Jimmy Wayne: Glaubt ihr ihm jetzt?

Jimmy Wayne; Foto: Kristin Barlowe

Der Ruhm ist eine flüchtige Angelegenheit. Kaum gefunden, kann er sich schon wieder verabschieden. Und hat man ihm erst verloren, wird es schwer, wieder den Punkt zu erreichen, von dem aus man einst die Aufmerksamkeit der Welt auf sich ziehen konnte. Dies ist jedoch nur ein Teil von Jimmy Waynes Geschichte. Bevor er 2001 bei DreamWorks Records Nashville unterschrieb, stand für ihn statt Tagträumereien über Erfolg das reine Überleben auf der Tagesordnung. Seine Kindheit in North Carolina war ein einziger Albtraum aus Armut, Gewalt und Verlassenheit. Mit der Musik als Rettungsboot entfloh er dieser düsteren Vorgeschichte. Seine vielversprechenden Fähigkeiten als Sänger und Komponist bewogen Scott Borchetta, damals Leiter der Radiopromotion- und Marketingabteilung von DreamWorks, dem jungen Künstler einen Plattenvertrag anzubieten.

Als Gegenleistung lieferte Wayne ein selbstbetiteltes Album, aus dem 4 Singles ausgekoppelt wurden, darunter das Stück "Stay Gone". Der Song kletterte bis auf Platz 3 der Billboard Hot-Country-Song-Charts. Die Medien wurden auf ihn aufmerksam. So titelte USA Today, Wayne sei eines der "nächsten großen Dinge" in der Musik. Das Magazin People setzte ihn 2003 auf die Liste der "Sexiest Singers". Als jedoch DreamWorks die Tore schloss, drohten diese Neuigkeiten wieder zu unbedeutenden Fußnoten innerhalb einer Litanei aus vergebenen Chancen und unerfüllten Zielen zu werden.

Glücklicherweise kam alles anders. Borchetta, der inzwischen das Label Big Machine Records gegründet hatte, nahm Wayne in sein Künstlerportfolio auf. Später - und mit mehr Erfolg - überzeugte er ihn, zusammen mit Jewel bei der neuen Plattenfirma The Valory Music Co einzusteigen. Und wieder zahlte sich Borchettas Vertrauen aus. Dieses Mal mit einem Album, dessen Titelstück, "Do You Believe Me Now", kometenartig an die Spitze der Billboard-Charts stieg, wo es sich 2 Wochen lang halten konnte.

Für Waynes Anspruch auf einen Platz im Rampenlicht gibt es mindestens zwei gute Gründe. Zum Einen sein Talent als Songwriter und Sänger. Dieses wird auf "Do You Believe Me Now" (Produktion: Mark Bright, Joe West und Dave Pahanish) einmal mehr deutlich.

Jimmy Wayne; Foto: Kristin BarloweWayne ist Koautor auf fünf Stücken mit jeweils unterschiedlicher Thematik, und jedes einzelne Stück - etwa das schmerzhaft-persönliche "Kerosene Kid", das romantisch-sehnsuchtsvolle "No Good for Me" (im Duett mit Patty Loveless), das rhythmisch-ansteckende und lebensbejahende "Where You're Going", gemeinsam gesungen mit John Oates (von Hall and Oates) - zeigt die gleiche emotionale Offenheit, die mit der Zugänglichkeit seiner Musik einhergeht.

Wichtig sind aber auch die bitteren Lektionen, die Wayne in seiner Kindheit lernen musste. Sie finden ihren Ausdruck in einer Mischung aus Entschlossenheit, Realismus und, gibt er offen zu, einem gewissen Anteil Furcht. Sie haben ihn einmal mehr aus den Niederungen zurück auf den Gipfel der Country-Musik geholt.

"Es gab mal eine Zeit, da dachte ich 'was wäre wenn?'. Ich gebe nicht auf, aber was ist, wenn die aufgeben? Was soll dann aus mir werden?" sinniert Wayne. "Mann, es ist schwer, die Leute auf seine Seite zu ziehen, wenn die Karriere stillsteht, schließlich ist das Ganze ein Geschäft. Ich verstehe das. Ich musste erfahren, dass das Telefon nie klingelt und man die Leute sieben oder acht Mal anrufen musste, bevor sie sich meldeten. Manche haben nie zurückgerufen. Es gab eine Menge Enttäuschungen. Aber ich habe das durchgestanden. Zusammenfassend kann man also sagen, dieses Album steht für die Haltung, an sich selbst zu glauben und nicht aufzugeben."

Jimmy Wayne; Foto: Kristin BarloweZu oft passierte es in den letzten Jahren, dass eine Plattenfirma den Betrieb einstellte und ihre Künstler mit in die Versenkung zog. Wie konnte sich Wayne diesem Schicksal entziehen? "Ganz einfach", sagt Borchetta, "er ist ein großer Künstler. Er war schon immer einer der besten Country-Soul-Sänger, die wir hatten, seit er nach Nashville kam. Doch das ist nicht alles - er hat immer weitergemacht. Er stand jeden Tag auf und ging an die Arbeit, sei es, dass er sich einen Song anhörte, ein Stück schrieb oder Benefizkonzerte gab. Er war unbeirrbar in seiner Entschlossenheit. Und sollte er untergehen, dann wenigstens mit Schwung."

"Ich glaube, zuerst einmal darf man einfach nicht aufgeben", stimmt Wayne zu. "Als ich bei DreamWorks war, habe ich das Ende nicht kommen sehen, denn ich war ein Neuling, ich war grün hinter den Ohren und verstand das Geschäft noch nicht. Wir waren in Fahrt. Es lief gut für uns. Wir verkauften Platten. Und dann eines Tages, ich erinnere mich, da sagten sie, das Label sei verkauft worden. Ich dachte, das sei nur eine Art Schritt zur Seite, und es würde wieder nach vorne weitergehen. Aber so kam es nicht."

Wayne war bereits in ähnlichen Situationen gewesen, als die Fluchttüren, die ihn aus der Verzweiflung seiner frühen Jahre führen sollten, eine nach der anderen zuschlugen. Das Ergebnis war, dass er womöglich besser gerüstet war als andere, um mit dieser Entwicklung umzugehen. Er konnte jedoch aus Nutzen aus dem Erfolg seines ersten Albums ziehen. Nicht unbedingt durch seine mediale Präsenz, sondern vielmehr durch die Kontakte, die er sich aufgebaut hatte - mit Menschen, die seine Geschichte kannten und Vertrauen in sein Durchhaltevermögen hatten.

"Ich bekam E-Mails von Fans", erinnert er sich. "Sie erzählten mir ihre Geschichten. Ich erinnere mich an einen achtjährigen Jungen, der mir schrieb 'mein Vater ist auch abgehauen'. Das allein hat für mich schon gereicht, um zu wissen, dass ich das hier machen muss."

Und so wie damals, als er als Zehnjähriger bereits für sich selbst sorgen musste, tat Wayne, was er zu tun hatte. Er füllte seinen Terminkalender so viel er konnte mit Benefizkonzerten. Neben diesen Auftritten nahm er alle Gelegenheiten wahr, die sich anboten, auch wenn dies bedeutete, dass er Konzertangebote annahm, die in der Regel nur von Debütanten angenommen werden.

"Es gab immer jemanden im Publikum, der fragte, ob ich auch auf Hochzeiten spielen würde", sagt er lachend. "Und ich bekam Engagements. Brian McCann, der Catcher von den Atlanta Braves, bat mich, auf seiner Hochzeit zu singen, und ich tat es. Debbie Parsley [Event-Managerin bei der Country Music Hall of Fame und beim angeschlossenen Museum] holte mich für Songwriter-Workshops. Auch Gina Keltner [Talent-Koordinatorin bei der Grand Ole Opry] hat mir sehr viel geholfen. Ich werde diese Leute nie vergessen."

Es gibt hier eine Moral für junge Künstler, deren Karriere ins Schlittern gerät. "Liegt nicht herum", sagt Wayne. "Wartet nicht darauf, dass das Geschäft zu euch kommt. Je länger ihr weg seid, umso schwerer wird es, zurückzukommen."

Jimmy Wayne; Foto: Kristin BarloweFreunde zu haben, die einem die Hand reichen, kann auch einen Unterschied machen. Ein solcher Freund ist Borchetta. Und wie das Glück so läuft, stolperte Wayne gerade mal einen Monat vor dem Angebot Borchettas, von Big Machine zu The Valory Music Co. zu wechseln, über den Song "Do You Believe Me Now", geschrieben von West, Pahanish und Tim Johnson. Mit einer Single und einem Label im Rücken, an das er glaubte, hätte sein Timing nicht besser sein können.

Alles passte zusammen. Und endlich ist Wayne wirklich "zu Hause angekommen". Seltsamerweise offenbart der Blick in die Zukunft eine neue Herausforderung, die ihm das günstige Schicksal beschert: Seine Vergangenheit befeuerte in großem Maße sein Schreiben und trug bedeutend zur Intensität seiner Auftritte als Sänger bei. Wie wird er nun in Zukunft seine Inspiration am Brennen halten, wenn die Aussichten um einiges heiterer und sicherer sind?

"Am besten schreibe ich, wenn es ein Drama gibt", stimmt er zu. "Deshalb darf es bei mir nie zu gemütlich zugehen. Wenn man zu bequem wird, verliert man die Perspektive. Ich habe als Songwriter einen Beweggrund. Ich möchte weiterhin mit meiner Musik den Menschen helfen, aber ich arbeite auch daran, das Drama hinter mir zu lassen."

vgw
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