Sehr anders. Zum großen Glück für den Zuhörer. Was zum einen am Artisten liegt, dem so dauergelassenen wie grandiosen JJ Cale. Zum zweiten an den Umständen, wie dieses finale Werk entstanden ist.
Dafür verantwortlich zeichnet sich vorrangig die Witwe des stillen Stoikers aus Oklahoma, die Gitarristin Christine Lakeland, welche den Meister häufig auf seinen Touren musikalisch begleitete. Lakeland hat sich tief ins Archiv ihres Gatten gewühlt, nachdem der 74-jährige am 26. Juli 2013 in San Diego, Kalifornien, an einem Herzinfarkt verschieden war. "Ich habe während dieser Spurensuche erstaunliche Entdeckungen gemacht", erzählt die Hinterbliebene in einem Interview. "John hat ja derart gearbeitet, dass er für jedes seiner Alben mehr Stücke schrieb, als er am Ende benötigte. "Ich tue das ganz bewusst", hat er mir mal erklärt, "damit ich jedes Mal weiß, dass ich Material für die nächste Platte habe, dass es demnach weitergehen wird."
Durch seinen Tod ist diese Tradition jäh unterbrochen worden", fügt Lakeland hinzu. "Und mit einem Mal hatten sich im Archiv eine Menge Outtakes angesammelt, die alles andere als Ramsch sind."
Stay Around - Musik aus mehreren Jahrzehnten
Tatsächlich findet man auf dem Album" Stay Around" keinen einzigen negativen Ausreißer, stattdessen 15 Stücke aus mehreren Jahrzehnten. Übrigens allesamt komponiert vom Meister selbst mit Ausnahme von "My Baby Blues", das ihm seine Ehefrau auf den stets schmächtigen Leib geschneidert hatte. Aber selbst, wenn die Kompositionen aus verschiedenen Dekaden stammen - der Gesamteindruck ist extrem einheitlich. Zeit und Raum verschwimmen beim Genuss der Scheibe, man wird magisch hineingezogen in den entspannten, dennoch treibenden, ewig fließenden akustischen Strom jenes Ausnahmekünstlers.
JJ Cale konnte bzw. wollte sich zeit seiner Karriere niemals entscheiden, ob er Rockabilly-, Blues-, Country- oder Folk-Musiker sein möchte. Er war JJ Cale, ein Markenzeichen, der Inbegriff für souveräne Simplizität, im besten Sinne des Wortes. Keine Note, kein Wort zu viel. Immer alles auf dem Punkt.
Der scheue Zeitgenosse mag nie der ganz große Kassenfüller gewesen sein. Stattdessen hat er nachgewiesen und nachhaltig ältere wie jüngere seiner Zeitgenossen beeinflusst, etwa Tom Petty, Mark Knopfler, Willie Nelson, John Mayer, Jerry Garcia, Johnny Cash. Eric Clapton war ein vieljähriger Freund, mit dem gemeinsamen Album "Road to Escondido" setzte man sich ein gemeinsames Denkmal. Die Produktion wurde 2008 mit einem "Grammy" als "Bestes zeitgenössisches Bluesalbum" ausgezeichnet.
"Stay Around" steht dem Oeuvre des Unvergessenen, ja Unsterblichen musikalisch in nichts nach. "Ich wollte den radikal persönlichen - und dadurch menschlichen - Charakter von Johns Musik in jedem einzelnen Lied herausschälen. Sein Sound war geprägt von Rohheit, Direktheit, einer Art sandigem Charme. Seine Devise lautete: "Lieber zu wenig als zu viel." Es ging um Kargheit. Und darum, diese emotional auszufüllen. Das sollte der Hörer wissen, wenn er sich "Stay Around" zu Gemüte führt und die Musik darauf hoffentlich genießt."
Fazit: "Stay Around" ist eines der besten Alben von JJ Cale - obwohl es komplett aus dem Nachlass des seit mehr als fünf Jahren Verstorbenen besteht. Selten zuvor klang Musik lässiger, packender und zeitloser.
Label: Because / Caroline (Universal) | VÖ: 26. April 2019 |
01 | Lights Down Low |
02 | Chasing You |
03 | Winter Snow |
04 | Stay Around |
05 | Tell You 'Bout Her |
06 | Oh My My |
07 | My Baby Blues |
08 | Girl of Mine |
09 | Go Downtown |
10 | If We Try |
11 | Tell Daddy |
12 | Wish You Were Here |
13 | Long About Sundown |
14 | Maria |
15 | Don't Call Me Joe |