Zum modernen Country gehört längst der Flirt mit anderen Stilrichtungen, mit angesagten Einflüssen und Sounds. Natürlich verschließt sich auch der 39-jährige Sänger aus Rincon, Georgia, nicht dem Zeitgeist. Ganz und gar nicht. Aber: Er macht das geschickt, mit Feingefühl und nicht zuletzt mit Geschmack.
Zum Beispiel wildert der Dreitage-Bart-Lockenkopf im lässigen Surfer-Folk, wenn er mit "Banana Pancakes" einen Song von Jack Johnson anstimmt. So manche Coverversion mag in die Hose und nicht ins Ohr gehen - diese hier passt. Gesanglich als auch emotional macht Currington eine prima Figur mit dem Titel des ehemaligen Profi-Surfers aus Hawaii.
Überhaupt fällt auf, dass Billy Currington zu einem Meister der Stilvielfalt geworden ist. So sorgt er bereits nach dem gelungenen Country-Rocker "Hey Girl" (u.a. komponiert von Rhett Akins) mit dem Song "Wingman" für die erste Überraschung. Denn in dem Track aus der Feder von Jeff Silbar und Chris Gelbuda zeigt er beachtliche Qualitäten als echter Soulman. Er phrasiert herrlich, gibt Power und Gefühl. Und das Bläserarrangement passt so gut zu ihm, wie das geflochtene Lederarmbändchen.
Currington kultiviert mit diesem Album weiter sein Sunny-Boy-Image. Auf den Booklet-Fotos sitzt er in Shorts vor (seinem?) Boot, lässt er braungebrannt seine Zahnpasta-Zähne blitzen. So konkurriert er mit Kenny Chesney weiter um die Nachfolge von Chef-Lebenskünstler Jimmy Buffett. In dessen Flip-Flop-Fußstapfen tritt er bei dieser CD gleich mehrmals: "Closer Tonight" erinnert daran, "One Way Ticket" erst recht.
Das sind starke Tracks. Aber nicht unbedingt die Glanzlichter der CD. Die setzen gefühlvolle Songs. Das ganz leicht mit souliger Karibik-Note, einer Bluesgitarre und einer herrlich wimmernden Pedal-Steel-Guitar versehene "Another Day Without You" gehört dazu. Oder die ruhige, ganz auf die Kraft der unter die Haut gehenden Harmonien bauende Ballade "23 Degrees And South". Wer die gefühlvollsten Momente von Tim McGraw zu schätzen weiß, wird auch diesen Song lieben: eine ziemlich perfekte Country-Ballade.
Das eine oder andere Mal macht Billy-Boy ganz unverstellt auf Popsänger. Bei "Hallelujah", geschrieben von Brad und Brett Warren und Shy Carter, geht es richtig gut aus. Beim Titeltrack (u.a. von Marc Beeson) werden leider wieder einmal die üblichen Small-Town-Pick-Up-Cold-Beer-Klischees aufgewärmt.
Fazit: Billy Currington findet immer mehr seinen Platz im zeitgemäßen Country - irgendwo zwischen Kenny Chesney, Jimmy Buffett und Tim McGraw. Starkes Album!
Label: Mercury Nashville (Universal) | VÖ: 4. Oktober 2013 |
Titelliste
01 | Hey Girl | 06 | Hard to Be A Hippie |
02 | Wingman | 07 | Closer Tonight |
03 | One Way Ticket | 08 | Another Day Without You |
04 | 23 Degrees and South | 09 | Banana Pancakes |
05 | We Are Tonight | 10 | Hallelujah |