Warren Zeiders: über Social Media zum Major Deal
Im Jahr 2021 wurde der Song dann auch noch konventionell veröffentlicht - und er schlug sich wacker: Platz 30 in den US Country Songs-Charts inklusive zwei "Platinum"-Awards. Nicht schlecht für einen Rookie. Doch ganz so glorreich ging es anschließend nicht weiter für den schlaksigen Lacrosse-Spieler. Seine weiteren Single-Veröffentlichungen tauchten in keiner Bestenliste mehr auf. Auch nicht "West Texas Weather", das sich auch auf seinem jetzt erschienenen Full-Length-Album "Pretty Little Poison" findet. Schade natürlich. Zumal der (zumindest zunächst) sehr gefühlvolle, sehr traditionell mit Pedal-Steel-Guitar und romantischen Akkorden angelegte Song einer der stärkeren Tracks seines reinen Major-Label-Debüt-Albums ist.
Der Titel ist typisch für ihn. Für ihn und seinen Gesangsstil. Der zeichnet sich durch schon eine fast übertrieben hingebungsvolle, überschwänglich gefühlsbetonte und leidensbereite Stimme aus, in der alles gleich auf einmal mitschwingt: Wut, Schmerz, Leidenschaft, Sehnsucht, Melancholie. Einige Nu-Metal-Sänger, wie Fred Durst von Limp Bizkit oder Chester Bennington, der verstorbene Shouter von Linkin Park, haben diese Herangehensweise in harten Rock-Balladen kultiviert und zu einem Erfolgsrezept gemacht. Im Country hat dieser Vortrag etliche Nachahmer gefunden, Warren Zeiders ist einer von ihnen.
Auch musikalisch baut Zeiders Brücken zu seinen Kollegen aus der Metal-Abteilung. Harte, mitunter superheftige Gitarren-Riffs sind im Verlauf der 14 Tracks von "Pretty Little Poison" keine Seltenheit. Sie prägen den Sound, selbst bei den diversen Balladen - wie der düsteren, anfangs noch mit gediegenen Americana-Klängen versehenen "God Only Knows" und den ganz und gar dem Liebesleid gewidmeten Songs "Love's a Leavin'" und "Tell Me Like It Is". Vor allem letzterer Track kann mit einer schönen Harmonieführung punkten: eine Power-Ballade, in der dramatische Moll-Akkorde mitschwingen und ein Gefühl der Wehmut aufbauen. Lässt sich gut hören.
Bis dahin, es ist Song Nummer vier, wünscht man sich aber so langsam etwas mehr Variationsreichtum im Gesangsvortrag. Niemand kann schließlich die ganze Zeit nur leiden und alles an Emotionen geben. Die Welt geht nicht ständig unter und es geht auch nicht immer gleich ums Ganze.
Nicht nur Balladen auf Pretty Little Poison
Mit "Black and Blue" schlägt er - zumindest musikalisch - andere Töne an: Der flotte Uptempo-Country-Rocker gefällt mit fröhlicheren Pop-Melodien, die er dann auch etwas weniger angestrengt vorträgt. Das gilt erfreulicherweise auch für die anschließenden Songs "Weeping Willow" und "Pain Killer" - zwei ordentliche Country-Balladen. Noch besser, da auch Abwechslung bringend, schlägt sich in der CD-Setlist das nachfolgende "Inside Your Head". Hier serviert eine Akustik-Gitarre eine an den Led Zeppelin-Jahrhundertsong "Stairway To Heaven" erinnernde Melodie, eine später dazu kommende Pedal Steel Guitar vermählt die Harmonien mit Country-Vibes. Auch wenn der Track nach dem zweiten Refrain wieder Härte zeigt, gehört er zu den Highlights seines Debüts.
Eine gänzlich andere musikalische Seite präsentiert Warren Zeiders zum Ausklang von "Pretty Little Poison": die letzten vier Tracks - "Drive You Crazy", (das bereits erwähnte) "West Texas Weather", "Pittsburgh Steel" und, als letzter Song, "Cowboys Ride Away" - bieten ein kurzes, aber starkes Traditional-Set. Mit vielen Akustik- und Roots-Elementen, sehr gefälligen Harmonien und erfreulich lässiger Interpretation. Wie so oft: je abgespeckter, desto besser klingts.
Fazit: Warren Zeiders ist ein Rocker - aber mit dem Herz eines Country-Sängers. Mit seinem Debüt "Pretty Little Poison" will er beide Lager für sich gewinnen.
Label: Warner Bros. Nashville (Warner) | VÖ: 25. August 2023 |
Disk 1 | |
01 | Some Whiskey |
02 | Love's A Leavin' |
03 | Tell Me Like It Is |
04 | Black and Blue |
05 | Weeping Willow |
06 | Pain Killer |
07 | God Only Knows |
08 | Drive You Crazy |
09 | Pittsburgh Steel |
10 | Cowboys Ride Away |
11 | Drive You Crazy |
12 | Pittsburgh Steel |
13 | Cowboys Ride Away |