Gleich im Opener macht er klar, dass er ein echter Frauenversteher ist: "Long Slow Kisses" heißt der von ihm mitgeschriebene Titel, und der geht gleich mal mit ein paar, in Schlafzimmer-Brummbär-Frequenz gesprochenen Sätzen los. Ist das Elvis aus dem Grab, der einen Text von Nicolas Sparks aufsagt? Man könnte es glatt glauben. In dem harmonisch netten aber auch ungefährlichen Song geht es um eine Beziehung, die auf der Kippe steht. Und als Er, der Sänger und Erzähler der Geschichte, das kapiert, lässt er für einen Tag flugs den Job sausen um mit seiner (noch) unglücklichen Süßen einen kuscheligen Tag im abgedunkelten Schlafzimmer zu verleben - und damit die Beziehung zu retten. Rosamund Pilcher könnt's nicht besser erzählen.
Angeblich, so steht es zumindest in seiner Biografie, hat Jeff Bates mit dieser Art von Liebesliedern schon eine ganze Reihe von Ehekrisen gekittet. Ob's stimmt oder nur gut erfunden ist, spielt keine Rolle. Jeff Bates und seine Co-Autoren finden auf jeden Fall für die Songs des Nachfolgers des 2003 erschienenen Debüts "Rainbow Man" die einfachen und damit die zu Herzen gehenden Worte. Musikalisch wagt sich Bates gemeinsam mit seinem Produzenten Kenny Beard allerdings zu keinem Takt auf dünnes Eis. Will heißen: solide, aber auch harmlose Songkost. Kein Wunder, dass einem der eine oder andere Titel von irgendwoher bekannt vor kommt.
Die eigene Note bekommt die CD in erster Linie durch die volle, tiefe Stimme von Jeff Bates. So singt sich der geläuterte Trouble-Boy - er verbüßte eine dreimonatige Haftstrafe - erstaunlich souverän durch ein Fiftiy-Fifty-Repertoire: Ballade, Countryrocker, Ballade, Countryrocker ... Immer schön der Reihe nach, eins nach dem anderen. Wobei man bei Bates nicht eindeutig sagen kann, was er besser drauf hat. So überzeugt er genauso bei Balladen wie "The Woman He Walkded On", "No Shame" oder "One Second Chance" wie bei strammen, Rock orientierten Songs wie "That'l Get You Ten" oder dem starken, mit schönen Soli versehenen Song "Good People".
Dass der von Adoptiveltern aufgezogene und in armen Verhältnissen aufgewachsene Sänger mit einem gesunden Humor gesegnet ist, beweisen gleich drei Songs: Die Interpretation des Billy "Crash" Craddock-Klassikers "Rub It In", das tatsächlich eher lustig als peinlich wirkende Bekenntnis, ein Fummler zu sein, "Hands On Man", und "What I Know", bei dem ein Typ seiner Ex gut gelaunt zuprostet. Mit der versöhnlichen, für europäische Verhältnisse freilich viel zu brav klingenden Ballade "Mama Was A Lot Like Jesus" lässt die rauhe Schale die CD sehr, sehr weich ausklingen.
Hervorragende Musiker, darunter Drummer Chad Cromwell, Gitarrist Brent Mason, Bassist Joe Chemay und Pedal-Stee-Gitarrist Dan Dugmore, Nashville-typische Arrangements und eine lupenreine Produktion sorgen für einen konkurrenzfähigen Auftritt. Jeff Bates kann deshalb mit Recht darauf hoffen, sein Top 20-Debüt, zu übertreffen. An mangelnder Unterstützung der Radiosender wird es gewiss nicht scheitern.
Fazit: Auf seinem zweiten Album wird viel geschmust - aber auch ordentlich gerockt. In beiden Disziplinen gibt der schmucke Newcomer eine gute Figur ab.
Label: RCA Nashville (Sony) | VÖ: 15. April 2006 |
Titelliste
Links
01 | Long slow kisses | 07 | The Woman he walked on |
02 | A Little to Late Rub it in | 08 | One second chance |
03 | No Shame | 09 | Good People |
04 | Hands on Man | 10 | I can't write that |
05 | Leave the light on | 11 | What I know |
06 | That'll get you ten | 12 | Mama was a lot like Jesus |
Leider noch keine Links verfügbar