Randy Travis' Song "Where That Came From" wurde mit KI-Technologie erschaffen
Randy Travis, der nach einem Schlaganfall im Jahr 2013 einen Großteil seiner Sprache verloren hat, nutzte für seine erste Aufnahme seit mehr als einem Jahrzehnt, "Where That Came From", eine Technologie der künstlichen Intelligenz, um seine Stimme zu klonen.
Randy Travis, sein langjähriger Produzent Kyle Lehning, Travis' Frau Mary und der Co-Präsident von Warner Music Nashville, Cris Lacy, sprachen im Frühstücksfernsehen "CBS Sunday Morning" darüber, wie die künstliche Intelligenz bei der Entstehung von "Where That Came From", Travis' neuem Song half. Das entsprechende Transkript liegt CountryMusicNews.de vor.
Lehning bestätigte, dass Country-Sänger James Dupré die ersten Vocals eingesungen hat, bevor die rohe Performance mit Travis' Stimmklon überlagert wurde. Dupré und Travis kennen sich von den Dreharbeiten zu "The Price".
"Es geht nicht darum, wie es klingt. Es geht darum, wie es sich anfühlt", sagte Lehning gegenüber CBS. "Dass er hier ist und in der Lage ist, ein wichtiger Teil des Entscheidungsprozesses zu sein, macht für mich den ganzen Unterschied aus." Aber unsere Leser sollen sich selbst ein Urteil bilden:
Randy Travis - Where That Came From (Lyric Video)
"Where That Came From" wurde von John Scott Sherrill und Scotty Emerick geschrieben. Emerick selbst hat den Song letztes Jahr auf seiner EP "Headwinds (The Demo Sessions)" veröffentlicht.
"Where That Came From" und die Frage Künstlicher Intelligenz
Randy Travis erlitt 2013 einen fast tödlichen Schlaganfall. Seitdem hat er zwei Alben mit zuvor aufgenommenen Country-Covern veröffentlicht und ist sporadisch mit anderen Künstlern auf der Bühne aufgetreten, um das abschließende "Amen" seines Hits "Forever and Ever, Amen" zu singen.
Sein neuer Song ist eine der ersten kommerziellen Veröffentlichungen mit KI-geklontem Gesang - ein Meilenstein für die KI-Musik, die zu einem der drängendsten Themen der Musikindustrie geworden ist. Im vergangenen Jahr haben sich Künstler, Plattenfirmen und Gesetzgeber mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Technologie reguliert werden kann, um den Schutz der Werke von Künstlern und ihrer digitalen Abbilder zu gewährleisten.
"Es gibt einfach so viel Diskussionen über die negativen Seiten der KI", sagte Lacy gegenüber CBS. "Wir begannen mit dem Konzept 'Wie würde KI ... für uns aussehen? 'Und das Erste, was uns einfiel, war, dass wir Randy Travis seine Stimme zurückgeben könnten."
Randy Travis sings again, courtesy of AI
Viele in der Branche sind der Meinung, dass KI im kreativen Prozess sehr hilfreich sein könnte, wenn die richtigen Leitplanken gesetzt werden. So hat beispielsweise die Warner-Künstlerin FKA Twigs Anfang dieser Woche vor dem Justizausschuss des Senats erklärt, dass sie ein KI-Deepfake von sich selbst entwickelt hat, das mit den Fans in den sozialen Medien interagieren kann und es ihr ermöglicht, sich auf das Musikmachen zu konzentrieren. (Also in anderen Worten, den Fans wird vorgegaukelt, dass sie mit dem Künstler kommunizieren und der macht nebenbei etwas ganz anderes).
Die Technologie hat sich als umstritten erwiesen, wenn die Künstler selbst nicht involviert sind und ihre Aufnahmen KI-Modelle ohne ihre Zustimmung trainieren. Ein anonymer Songschreiber, der sich "Ghostwriter" nennt, hat die Branche letztes Jahr in Aufruhr versetzt, als er den Song "Heart on My Sleeve" mit KI-generierten Vocals von Drake und The Weeknd veröffentlichte. Die Plattenfirma der beiden Künstler, die Universal Music Group, drängte daraufhin darauf, dass die Streamingdienste den Song entfernen.
Ein Jahr später veröffentlichte Drake seinen Kendrick-Lamar-Diss-Track "Taylor Made Freestyle" mit den KI-Vocals von Tupac. Der Nachlass des verstorbenen Rappers forderte Drake zur Unterlassung auf und bezeichnete seinen Song als "eklatante Verletzung von Tupacs Öffentlichkeitsarbeit und der gesetzlichen Rechte des Nachlasses". Daraufhin nahm Drake den Song vom Netz.
Ist KI nun gut für Künstler wie Randy Travis?
Randy Travis' KI-Song "Where That Came From" wirft einige Fragen auf, zum Beispiel wie es um das Urheberrecht und die Credits bestellt ist. Es ist nicht bekannt, wie der Sänger, der die Vocals aufgenommen hat, genannt oder entlohnt wird oder gar welche Art von Lizenz, wenn überhaupt, benötigt wurde, um Randy Travis' KI-Vocals über die Linie zu bringen.
Sofern sich alle freuen, endlich neue Musik von Randy Travis zu hören, muss man sich die Frage stellen: "Ist es wirklich Randy Travis? Wenn man als Sänger seine Brötchen verdient, sollte man auch singen können. Selbst der Einsatz von Auto-Tunes (Automatische Tonhöhenkorrektur, ist ein Verfahren zur Tonhöhenänderung bei der Musikproduktion. Dabei wird die Tonhöhe (Intonation) eines Audiosignals, meistens Gesang, korrigiert bzw. verändert). Wenn man bestimmte hohe Töne nicht treffen kann, sollte man nicht Sänger werden.
Es ist wichtig, dass Prominente, die einen Schlaganfall erlitten haben, wie zum Beispiel Randy Travis, Monika Lierhaus oder Gaby Köster, als Vorbild dienen und sichtbar bleiben, so dass andere Menschen nach einem Schlaganfall Mut fassen. Aber es ist genauso wichtig, dass sie diesen Menschen oder ihren Fans nicht irgendetwas vormachen.
Auch der eigentliche Sänger James Dupré müsste unserer Meinung nach wenigstens als featuring Artist namentlich genannt werden.
Wenn man dieser Praxis keinen Einhalt gebietet, haben wir nur noch extrem hübsche Leute, die zwar keinen Ton treffen können, aber eine Platte nach der anderen veröffentlichen, während ihre Deepfake KIs sich mit den Fans auf Instagram, TikTok & Co. unterhalten. Das hat nichts mehr mit der Kunst des Singens zu tun und wäre auch nicht die Art von Country Music, die wir hören noch darüber berichten wollen. Schade das sich Randy Travis mit "Where That Came From" dafür hergegeben hat.