur Country Music Messe 2012 schlugen dann noch einmal die Wellen hoch. Die Band Nashfield machte öffentlich, dass sie von Kai Ulatowski unter Druck gesetzt wurden. Die Country-Band wurde vor die Wahl gestellt, entweder auf der Messe oder auf dem Meeting zu spielen. Dies war einer der wenigen Momente, in denen der Fan ein Blick auf die Machenschaften von Kai Ulatowski werfen konnte. Die Deutsche Presse-Agentur (DPA) griff die Meldung auf und so verbreitete sich die News in dutzende Tageszeitungen, Zeitschriften und Online-Portalen. Die Welt draußen bekam mit, wie Musiker der Country-Szene unter Druck gesetzt wurden - das war weder für die Szene noch für die Messe ein Image-Gewinn.
Dadurch standen auch die Zeichen bei der Berliner Messe für 2012 nicht so gut. Hinzu kam, dass das Country Music Meeting am Sonntag mit Truck Stop aufwarten konnte. Die Mundpropaganda tat ihr Übriges und so kamen deutlich mehr Besucher als im Vorjahr ins Fontane Haus. Bei der Country Music Messe im Postbahnhof sollen am Sonntag die Besucherzahlen stark rückläufig gewesen sein.
Ende März 2012 gab Kai Ulatowski dann bekannt, dass er die Print-Ausgabe seines Magazins "Western Mail" einstellen wird (wir berichteten). Damit fiel die wichtigste Verbreitungsplattform für die Country Music Messe weg. Diverse andere Country-Medien berichteten gar nicht erst über die kommenden Veranstaltungen, darunter auch CountryMusicNews.de, weil man den Druck, den Kai Ulatowski auf zum Beispiel Nashfield ausübte, nicht unterstützen wollte.
Für 2013 zog die Country Music Messe dann von dem Postbahnhof in die Urania (wir berichteten). Da war klar, dass die Besucherzahlen auf der Messe rückläufig sein mussten - auch wenn offizielle Zahlen vom Veranstalter nicht mehr genannt wurden.
Das Country Music Meeting hingegen gewann an Popularität und konnte erneut eine Besuchersteigerung verzeichnen.
2014 dann der Schlag: Die Country Music Messe zog weg aus Berlin hin nach Bergheim und um genau zu sein nach Quadrath-Ischendorf (Vorort von Bergheim). Als offizielle Begründung wurde der private Umzug von Kai Ulatowski und Iris Paech genannt. Es wurde vor Beginn ordentlich getrommelt, aber viel war im Nachhinein nicht über die Messe zu lesen.
In diesem Jahr feierte die Country Music Messe dann Jubiläum und CountryMusicNews.de schickte einen Redakteur, um über das Jubiläum und die Veranstaltung zu berichten (Veranstaltungsbericht lesen). Auch ohne offizielle Besucherzahlen war klar, dass die Ticketverkäufe rückläufig sein mussten. Aufregung gab es allerdings darüber, dass Kai Ulatowski im Rahmen der Verleihung des Deutschen Country Preises, eine Auszeichnung für sein Lebenswerk erhielt. Im Zuge dessen gab Achim Rudolph, der den Country-Kalender betrieb, an, dass er in der Jury des Deutschen Country Preises sitzt. Er schrieb auf seiner Webseite: "…auf Grund verschiedener Vorkommnisse, insbesonders in den öfftl. Netzwerken…haben wir beschlossen, unsere Seiten CountryKalender zu schliessen. …Es lohnt sich nicht, sich weiterhin für eine Szene einzusetzen, die sich nach und nach selbst disqualifiziert." Später ließ er über Facebook wissen, dass er der Jury des Deutschen Country Preises weiterhin angehören werde. Warum er dann allerdings seine Webseite schließt, die nie damit öffentlich in Verbindung gebracht wurde, ist nicht nachvollziehbar.
Diesem Beispiel folgend hat Kai Ulatowski sich am19. Mai 2015 dazu entschlossen, die Country Music Messe in Bergheim nicht mehr stattfinden zu lassen. Über die Gründe gibt er viel Raum zu spekulieren, da es keine öffentliche Bekanntmachung gab. Vielleicht war die Country Music Messe nicht mehr rentabel, es waren nicht mehr genügend Künstler bereit, sich dem auszusetzen oder der kalte Wind, der ihm durch die Verleihung des Preises ins Gesicht blies war zu viel, darüber wird sich jetzt die Szene ihre eigene Meinung bilden. Wie so oft hinterlässt Kai Ulatowski mehr Fragezeichen als Antworten.
Für die nationalen Künstler ist jetzt eine weitere Möglichkeit weggebrochen, um sich Gehör zu verschaffen und gerade die Musiker in der nationalen Szene müssen sich jetzt überlegen, wie es weitergehen soll, denn die Szene verliert mehr und mehr an Bedeutung und neue Künstler, die wir auch immer wieder auf CountryMusicNews.de vorstellen, drängen auf den Markt und gehen einen ganz anderen Weg, um ihre Fanbase zu erweitern. Wie schon nach der Aufgabe von Kai Niebergall ("Country Circle") und der Aufgabe der "Western Mail" wird sich der Markt verändern und (leider) einige Künstler, die jetzt nicht die Kurve kriegen, unter die Rädern kommen….wenn das keinen Preis für ein Lebenswerk wert ist…