Mittlerweile ist der blondmähnige Sunnyboy mit der Surfer-Optik bei einem Independent-Label gelandet. "What Color Is Your Sky" heißt sein Einstand bei Kickstarter und "God Only Knows", die - bereits gefloppte - Singleauskopplung. Doch, Leser von CountryMusicNews.de wissen das: kommerzieller Erfolg hat nicht immer mit Qualität zu tun. Das gilt auch für Jason Michael Carroll.
Vielleicht aber setzt der in Houston, Texas, geborene Spross einer erzkonservativen Familie - ihm wurde der Hintern versohlt, als sein Daddy Billy Ray Cyrus' "Achy Breaky Heart" in seinem Schlafzimmer fand - musikalisch auf das falsche Pferd. Trotz seiner 36 Jahre vernachlässigt er meist angesagte Sounds und Arrangements. Dafür tritt Carroll mit Vehemenz und Begeisterung in die Fußstapfen von 90er-Jahre-Countryrecken. Bei gediegenen, melodisch zum Teil an Kitsch grenzende Songs wie "Here's To", "Love Like July", "Does He Know" oder in der Klavierballade "Urgency" glaubt man immer wieder Tracy Lawrence zu hören.
Das ist als Kompliment gemeint. Denn Lawrence war und ist mit seinem warmen, gefühlvollen Bariton zweifellos eine der stärksten Stimmen im New Country. Im Gegensatz zu dem einstigen Überflieger und heutigen Genre-Veteranen hat Carroll nicht immer ein so glückliches Händchen bei der Songauswahl. Mancher Track ist ein echtes Leichtgewicht. Erschwerend kommt hinzu, dass er sich klangtechnisch immer wieder die 80er zum Vorbild genommen hat. Man nehme nur die etwas billig klingende, ganz auf Pathos getrimmte Ballade "Blown Away" und das auf Poser-Rock gebürstete "We Ride" - Songs, die dem Talent von Jason Michael Carroll keinesfalls gerecht werden. Wie Carroll über das Album sagt, wurde es nicht in einem der Top-Studios in Nashville aufgenommen. Angeblich sogar in überhaupt keinem echten Studio, sondern, wie heute problemlos möglich, über Daten- und Spurentransfer zusammengenagelt. Gerade was den Sound der Drums, ab und an auch der Lead-Gitarren betrifft, klingt das schlanke Budget gelegentlich durch.
Dabei kann der blonde Knabe singen. Das belegt er vor allem in den leiseren, akustisch geprägten Titeln wie "Close Enough" und "Here With Me". Schwierig wird es, wenn er - wie bei dem hölzern-rockenden "'Til The Speakers Blow" - einen auf Bro-Country macht. Er kann das nicht. Man kauft es ihm nicht ab. Schuster, bleib bei deinen Leisten, Jason Michael Carroll beim harmonischen New-Country.
Fazit: Eine Independent-Produktion des einstigen Country-Hit-Sunnyboys. Das schmale Budget klingt leider in den rockigen Songs hörbar durch. Gesanglich ist der Mann aber immer noch top - und erinnert nicht selten an den großen Tracy Lawrence.
Label: The Loneley (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 4. MAi 2015 |
Titelliste
01 | All I'm Drinking 'Bout | 09 | Urgency |
02 | God Only Knows | 10 | Blown Away |
03 | What Color Is Your Sky | 11 | We Ride |
04 | Here's To | 12 | Close Enough |
05 | Love Like July | 13 | Here with Me |
06 | Does He Know | 14 | Painting Pictures |
07 | Til the Speakers Blow | 15 | Waste Their Life (Demo Version) |
08 | Civil War |