Bereits beim Opener "Take Your Time" werden die meisten Zuhörer die Ohren anlegen. Nach einem recht gefälligen Intro aus Gitarre und Piano fängt Sam Hunt plötzlich an... zu sprechen! Erst nach einigen Sätzen geht das Ganze dann in so etwas wie Gesang über. Das lässt die ganze Strophe etwas holprig wirken, bevor der Refrain dann unerwartet melodisch wird und positiv überrascht. Klingt insgesamt irgendwie nach R&B mit einem kräftigen Schuss Pop. Aber Country? Nur mit ganz viel Fantasie. Naja, denkt man sich zu diesem Zeitpunkt, vielleicht ein Ausrutscher. Denn mit "Leave the Night On" kommt dann ja gleich im Anschluss die Nummer, die zwar auch nicht unbedingt die Blaupause eines Country-Songs ist, aber der Triumphzug in den Charts kann ja nicht von ungefähr kommen. In der Tat ist der fröhliche Track einer von der Sorte, bei denen die Bezeichnung Ohrwurm absolut zutrifft. Originelles und unverbrauchtes Songwriting, das Hunt hier zur Schau stellt. Ähnlich munter geht es auch mit "House Party" weiter. Ein absolut charttauglicher Song, bei dem ausgelassene Stimmung garantiert ist!
Nach diesen beiden kommerziellen Ausflügen geht es jedoch prompt wieder zurück ins Experimentelle. "Break Up In A Small Town" bietet erneut einen Mix aus gesprochenen und gesungenen Passagen, garniert mit einem Refrain, dem man sich nur schwer entziehen kann. Der donnernde Bass und die poppige musikalische Untermalung dürften Country-Traditionalisten schlaflose Nächte bereiten, aber spätestens jetzt muss auch dem Letzten klar sein, dass Hunt sich um Genre-Konventionen überhaupt nicht schert. Das unterstreicht auch "Single for the Summer" noch einmal ganz deutlich. Das ist purer Pop, ohne wenn und aber. Doch ganz gleich, welches Label man dem Song aufdrückt, er ist einfach richtig gut und macht es sich im Gehörgang rücksichtslos und dauerhaft gemütlich. "Ex to See" ist dann gleich nochmal eine Spur undefinierbarer, aber klanglich ebenfalls ausgereift und ansprechend. Einzig die dröhnenden Bässe ziehen sich ein wenig wie ein roter Faden durch Hunts gesammelte Werke.
Etwas Balladen-ähnliches darf natürlich auch nicht fehlen, und "Make You Miss Me" erfüllt diese Anforderung mit seinen seichten Klängen und zähen Melodien ganz hervorragend. Dass Hunt vor seiner Solokarriere auch als Songwriter äußerst erfolgreich war, zeigt sich dann bei "Cop Car". Keith Urban Fans dürfte dieser Song nur allzu bekannt sein, war er doch die dritte Single des letzten Albums "Fuse". Nun bekommt man also den Titel einmal so zu hören, wie ihn sich Hunt ursprünglich vorgestellt hatte. Kurz vor Toresschluss gibt es mit "Raised On It" auch nochmal eine Feel-Good-Nummer auf die Ohren, die richtig Spaß macht und auf dem gesamten Album wohl am ehesten das Prädikat Country Song verdient hat. Sehr stark! Den endgültigen Schlusspunkt setzt dann "Speakers", ein Midtempo-Lied mit einem tollen Klangteppich, bei dem Hunt auch vor kurzen Rap-Einlagen nicht zurückschreckt. Ein passender Schlussstrich unter ein Album, das alles ist, nur nicht gewöhnlich.
Fazit: Sam Hunt in eine Schublade zu stecken dürfte ungefähr so schwierig sein, wie einem Fisch das Tanzen beizubringen. Der Newcomer vereint auf seinem Debütalbum Einflüsse aus R&B, Pop und Country. Versehen mit einer unverwechselbaren Eigennote ergibt das ein Ganzes, das frei von jeglichen Genre-Beschränkungen einfach nur gut und wohltuend anders ist.
Label: MCA Nashville (Universal) | VÖ: 27. Februar 2015 |
01 | Take Your Time |
02 | Leave The Night On |
03 | House Party |
04 | Break Up In A Small Town |
05 | Single For The Summer |
06 | Ex to See |
07 | Make You Miss Me |
08 | Cop Car |
09 | Raised On It |
10 | Speakers |