Pop ist das Stichwort, das bei manch langjährigem Freund des Duos mit Sicherheit die Haare zu Berge stehen lassen wird. Vorbei die Zeit der intimen und gefühlvollen Folknummern oder mitreißenden Country-Klänge? Es deutet vieles darauf hin. Die beiden Songwriterinnen haben Tür und Tor für Beats und elektronische Klänge geöffnet und sich dafür ein gutes Stück von ihrer bisherigen Musikwelt entfernt.
Auch wenn der musikalische Genrewechsel für viele überraschend kommt - wer die vor vier Wochen erschienene EP "These Ships" gehört hat, konnte bereits ahnen, was da auf ihn zurollt. Alle vier Songs der EP haben es mit auf das Album geschafft, das so insgesamt über zehn Stücke und eine Laufzeit von 37 Minuten verfügt.
Beim Opener "These Ships" dominieren neben Akustikgitarren moderne Popbeats. Brenley MacEachern singt dabei stellenweise so rau, als hätte sie einen Vocal-Kurs bei Bonnie Tyler belegt. Demnächst soll sogar ein noch tanzbarerer Remix des Songs erscheinen, der dann primär die Besucher in Großraumdiskotheken unterhalten soll. Da liegt der Verdacht nahe, dass die Damen neben der musikalischen Neuorientierung zusätzlich auf der Suche nach einer komplett neuen Stammkundschaft sind?!
Wenn ja, dann ist das Duo mit dem pumpenden und eingängigen "Under Fire" sicher auf dem richtigen Weg. Nach 15 seltsamen Sekunden zum Auftakt folgt ein lebendiger und fröhlicher Pop-Song mit cleveren Arrangements, der ganz klar besser auf dem Dancefloor aufgehoben ist, als in einem Songwriter-Club.
Erster unbekannter Beitrag für die Besitzer der E.P. ist das synthielastige "Coming Apart". Der Song mag sich allerdings nicht so recht in den Hörmuscheln einnisten. Eine Indie-Pop-Nummer, die sich den Vorwurf gefallen lassen muss, wenig originell zu sein und dazu noch über einen leider schnell nervenden Refrain zu verfügen. Zweifellos chartkompatibel ist dagegen der fette Klang von "Teenage Love"; allerdings hätte hier vielleicht besser einmal Lisa MacIsaac den Leadgesang übernommen, denn die kratzige Stimme ihrer Partnerin passt nur bedingt zu der modernen Popnummer.
Zum Finale des Albums mäßigen Madison Violet überraschend das Tempo und lassen zudem die treibenden Beats weg. Das sehnsüchtige "Ohio" lässt so Erinnerungen an die schmucken Vokal-Harmonien der beiden Freundinnen nicht nur wach werden, sondern stellt diese dazu unüberhörbar unter Beweis. Auch die Fiddle, die zuvor nicht oder kaum wahrnehmbar war, spielt hier plötzlich wieder eine tragende Rolle. Ein unerwarteter, aber sehr versöhnlicher Abschluss für die treuen Anhänger des Duos.
Fazit: Ohne große Vorwarnung haben Madison Violet einen Stilwechsel in Richtung Pop vollzogen. Das Ergebnis fällt sicher nicht so spektakulär aus wie jüngst bei Taylor Swift. Fans der ersten Stunde werden sich auf jeden Fall erst einmal an die ungewohnt modernen und unbeschwerten Sounds gewöhnen müssen.
Label: Big Lake / India Media (rough Trade) | VÖ: 14. November 2014 |
Titelliste
01 | These Ships | 06 | Hang on Mama |
02 | Under Fire | 07 | Same Sun |
03 | Operator | 08 | Trouble |
04 | Coming Apart | 09 | All I Know |
05 | Teenage Love | 10 | Ohio |