Warner Bros. Records: Von der Filmindustrie ins Musikbusiness

Warner Bros. Nashville-Logo

Ein gängiges Vorurteil über die Unterhaltungsindustrie ist, dass jeder Schauspieler singen und jeder Sänger schauspielern möchte. Es erscheint deshalb umso merkwürdiger, dass Warner Bros. bereits in seinen ersten Anfängen als Filmgesellschaft dieser Versuchung widerstand und 30 Jahre damit wartete, endgültig ein Plattenlabel zu etablieren und nochmals 20, bevor es sich für die Countrymusik in Nashville einzusetzen begann.

Heutzutage ist das Country-Label von Warner Bros. in Nashville eines der wenigen Labels, welche die Konsolidierungen der späten 90er und des frühen 21. Jahrhunderts überstanden haben.

Heute, fast 80 Jahre später, können die Anfänge von WBs Ausflug in die Countrymusik bereits in seinem ersten Filmprodukt entdeckt werden. Es hätte "The Jazz Singer" heißen können, aber die Hauptrolle in dem Film hatte Al Jolson mit seinem Song "Blue Skies", ein Song, den Willie Nelson schließlich in einen Countryhit verwandeln würde.

Genauer gesagt machte WB tatsächlich einen Schritt ins Musikbusiness, als es 1930 Brunswick, einen Hersteller von Bowlingbällen, aufkaufte. Brunswick hatte ebenfalls ein Label, aber da der Kauf zur Zeit der Weltwirtschaftskrise stattfand, war es eine finanzielle Katastrophe, und WB entledigte sich Brunswicks innerhalb weniger Jahre.

Everly Brothers Erst 1958 stürzte sich WB mit einem eigenen Label wieder ins Musikbusiness, und auch dann war es nur ein vorläufiger Versuch. Innerhalb von 2 Jahren hatte WB die Mitarbeiterzahl um mehr als 75 Prozent verringert, und der Versuch schien zum Scheitern verurteilt. Das Einzige, das die Firma rettete, war das Nashville Duo - The Everly Brothers. Wade Conkling, der Boss in Los Angeles, wollte unbedingt diesen Act, weil er glaubte, dass es das Einzige sei, das die Firma vor dem Absturz retten könne. 1960 erarbeitete er einen 1-Millionen-Dollar-Deal, und innerhalb von wenigen Monaten war "Cathy's Clown" auf seinem Weg zur Nummer 1.

Im gleichen Jahr hatte WB seinen ersten Countryhit, Bob Lumans "Let's Think About Living", aber der nächste, "Dueling Banjos", ließ bis 1973 auf sich warten. Zu diesem Zeitpunkt verschrieb sich WB der Countrymusic und gründete schließlich 1975 eine Niederlassung.

Mit Pionieren wie den Musikproduzenten Frank Jones, Chips Moman und Norro Wilson und dem Engländer Andrew Wickham erzielte WB einen Einbruch ins Geschäft, indem es Künstler wie Rex Allen Jr., John Anderson, Donna Fargo, Emmylou Harris, Buck Owens, T.G. Sheppard und Margo Smith unter Vertrag nahm.

Dueling Banjos Das Label spielte seine Verbindung zu den Bugs Bunny Trickfilmen mit einigem Erfolg aus und schaffte es, eine verhältnismäßig lockere Atmosphäre aufrechtzuerhalten, eine Einstellung, die sich im Hauptbüro im kalifornischen Burbank widerspiegelte.

Durch mehrere Deals vor Nashville betrat WB Nashville als ein Drittel der WEA Vertriebsgesellschaft, was auch die Plattenlabel Elektra und Atlantic mit einschloss. Atlantic hatte in den frühen 70er Jahren nur kurz versucht, eine Music City Filiale zu eröffnen, aber der einzig bleibende Beitrag sollte die Veröffentlichung von Nelsons Album Phases and Stages bleiben.

Elektra hatte 1973 eine Nashville Abteilung etabliert und hatte zunächst Erfolg mit Eddie Rabbitt und Hank Williams Jr., später sollte Jimmy Bowen ab 1978 die Firma leiten.

1983 wurde Elektra konsolidiert und Bowen wurde die Verantwortung für einen kombinierten Plan mit Acts wie Anderson, The Bellamy Brothers, Crystal Gayle, Rabbitt, Conway Twitty und Williams Jr. übertragen. Bowen überzeugte den von der Westküste stammenden Produzenten Jim Ed Norman, der erfolgreich Countryhits für Mickey Gilley, Johnny Lee und Anne Murray geliefert hatte, umzuziehen, mit der Einigung, dass Norman irgendwann das Label leiten würde. Dwight Yoakam Dies passierte innerhalb eines Jahres, als Bowen zu MCA wechselte, und eine beträchtliche Amtszeit wurde begründet. Norman, der frühere Vizepräsident von WB in der Abteilung Artist & Repertoire [Künstler & Repertoire], war als der Chef von WB in Nashville höchst erfolgreich und blieb für zwei Jahrzehnte. Norman, der seine Karriere in den frühen 70er Jahren als Keyboardspieler bei Shiloh begonnen hatte, eine Band, in der auch der Gitarrist Richard Bowden und der Drummer Don Henley mitspielten, produzierte eine Anzahl von Acts für das Label, darin eingeschlossen Gary Morris, Michael Martin Murphey und Southern Pacific und erwies sich als sehr offen, wenn es darum ging, Künstler für das Label auszuwählen.

Zum Beispiel überwachte er Mitte der 80er Jahre, als Country stark von Pop beeinflusst war, die Neuzugänge für das aus vier Schwestern bestehende Gesangsquartett, The Forester Sisters, den von Buck Owens inspirierten Künstler aus Bakersfield, Dwight Yoakam, und Randy Travis, den Traditionalisten mit der tiefen Stimme. Unter seiner Leitung wurden auch Faith Hill, Little Texas und Travis Tritt unter Vertrag genommen.

Travis Tritt WB sah jedoch auch über die üblichen Nashville Grenzen hinaus und veröffentlichte eine Reihe von Cowboyalben auf Warner Western, schuf für die vom Jazz beeinflussten Bela Fleck & The Flecktones ein neues Zuhause, bildete eine Enklave von Comedians wie Bill Engvall und Jeff Foxworthy und erzielte ein paar Hits im Adult-Contemporary-Radioformat [Mainstream und Popmusik] mit der Sängerin und Songwriterin Beth Nielsen Chapman.

Norman verließ die Firma 2004, und Bill Bennett, der für Madonnas an Warner angeschlossenes Maverick Label gearbeitet hatte, übernahm den Posten. Kurz bevor Bennett bei WB anfing, nahm der Chief Creative Officer des Labels, Paul Worley, das eklektische Duo Big & Rich unter Vertrag.

Um den Kreis zu schließen, beendete Norman seine 20-jährige Amtszeit bei WB in Juni 2004, einen Monat vor dem Tag, als "Die Frauen von Stepford" in die Kinos kam. Der Film setzte den meistverkauften Künstler der Abteilung, Faith Hill, dahin zurück, wo die Geschicke der Firma ihren Anfang nahmen: auf die Kinoleinwand.

Faith Hill Warner Holdings

Durch eine Serie von Deals und Zusammenschlüssen kann WBs Katalog nun zahlreiche Labels mit ihrer eigenen interessanten Geschichte aufweisen:

-Reprise Records, 1961 von Frank Sinatra gegründet und zwei Jahre später mit Warner zusammengeschlossen. Das Label machte Emmylou Harris und Dwight Yoakam im Mainstream bekannt und veröffentlichte auch Kenny Rogers' pre-Country Werk mit The First Edition.

-Atlantic Records, 1947 ursprünglich als ein Jazz-Label gegründet, wurde in den 60er Jahren zu einem bedeutenden Poplabel, hat sich aber bis 1989 nicht für Country interessiert. Atlantic bot Tracy Lawrence, Neal McCoy und John Michael Montgomery in ihren Anfangsjahren eine Möglichkeit, ihre Songs aufzunehmen.

-Asylum Records, von David Geffen gegründet, wurde mit Jackson Browne, The Eagles und Linda Ronstadt bekannt, und schuf in Nashville während der 90er ein eigenständiges Zentrum mit Lila McCann, Kevin Sharp und Bryan White.

-Giant Records, gegründet von dem Eagles Manager Irving Azoff, hatte seinen größten Erfolg mit Clay Walker und dem CMA Album des Jahres von 1994 - "Common Thread: The Songs of the Eagles". Dabei ermöglichte das Label auch Daryle Singletary, The Wilkinsonsund Blake Shelton einen Start.

Big & Rich -Raybaw Records, ein Akronym für Red and Yellow, Black and White, ist ein junges Label, das von Big & Rich gegründet wurde, um ihre befreundeten Künstler von MuzikMafia zu veröffentlichen, darunter Cowboy Troy und James Otto. John Anderson, dessen neues Album ebenfalls von Rich produziert wird, ist auch auf dem Label.
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