Seit 2007 leistet sich Stevens den Luxus, nur noch für sein eigenes Plattenlabel, Clyde Recordings, aufzunehmen. So ist sein neues Album "Ray Stevens Sings Sinatra" ein absolutes Ray Stevens-Werk: von ihm selbst arrangiert, produziert, aufgenommen und eingesungen. Einzig die Komposition der zehn Songs hat er anderen überlassen, nämlich Songschreibern wie Cole Porter und Sammy Cahn. Kurz nach seinem 70. Geburtstag im Januar scheint er sich mit dem Album einen Traum zu erfüllen.
Während die Drums und der Bass schon mit ihrem markanten, das Lied durchlaufendem Riff beginnen, kündigt Ray Stevens sich bei seinem ersten Track "I've Got You Under My Skin" selbst an - und erntet vom imaginären Publikum Applaus. Der Song soll den Beigeschmack einer Live-Aufnahme tragen, ist aber in den Ray Stevens Studios in Nashville entstanden. Das Arrangement des bekannten Cole-Porter Klassikers beinhaltet neben dem erwähnten Ostinato von Drums und Bass auch eine Hammondorgel, Bläser, einen Background-Chor und teilweise singt Stevens eine zweite Stimme selbst ein. Dadurch versprüht das Arrangement einen Retro-70er-Jahre-Charme.
Mit dem nächsten Song, "Night & Day", geht es ohne Übergang nahtlos weiter - was das Live-Feeling unterstützt. Auch kleine Bemerkungen vor dem nächsten Song, "I Get A Kick Out Of You", tragen zum Live-Eindruck bei. Das Arrangement mit all seinen Bestandteilen bleibt komplett erhalten. Man bekommt fast den Eindruck, es handele sich um ein Cole-Porter-Medley.
Beim vorgetäuschten Konzert geht es mit Songs von Sammy Cahn und Jimmy Van Heusen weiter. Auch wenn für das Arrangement alle Instrumente und Sänger beibehalten wurden, erkennt man einen Unterschied zu den ersten drei Titeln: ein langsamerer, gedankenvollerer Song, musikalisch ausgeschmückt durch die klagenden Klänge einer E-Gitarre, einem Echo-Effekt der Gesangsstimme und eingespieltem Meeresrauschen bei der Textzeile "deeper as the deep blue seas".
Auch bis zum Ende des Albums ändert sich an seinem Konzept nichts. "High Hopes" ist schneller, "Witchcraft" kommt jazziger und "The Tender Trap" etwas bluesiger daher. Und auch mit "Young At Heart", "Strangers In the Night" und "That's Life" bleibt das Album bis zum Schluss konsequent und sich selbst treu.
Fazit: Das Album trägt einen großen Namen auf dem Cover - Frank Sinatra. Bei diesem Konzept muss man aufpassen; denn es ist nicht leicht, an diese Größe ran zu kommen oder den wohlbekannten Songs ein neues Kleid zu verpassen. Und was immer Ray Stevens hier versucht hat - er hat es nicht erreicht. Das Booklet zeigt beim Aufklappen zwei armselig leere Seiten. Es scheint, als hätte jemand mit wenig Budget nach den Sternen - bzw. dem "Star" - Sinatra, greifen wollen. Aber die Arme waren eindeutig zu kurz.
Label: Clyde Records (in Deutschland nicht erschienen) | VÖ: 10. Februar 2009 |