The Shires - 10 Year Plan

CD Cover: The Shires - 10 Year Plan

Mit ihrem neuen Album "10 Year Plan" erweist sich The Shires mit modernem Country-Pop als absolut konkurrenzfähig

Okay, Country ist Nashville. Oder zumindest Amerika. Die landläufige Meinung besagt jedenfalls, dass solider, authentischer Country-Sound quasi nur mit dem Siegel Made in USA versehen sein. Gut, im Zweifel darf es noch Kanada sein. Mit etwas Good-Will noch Australien. Aber Europa? Wie so oft mit Klischees, hat auch diese vorgefertigte Meinung einen wahren Kern: Das Business des Genres wird nun mal zum größten Teil in Nashville abgewickelt. Doch die Musikwelt ist in den letzten Jahren zusammengerückt.

Sie ist kleiner geworden - und damit nicht mehr so sehr auf eine Region konzentriert. Top-Acts aus Europa dominieren zwar immer noch nicht die Country-Charts, doch sie sind auch keine Sensation mehr. Wie sehr man qualitativ aufgeschlossen hat, zeigt sich gerade mit dem Album "10 Year Plan" des britischen Duos The Shires.

Britischer Country-Export: The Shires

The Shires - die Grafschaft. Schon der Bandname macht klar, dass es sich hier um einen britischen Act handeln muss. Das ist - ganz klar - ein Statement. Eine Abgrenzung und keine Anbiederung, das spricht für Selbstbewusstsein und für eine eigene musikalische Identität. Diese hegen und pflegen der Sänger, Songschreiber und Gitarrist Ben Earle und die singende Crissie Rhodes seit ihren Anfangstagen. Gelegentlich lehnen sich die zwei sogar kess aus dem Fenster. So wie 2014, als sie mit der Single "Nashville Grey Skys" reichlich unverblümt den musikalischen Einheitsbrei des Standorts der Country-Industrie anprangerten. Wie gut The Shires mit ihrer eigenen Art von Country-Selbstverständnis unterwegs sind, belegen mehrere Hits, Goldene Schallplatten und - man höre und staune - ein CMA Award.

Trotz eigenen Profils: Um wirklich einen eigenen Sound herausfiltern zu können, muss man die Ohren schon weit aufmachen. Das gilt auch für ihr neues, mittlerweile fünftes Album "10 Year Plan". Schon der Opener "Cut Me Loose" lässt mit der Kombination aus Banjo, straightem Beat und hymnischem Refrain an die frühe Taylor Swift oder an Lady A denken. Die Ähnlichkeiten mit diesen Triebfedern des modernen Country sind freilich nicht überraschend. Im Gegenteil. Schließlich beziehen sich ja die meisten jungen Acts des Genres auf diese supererfolgreichen Role-Models. Im Falle von The Shires fallen einem aber noch andere Impulsgeber auf. Denn Duos, bestehend aus Mann & Frau, haben im Country eine lange Tradition. In jüngerer Vergangenheit denkt man unweigerlich an Sugarland oder an die mehr im Americana beheimateten The Civil Wars.

An letztere, längst aufgelöste Formation fühlt man sich beispielsweise bei dem sehr schönen, sehr ruhigen und dazu elegisch vorgetragenen "Plot Twist" erinnert, ein Highlight der CD. Auch weil sich Ben und Crissie die Lead-Vocals gleichberechtigt teilen und dabei beweisen, wie sehr sie harmonieren. Ähnlichkeiten mit Sugarland drängen sich dagegen in dem langsam beginnenden, dann aber dynamisch vorwärtstreibenden "Bar Without You" auf. Crissie Rhodes mag zwar nicht ganz über die Wuchtbrummen-Power von Jennifer Nettles verfügen, aber in Punkto Intonation, Phrasierung und glaubwürdigem Vortrag kann sie ihr allemal das Wasser reichen.

"10 Year Plan" - Lady A und Taylor Swift lassen grüßen

Dennoch: gesanglich erinnert sie vor allem an Hillary Scott, die (weibliche) Stimme von Lady A. Man nehme nur mal "Baby We're Rich". Wer den Song zum ersten Mal hört, wird - jede Wette - sofort auf Lady A tippen: Weil der Song mit seinen gefälligen, herrlich ins Ohr gehenden Melodien gleichzeitig an Frohsinn und Wehmut appelliert und weil Ben Earle als Sänger in der gleichen Tonlage wie Lady As Charles Kelley unterwegs ist. Das beweist er auch in der sehr ruhigen Klavier-Ballade "Skydive".

Dennoch verschweigen weder CD noch Band ihre britischen Wurzeln. Songs wie das lässige "Forever Tonight", die herrliche Ballade "When It Hurts" oder die schwelgerische Single-Auskopplung "I See Stars" besitzen trotz großer Aufmachung eine nicht zu überhörende Portion britischer Coolness. Geht doch: Country mit Understatement!

Fazit: Moderner Country - made in Britain. The Shires beweisen auf ihrem fünften Album "10 Year Plan", dass sie internationales Format besitzen und keinen Vergleich mit prominenten Nashville-Acts scheuen müssen.

Label: BMG (Warner) VÖ: 11. März 2022
01 Cut Me Loose
02 Sparks Fly
03 Side by Side
04 Plot Twist
05 Ten Year Plan
06 I See Stars
07 Bar Without You
08 Baby We’re Rich
09 Skydive
10 Wild Heart
11 Forever Tonight
12 Peggy I’m Sorry
13 When It Hurts
vgw
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