Wie vorgezeichnet erscheint die Karriere des 1969 geborenen Engländers im Rückblick. Als 29jähriger produzierte er erstmals selbst ein Album, das Debüt von Chris Stills, selbst Sohn eines bekannten Vaters: Stephen Stills. Seitdem hat Johns als Produzent an mehr als 70 Alben mitgewirkt, darunter so große Namen wie die Kings of Leon oder Paul McCartney. Für Tom Jones gab der Brite den Rick Rubin und half, dessen Karriere als Blues- und Gospel-Sänger wiederzubeleben, ein reduzierter Ansatz, wie ihn Rubin einst erfolgreich bei Johnny Cash angewandt hatte.
Doch am liebsten waren Ethan Johns stets die kleinen, feinen Americana-Projekte. Mit den damals noch unbekannten Ryan Adams und Ray LaMontagne nahm er wundervolle, warme Platten auf, komponierte Songs und spielte selbst Gitarre, Bass und Drums. Logische Folge waren eigene Solo-Alben. Nun liegt Johns formidables drittes Werk vor, größtenteils aufgenommen in der alten Heimat England.
Der Titeltrack "Silver Liner" beginnt mit rhythmisch angeschlagener Akustikgitarre, mehrstimmiger, wehmütiger Gesang, endlich, nach dem zweiten Refrain, ein eruptives, kurzes, grandioses E-Gitarren-Solo. Neil Youngs "Cinnamon Girl" lässt schön grüßen - einen solchen Song hat man seit den besten Tagen von Crazy Horse nicht gehört.
Es folgen mehrere Tracks im Nashville-Country-Sound, mit geschmackvoll in den Vordergrund gemischter Pedal-Steel-Guitar. In "I Don't Mind" spielt der Songwriter Mandoline und lässt ein relaxtes Bluegrass-Feeling aufkommen. Zum ersten Mal auf einem Ethan-Johns-Album bekommt seine Backingband einen Credit auf dem Albumcover. The Black Eyed Dogs nennen sich die drei erfahrenen englischen Musiker, mit denen Johns live in Jeremy Staceys Londoner Studio aufgenommen hat. Stacey selbst sitzt am Schlagzeug, Nick Pini spielt Bass und BJ Cole Pedal Steel. Es habe nie einen großen Unterschied zwischen der Arbeit an eigenen und andere Alben gegeben, sagt Johns. Und so lud er sich auch diesmal wieder Freunde ins Studio ein, die diesmal vor allem Background Vocals beisteuern. Auf dem Walzer "Juanita" sind es Ex-Eagles-Mitglied Bernie Leadon und Gillian Welch, die vielleicht talentierteste Americana-Sängerin des 21. Jahrhunderts.
Das Thema "Zuhause" spielt auf "Silver Liner" nicht nur im Schlusstitel, dem sacht gezupften Folksong "I'm Going Home", eine wichtige Rolle. "It feels good to be home" stößt der Sänger in "I Don't Mind" leicht wehmütig aus, ein sicher nicht seltenes Gefühl bei einem, der jahrelang die 9000 Kilometer zwischen London und Los Angeles pendelte.
Johns hat sich die großen amerikanischen Geschichtenerzähler, zum Vorbild genommen, neben Neil Young ist dies Bob Dylan und Randy Newman, der für die Streicher-angereicherte Klavierballade "It Won't Always Be This Way" Pate stand.
Im Mittelteil des Albums lässt sich Johns ganz viel Zeit, die Band swingt mal entspannt, mal ekstatisch, wie im Finale des melancholischen Southern Rock-Songs "Open Your Window". Das dylanesque "Six and Nine" franst mit achteinhalb Minuten ein wenig arg aus. Aber einer so großartigen Band hört man auch gern ein wenig länger zu.
Fazit: Ein gefragter Produzent, der selbst ein herausragender Singer/Songwriter ist: Ethan Johns hat ein brillantes, live aufgenommenes Stück Musik zwischen Country-Rock, Folk-Fingerpicking und rauem Americana geschaffen.
Label: Three Crows / Caroline (Universal) | VÖ: 27. November 2015 |
01 | Silver Liner |
02 | The Sun Hardly Rises |
03 | I Don't Mind |
04 | Juanita |
05 | I Won't Always Be That Way |
06 | Open Your Window |
07 | Six and Nine |
08 | Dark Fire |
09 | I'm Coming Home |