Ganze fünf Jahre - das Weihnachtsalbum "Happy Holiday" nicht mitgerechnet - hat sichKelly Willis für "Translated From Love" Zeit gelassen, aber die in Oklahoma geborene, in Washington D.C. aufgewachsene und nun in Austin, Texas sesshafte Künstlerin hatte in den letzten Jahren wohl etwas anderes zu tun: Nämlich Kinder kriegen. Zu ihrem ältesten, 2001 geborenen Sohn Deral, kamen 2004 die Zwillinge Abby und Ben hinzu, 2006 folgte Joseph. Viel Arbeit, besonders wenn der Gatte auch im Musikbusiness erfolgreich ist. Der Glückliche heißt übrigens Bruce Robison. Kein Wunder also, dass sich Willis etwas länger Zeit ließ. Auch auf das sonst für sie übliche co-produzieren verzichtete sie. "Ich hatte weder Zeit noch Energie, mich als Produzentin einzubringen", erklärt die vierfache Mutter. Also engagierte sie kurzerhand den Gitaristen/Sänger/Songwriter Chuck Prophet, der seit seiner Zeit bei der Band Green On Red als einer der Vorväter des Genres Americana bezeichnet werden darf. Eine gute Wahl, denn Prophet ist selbst Fan der sympathischen Sängerin: "Sie ist eine von den wenigen Sängerinnen, denen es gelingt, einen Song lebendig werden zu lassen. Sie hat dieses besondere Charisma." Und Prophet hat das besondere Gefühl für gute Songs und den richtigen Sound: Erdig, gelassen, authentisch und vor allem abwechslungsreich und witzig klingt "Translated From Love".
Der Humor von Prophet und Willis schlägt vor allem bei zwei, für das Genre untypische Coverversionen durch. "Success", geschrieben von Punk-Urgroßvater Iggy Pop, garniert mit einer Vox-Orgel, die an den 60er-Jahre-Klassiker "69 Tears" gemahnt oder der Titel "Teddy Boys" des Songwriter-Youngsters Adam Green, bei dem Willis ihrer Rockabilly-Vergangenheit Tribut zollt. Inklusive 80er-Jahre-Moog.
Aber auch die eigenen Kompositionen, bei denen ihr Prophet meistens unter die Arme griff, lassen es weder an Witz, Esprit noch an Können fehlen. Ob nun beim an Bobby Gentry erinnernden "Sweet Little One", oder beim eingängigen Pop-Rocker "Don't Know Why" oder beim traurigen Walzer "Stones Throw Away", bei dem Multiinstrumentalist Greg Leisz auf der Pedal-Steel brilliert. Leisz lieh sein Können bereits so unterschiedlichen Künstlern wie Lucinda Williams, Joni Mitchell, Whiskeytown und Sheryl Crow.
Natürlich darf auch die Zusammenarbeit mit dem Gatten Bruce Robison nicht fehlen: Die traurige Ballade "To Much To Lose" stellt einen der Höhepunkte aufdem neuen Albumdar. Schließlich geht es darum, eine langjährige Beziehung durch Höhen und Tiefen zu lavieren und mit wem könnte man so etwas besser vortragen, als mit dem eigenen Ehemann.
Fazit: Ein ebenso erdiges wie ehrliches Album der sympathischen Kelly Willis, mit prominenten Gastauftritten, untypischen Coverversionen und einer absolut hörenswerten Gitarrenarbeit.
Label: Rykodisc (rough trade) | VÖ: 6. Juli 2007 |
Titelliste
Links
01 | Nobody wants to go to the moon anymore | 07 | The more that I'm around you |
02 | Sweet little one | 08 | Sweet Sundown |
03 | Don't know why | 09 | Success |
04 | Teddy Boys | 10 | Stone's throw away |
05 | Losing you | 11 | I must be lucky |
06 | Too much to lose | 12 | Translated from Love |