Sie ist kleiner geworden - und damit nicht mehr so sehr auf eine Region konzentriert. Top-Acts aus Europa dominieren zwar immer noch nicht die Country-Charts, doch sie sind auch keine Sensation mehr. Wie sehr man qualitativ aufgeschlossen hat, zeigt sich gerade mit dem Album "10 Year Plan" des britischen Duos The Shires.
Britischer Country-Export: The Shires
Trotz eigenen Profils: Um wirklich einen eigenen Sound herausfiltern zu können, muss man die Ohren schon weit aufmachen. Das gilt auch für ihr neues, mittlerweile fünftes Album "10 Year Plan". Schon der Opener "Cut Me Loose" lässt mit der Kombination aus Banjo, straightem Beat und hymnischem Refrain an die frühe Taylor Swift oder an Lady A denken. Die Ähnlichkeiten mit diesen Triebfedern des modernen Country sind freilich nicht überraschend. Im Gegenteil. Schließlich beziehen sich ja die meisten jungen Acts des Genres auf diese supererfolgreichen Role-Models. Im Falle von The Shires fallen einem aber noch andere Impulsgeber auf. Denn Duos, bestehend aus Mann & Frau, haben im Country eine lange Tradition. In jüngerer Vergangenheit denkt man unweigerlich an Sugarland oder an die mehr im Americana beheimateten The Civil Wars.
An letztere, längst aufgelöste Formation fühlt man sich beispielsweise bei dem sehr schönen, sehr ruhigen und dazu elegisch vorgetragenen "Plot Twist" erinnert, ein Highlight der CD. Auch weil sich Ben und Crissie die Lead-Vocals gleichberechtigt teilen und dabei beweisen, wie sehr sie harmonieren. Ähnlichkeiten mit Sugarland drängen sich dagegen in dem langsam beginnenden, dann aber dynamisch vorwärtstreibenden "Bar Without You" auf. Crissie Rhodes mag zwar nicht ganz über die Wuchtbrummen-Power von Jennifer Nettles verfügen, aber in Punkto Intonation, Phrasierung und glaubwürdigem Vortrag kann sie ihr allemal das Wasser reichen.
"10 Year Plan" - Lady A und Taylor Swift lassen grüßen
Dennoch: gesanglich erinnert sie vor allem an Hillary Scott, die (weibliche) Stimme von Lady A. Man nehme nur mal "Baby We're Rich". Wer den Song zum ersten Mal hört, wird - jede Wette - sofort auf Lady A tippen: Weil der Song mit seinen gefälligen, herrlich ins Ohr gehenden Melodien gleichzeitig an Frohsinn und Wehmut appelliert und weil Ben Earle als Sänger in der gleichen Tonlage wie Lady As Charles Kelley unterwegs ist. Das beweist er auch in der sehr ruhigen Klavier-Ballade "Skydive".
Dennoch verschweigen weder CD noch Band ihre britischen Wurzeln. Songs wie das lässige "Forever Tonight", die herrliche Ballade "When It Hurts" oder die schwelgerische Single-Auskopplung "I See Stars" besitzen trotz großer Aufmachung eine nicht zu überhörende Portion britischer Coolness. Geht doch: Country mit Understatement!
Fazit: Moderner Country - made in Britain. The Shires beweisen auf ihrem fünften Album "10 Year Plan", dass sie internationales Format besitzen und keinen Vergleich mit prominenten Nashville-Acts scheuen müssen.
Label: BMG (Warner) | VÖ: 11. März 2022 |
01 | Cut Me Loose |
02 | Sparks Fly |
03 | Side by Side |
04 | Plot Twist |
05 | Ten Year Plan |
06 | I See Stars |
07 | Bar Without You |
08 | Baby We’re Rich |
09 | Skydive |
10 | Wild Heart |
11 | Forever Tonight |
12 | Peggy I’m Sorry |
13 | When It Hurts |