Vor vielen Jahren bereits, siedelten die bezaubernde Natasha Borzilova (Gesang, Akustikgitarre) die fast noch bezauberndere Lydia Salnikova (Gesang, Piano) mit ihren Kollegen Sasha Ostrovsky (Slideguitar, Steelguitar, Dobro), Sergei Olkhovsky (Bass) und Alexander Arzamastsev (Drums, Percussion) nach Nashville über, wo sie 2003 ihr sebstbetiteltes Debütalbum einspielten: Eine frische Mischung aus Country, Rock und Bluegrass. Dessen Nachfolger "Pages" wurde in Nashville im Station West und Sound Emporium aufgenommen. Und würde Sergei alias Spooky nicht auf dem Bandfoto eine Trainingsjacke mit der Aufschrift "UdSSR" tragen, niemand würde darauf kommen, dass diese Fünf den Country eben nicht irgendwo in Tennessee mit der Muttermilch aufgesogen haben.
Auf "Pages", produziert von dem zweifachen Grammygewinner Carl Jackson, lassen es Bering Strait erst mal ruhig angehen: Der Opener "Safe In My Lover's Arms" erinnert ein wenig an die streicherseligen atmosphärischen Folkklänge einer irischen Band wie beispielsweise Clannad. Ein schöner, und ungewöhnlicher Einstieg, dem Bering Strait gleich noch eine Überraschungs hinterherschicken: Das wunderbar akustisch instrumentierte, sehnsüchtige Volkslied "Oy, Moroz" - auf Russisch gesungen auf flauschigen Geigenteppichen gebettet und unterbrochen von einem ganz feinen, sehr dezenten Dobro-Solo. Es folgt ein wohliges, sechsminütiges Gitarreninstrumental aus der Feder des Union Station-Dobro-Genies Jerry Douglas: "From Ankara To Izmir". Das führen Pianistin Lydia, Gitarrist Sasha mit ihrem musikalischen Gast Douglas zu einem perlenden Finale. Dann ist Modern-Countryzeit: "Long Time Comin'", co-geschrieben und gesungen von Lydia Salnikova. Dieser Song und "Choose Your Partner" beweisen eindrucksvoll: Bering Strait wissen, wie man einen Refrain prachtvoll inszeniert, wenn sich Natasha Borzilovas Leadstimme, Lydias Backingvocals und die Slidegitarre zu einem Strahlen vereinigen. Tränendrücker beherrschen sie ebenso, wie sie mit Shane Teeters/Gary Harrisons "Just Imagine" zeigen.
Der Titeltrack "Pages" (von Kenny Yates und Tom Kimmel) ist ein schönes Beispiel für einen Song voller Nachdenklichkeit, die nicht nervt: "Verändert sich die Wahrheit mit der Zeit?" fragt sich das Lied. Und: Wie entsteht überhaupt Geschichte? Mit ihrer Coverversion von Fleetwood Macs "You Make Lovin' Fun" erfreuen Bering Strait nicht nur die Freunde guten Popmainstreams, ihnen gelingt auch das Kunststück, dicht am Original zu bleiben, den Song aber dennoch zum Positiven weiterzuentwickeln. Mit anderen Worten: Wir ahnten gar nicht, wie sehr dem Song all die Jahre das Banjo gefehlt hat. Dem Spaß an der Liebe folgen die Schattenseiten derselben: "Cruel Man", geschrieben von Natalaya Borzilova: Russlands Antwort auf "Stand By Your Man", eine düstere Midtemponummer, der Band gleich darauf das erbauliche, elektrifizierte Instrumental "What's For Dinner?" folgen lässt. "Pages" schließt hitverdächtig mit der Nummer "It Hurts Just A Little": Die hätte auch eine der Singles sein können, die Shania Twain zum Superstar machten, wird allerdings erstaunlicherweise mitten in einem schönen E-Piano-Solo ausgeblendet. Als wäre plötzlich die CD alle.
Fazit: Das russisch-stämmige(!) Quintett Bering Strait erfreut mit einem sehr abwechslungsreichem Album, zwischen Folk, Rock, Bluegrass und Modern Country: Wir raten, sich von dem hübschen, wenn auch sehr Country-untypischen Auftakt nicht abschrecken zu lassen.
Label: Universal South (Universal) | VÖ: 5. Juli 2005 |
Titelliste
Links
01 | Safe In My Lover's Arms | 07 | You Make Lovin' Fun |
02 | Oy, Moroz-Moroz | 08 | Cruel Man |
03 | From Ankara to Izmir | 09 | What's For Dinner? |
04 | Long Time Comin' | 10 | Choose Your Partner |
05 | Just Imagine | 11 | It Hurts A Little |
06 | Pages |
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