Auch musikalisch erinnert sie manchmal an diese beiden Musik-Größen. Beim genauso leisen wie spannungsgeladenen und cool reservierten "The Things That Everybody Does" an Rickie Lee Jones, die finale Klavier-Song-Schönheit "After Today" könnte sich dagegen gut und gerne auf einem frühen Karla Bonoff-Album finden.
Dennoch sind diese beiden Songs eher die Ausnahme der Regel. Denn musikalisch ist die auch als Fotografin erfolgreiche Tift Merritt im Alternative-Country und Americana verwurzelt. Der Opener "Mixtape", das anschließende "Engine To Turn" oder das träge, mit schönen Gitarren-Riffs versehene "Feel Of The World" sind in bester Folk-/Americana-Tradition gehalten: sparsame, luftige Arrangements, relativ simple Harmoniebögen und bestes Storytelling der Sängerin.
Kein Wunder, dass die geistreiche, auf den diversen Booklet-Bildern erfreulich natürlich und uneitel wirkende Musikerin längst ein Liebling des Feuilletons ist. Seit ihrem 2002 erschienenen Debüt "Bramble Rose" liegen ihr die Kritiker zu Füßen. Für ihr zweites Album "Tambourine" sprang sogar schon eine Grammy-Nominierung heraus. Und auch unter den Kollegen genießt sie höchste Anerkennung – wie Kooperationen mit Top-Musikern wie Benmont Tench und Mike Campbell (beide von Tom Petty’s Heartbreakers) und Ryan Adams belegen.
Doch, typisch für sie, Namedropping scheint ihre Sache nicht zu sein. Jedenfalls findet sich in der Credit-List ihres neuen, von Produzenten-Jung-Star Tucker Martine (R.E.M, Mudhoney) in Szene gesetzten Albums, kein echter Big-Name. Das ist: völlig egal. Denn Gitarrist Scott McCall, Drummer Zeke Hutchins, Bassist Jay Brown und Co liefern einen rundheraus perfekten Job ab. Entspannt aber höchst effektiv schneidern sie gemeinsam mit dem Produzenten ein perfekt sitzendes Soundkostüm. Die leisen Töne haben sie genauso überzeugend drauf, wie Songs der rockigeren Gangart.
Am besten wird dies vielleicht im Mittelteil der CD, zwischen Song sechs bis Song acht deutlich: Während "Never Talk About It" ganz dezent und geheimnisvoll an den "Twin Peaks"-Soundtrack erinnert (auch wegen der Resonator-Gitarre), dreht sie mit den nachfolgenden Songs immer mehr auf: "All The Reasons We Don’t Have To Fight", ein hymnisch schöner Track, "Live Till You Die" moderat und "Papercut" energisch rockig. Der anschließende Titeltrack zeigt sie dagegen wieder von ihrer introvertierten, akustischen Seite.
Fazit: Subtiler Country-Folk und Americana von einer zu Unrecht als Geheimtipp gehandelten Sängerin und Songschreiberin. Wer vom glatten Mainstream die Nase voll hat, sollte hier mal reinhören.
Label: Concord (Universal) | VÖ: 25. Mai 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | Mixtape | 07 | All The Reasons We Don't Have To Fight |
02 | Engine To Turn | 08 | Live Till You Die |
03 | The Things That Everybody Does | 09 | Papercut |
04 | Six More Days Of Rain | 10 | See You On The Moon |
05 | Feel Of The World | 11 | Danny's Song |
06 | Never Talk About It | 12 | After Today |
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