Matt Lang macht mit seinem Debüt-Album "More" klar, dass auch nördlich von Nashville astreiner Country gemacht wird
Was macht ein Junge, der in, sagen wir mal, der nördlich von Ottawa gelegenen Kleinstadt Maniwaki aufwächst? Na klar, er spielt Eishockey! Matt Lang machte da keine Ausnahme. Auch er jagte auf Kufen und mit einem Schläger dem 200 Gramm schweren Puck hinterher. Er teilte aus und er steckte ein, er gewann und er verlor. So wie ein Sportlerleben halt so ist. Irgendwann aber erkannte er, dass das nicht alles sein kann. Dass da noch mehr ist, zum Beispiel die Musik.
Da Matt Lang im Bundesstaat Quebec aufwuchs, begann er französische Lieder zu singen, Chansons und Popsongs. Er machte das so gut, dass er 2015 bei der kanadischen Version von "The Voice" mitwirkte, bei der er eine gute Figur abgab. Nach dieser Erfahrung wechselte Matt Lang auf das mehrheitsfähige Englisch und veröffentlichte 2018 eine wohlwollend aufgenommene EP.
Matt Lang macht mit "More" den nächsten Karriereschritt
Jetzt ist es Zeit für den nächsten Karriereschritt. Er will mehr und er liefert "More": (leider nur) acht grundsolide Country-Songs, die gehobenem Nashville-Qualitätsstandard gerecht werden. Freilich ist nicht jeder Track ein Volltreffer. Der Opener und Titeltrack aber durchaus. In dem gut dreiminütigen, im Shuffle-Groove angelegten Song bedient er mit einer Resonator-Guitar sowie einer rockenden E-Gitarre gleichermaßen die Sound-Bedürfnisse von Traditionalisten und Country-Rock-Fans. Was vor allem auffällt, ist sein Gesang. Sowohl von der Tonlage als auch in der Phrasierung erinnert der bärtige Kanadier an: Dierks Bentley. Keine schlechte Referenz, oder?
Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Vor allem, wenn er - wie beim nachfolgenden "Water Down the Whiskey" - auch musikalisch auf der Spur des lässigen Nashville-Stars bleibt: ein hochprozentiger Country-Rocker mit ein paar Sound-Gimmicks und jeder Menge Power. Es soll übrigens nicht der einzige Drinkin' Song des Albums bleiben, im Gegenteil. Wie es scheint, hat der kanadische Kraftkerl eine Schwäche für Bier und Hochprozentiges, wie sich gleich im anschließenden "In a Bar" zeigt. Der eher im gedrosselten Tempo gemütlich dahingroovende Track ist so glatt in Richtung Nashville-Mainstream gebürstet, dass ihm eine kleine Charakterschwäche attestiert werden muss.
Umso erfreulicher erweist sich das anschließende "Only a Woman". Klar, ein Liebeslied. Kein großer Aufreger, aber genau das macht den sehr ruhigen, mit akustischen Elementen, einer gemütlichen Orgel und einem Gospel-Chor ausgestatteten Track gerade aus. Hier zeigt sich, dass Matt Lang mit seiner kraftvollen Stimme ein braves Lied zu einer echten Song-Besonderheit singen kann. Auch, weil er das uneitel und für seine noch kurze Karriere erstaunlich abgebrüht macht. Klarer Fall: ein Highlight der CD.
Nur acht Songs - das größte Manko von "More"
Ein weiteres setzt "Turn Her On". In dem vielleicht erstaunlichsten Titel der CD bringt Matt Lang zweistimmige, an die Allman Brothers erinnernde Gitarren-Linien, überraschende, trotzdem in sich schlüssige Harmonie-Wendungen und hippe Sound-Spielereien unter einen Hut. Ein Country-Rocker, der mit jedem Hördurchgang besser wird.
Gefälliger und wohl auch kommerzieller fallen das an frühe Brooks & Dunn-Tage erinnernde "Getcha" und der finale, mit exzellentem Refrain und prima Pedal-Steel-Einlagen versehene Song-Kraftriegel "Woke Up Like This" aus. In letzterem Track besingt er - na klar - einen ausgewachsenen Kater. Hat wohl mal wieder kräftig getankt, der gute Matt. Aber: er weiß auch warum, wie er in "Better When I Drink" behauptet. Denn: Mit einem in der Krone sei selbst schlimmster Liebeskummer nur halb so schlimm. Eine unverblümtere Aufforderung zum Alkoholmissbrauch hat man schon länger nicht mehr gehört. Um Political Correctness schert sich dieser Mann offenbar nicht allzu viel. Sympathisch!
Fazit: Guter Sänger, starke Songs, doch von wegen "More": Mit acht Titeln ist das Debüt-Album von Matt Lang nur um einen Track üppiger bestückt als seine EP. Da besteht bei dem stimmlichen Dierks Bentley-Doppelgänger Nachholbedarf.
Label: Jayward (Membran) | VÖ: 20. August 2021 |
01 | More |
02 | Water Down the Whiskey |
03 | In a Bar |
04 | Only a Woman |
05 | Getcha |
06 | Turn Her On |
07 | Better When I Drink |
08 | Woke up Like This |