Sonntag: Altbewährtes und Modernes zum Abschluss
Nach zwei intensiven und abwechslungsreichen Festival-Tagen wäre es verständlich gewesen, wenn beim einen oder anderen Besucher das Energielevel knapp über dem Nullpunkt gependelt hätte. Doch weit gefehlt.
Als um 11:30 Uhr die Band American Ride die Saalbühne betrat, hatten noch nicht allzu viele Zuschauer Platz genommen oder an der Tanzfläche Position bezogen. Dies änderte sich im Laufe des hervorragenden Auftritts der Dänen jedoch schlagartig. Immer mehr Leute wanderten neugierig durch die Eingänge, und spätestens bei Josh Turners "Why Don't We Just Dance" bearbeiteten wieder die altbekannten Gesichter das Parkett mit perfekt einstudiertem Linedance.
Nicht zum Tanzen, aber zum andächtigen Zuhören fanden sich die Zuschauer später an der Jack Daniels Bühne ein, um Ann Dokas Auftritt beizuwohnen. Die Gewinnerin des Deutschen Rock-und-Pop-Preises 2014 (Kategorie "Beste Country-Sängerin"), normalerweise mit kompletter Band unterwegs, bot ein anspruchsvolles Acoustic-Set aus Cover-Songs und ihrem eigenem, von New Country und Pop inspirierten Material. Auch zwei Titel der brandneuen EP "Could've Been Mine" durften dabei natürlich nicht fehlen. Als besonderes Highlight wurde Jeffrey Backus, der tags zuvor bereits aufgetreten war, für zwei Stücke auf die Bühne gebeten. Gemeinsam performten Doka und Backus "The Call" von Garth Brooks und Trisha Yearwood sowie "Leaving On a Jetplane" von John Denver. Ein toller Abklang eines beherzten Auftritts, mit dem die Sängerin aus dem Taunus den einen oder anderen neuen Fan hinzugewonnen haben dürfte.
Dass der Name Johnny Cash nach wie vor zieht wie kein anderer, zeigte sich daran, dass es beim Auftritt der Band 4 Cash keinen freien Stuhl vor der Rodger Boss Bühne gab. Gekonnt und mit viel Akribie präsentierten die vier Mannen nicht nur die großen Hits der Lichtgestalt des Country, sondern auch bekanntes Material seiner Zeitgenossen und Weggefährten. Klar, dass auch der "King" Elvis Presley da nicht fehlen durfte, was für gehörig Nostalgie sorgte.
Komplett anders machte es da Larry Schuba bei seinem Auftritt mit Acoustic Thunder. Gänzlich ohne Johnny Cash und Helene Fischer werde sein Auftritt auskommen, ließ der selbsternannte Country-Bär mit seinem typischen Grinsen verlauten. Aber zum Glück gibt es ja noch genügend andere große Künstler, die der stets zu Scherzen aufgelegte Country Music Meeting-Veteran aus dem Hut zaubern kann. So bekamen die dicht an dicht gedrängten Zuschauer unter anderem Songs von den Everly Brothers, John Denver und Willie Nelson geboten. Da kam Freude auf, und es wurde eifrig mitgeschunkelt.
Als dann der Abschied unaufhaltsamen Schrittes nahte, wurden die Country-Fans noch einmal vor eine schwierige Wahl gestellt. Zeitgleich spielten drei Hochkaräter auf den verschiedenen Bühnen, die vom Stil her kaum unterschiedlicher hätten sein können. Im einen Saal führte Rainer Bach, Gründungsmitglied der Kultband Truck Stop, solo durch ein buntes (und hauptsächlich Deutsch gehaltenes) Programm aus bekannten Klassikern. Anderenorts begeisterten Sentiment Falls, ein männlich-weibliches Duo aus Schweden. Vielleicht blieben Einige erstmal nur stehen, weil der Sänger/Gitarrist Superstar Keith Urban zum Verwechseln ähnlich sieht. Doch nachdem sich die erste Enttäuschung gelegt hatte, gingen sie trotzdem nicht weiter, denn musikalisch war das einfach nur klasse, was Andrea Borg (nicht zu verwechseln mit der deutschen Schlager-Queen, die einen ganz ähnlichen Namen trägt) und Ronnie Wilde darboten. Cover-Songs von Carrie Underwood und Lady Antebellum wurden ebenso enthusiastisch beklatscht wie eigenes Material des Pärchens aus dem hohen Norden. Und letztlich war da noch Jannet Bodewes, die mit siebenköpfiger Band dem Publik im großen Saal einheizte. Bei diesem Auftritt stimmte einfach alles, von der tollen Stimme der holländischen Sängerin bis hin zur famosen musikalischen Untermalung. Selbstgeschriebene Songs, Cover allseits beliebter Klassiker und neuere Titel wie etwa "Calm After the Storm" von den Common Linnets sorgten dafür, dass alle Tanzverrückten noch einmal die letzten Kräfte mobilisierten.
Zu guter Letzt gebührte standesgemäß Larry Schuba die Ehre, als letzter Act des auf der großen Bühne den letzten Vorhang des Country Music Meeting 2015 fallen zu lassen. Diesmal nicht akustisch, sondern in voller Besetzung mit seiner Band Western Union, sorgte der routinierte Künstler dafür, dass jeder noch verbliebene Gast mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause gehen durfte. Drei Tage, an denen sich absolut alles um Country Music mit all ihren Facetten gedreht hatte, waren tatsächlich schon vorbei - für die meisten ging das sicherlich viel zu schnell. Doch Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude, und somit blieb zum Schluss nur noch eines zu sagen: "See ya'll next year - bis nächstes Jahr!"