"Sticks and Stones": stilistische Vielfalt und jede Menge gute Laune
Vermutlich ging seine Glücksträhne schon mit seiner Geburt los: am Weihnachtstag Anno 1988 erblickte er in Austin, Texas, das Licht der Welt. Ob es ein Segen ist, einen Musik-Star, oder besser gesagt, eine Musik-Legende als Vater zu haben, sei einmal dahingestellt. Wie es scheint, war es für die Karriere von Lukas durchaus förderlich, dass Papa ein gewisser Willie Nelson war. Denn so kam Sohnemann Lukas schon als Kind mit dem Musikbusiness in Kontakt und natürlich auch mit dem Who-is-Who der Country-Szene. Er lernte dabei schon von Kindesbeinen an, wie man Gitarre spielt und Songs schreibt. Außerdem erwies sich Papa-Willie stets als Förderer seines Nachwuchses: er spielte mit, wenn es gewünscht war, er öffnete Türen, wenn das nötig war.
Dass Lukas Nelson ein glücklicher Mensch ist, bestätigte er uns übrigens persönlich letztes Jahr in einem Zoom-Interview. Wir erlebten bei dem digitalen Meeting einen Menschen, der rundherum zufrieden ist und der sein Leben - zum Großteil auf Hawaii übrigens - zu leben und genießen weiß. Ein kleines bisschen war er bei dem Plausch verkatert, gab er zu. Und so wirkt der talentierte Lebemann auch auf dem Coverfoto von "Sticks and Stones": glasiger Blick, dezent aufgeschwemmtes Gesicht, leicht derangiertes Grinsen. Nicht dass wir uns Sorgen machen müssen...
Er befeuert die Gedanken auch selbst. Mit dem, sorry, doch etwas missratenen Wortspiel-Song "Alcohallelujah". In dem opulent angelegten, mit einer exzellenten Slide-Gitarre unterlegten und mit schon fast im Rap-Modus vorgetragenen Text, berichtet er von Freud und Leid des Alkoholmissbrauchs. Nun ja, auch Musikstars sind Menschen. Und Menschen haben Schwächen. Über diese aber so launig und ohne den kleinsten Anflug von Selbstbezichtigung berichten zu können, ist eine/seine Stärke. Eine von vielen von Lukas Nelson.
Auch im nachfolgenden Track frönt der gebürtige Texaner Whiskey und Bier: "Every Time I Drink" heißt der Song - und Kenner der Materie werden sich hier vielleicht gleich an den Willie Nelson-Song vom "Heroes"-Album "Everytime He Drinks" erinnert fühlen - und damit richtig liegen. Lukas hat den Willie-Song umgemodelt und auf sich selbst bezogen, "every time I drink I think of her", singt er da in diesem herrlichen Retro-Song. Mit einer etwas jaulenden Stimme, die zwar jünger und kräftiger wirkt, im Tonfall aber schon sehr an seinen Papa erinnert. Tja, der Sänger-Apfel fällt nicht weit vom Stamm...
An wen Lukas Nelson denkt, wenn er sich einen hinter die Binde kippt? Vielleicht an Lainey Wilson. Mit ihr stimmt er jedenfalls das gelungene bluesige Duett "More Than Friends" an. Ein stramm rockender Titel mit dominierender Gitarre und einer im Refrain absolut hittauglichen Melodie. Keine Frage, die zwei harmonieren musikalisch aufs Schönste. Ob sie wirklich "more than friends" sind? Wir fragen ihn beim nächsten Interview, versprochen.
Lukas Nelson: er wächst immer mehr in die Schuhe von Vater Willie
Wie es scheint, wird Lukas Nelson mit jedem Lebensjahr seinem Vater ähnlicher. Die gesanglichen Ähnlichkeiten haben wir schon angesprochen. Aber auch in Punkto Songwriting geht es immer häufiger in Retro-Richtung. Der ultraflotte Texas-Swing "Ladder of Love" deutet beispielsweise darauf hin, mehr aber noch die weinerliche, nur mit einer Akustik-Gitarre vorgetragene Selbstanklage "Lying". Kein übler Track, das sicher nicht. Aber dem Sänger mit Sternzeichen "Sunnyboy" hört man dann doch lieber zu, wenn er Dur-Akkorde anschlägt.
So wie beispielsweise in der wunderschönen, ganz nach Sonnenuntergang am Meer klingenden Song-Leichtigkeit "All Four Winds". Stimmungsmäßig - und auch wegen der Blues-Harp – erinnert der Track an den alten Neil Young-Song "Midnight at the Bay". Wer den Titel kennt, weiß dass das nur als Kompliment gemeint sein kann. Weitere Glanzlichter setzen der Good-Time-Rock 'n' Roller "Icarus" und das gefühlvolle, im Bo Diddley-Groove gehaltene "Overpass".
Fazit: Seine Begleiter von Promise Of The Real sind zum Kürzel POTR geschrumpft - musikalisch hat das auf "Sticks and Stones" aber keinen Einfluss. Lukas Nelson bietet in dem Songdutzend ein Füllhorn an unterschiedlichen Americana- und Country-Songs. Sehr solide!
Label: Cleopatra (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 7. Juli 2023 |
Disk 1 | |
01 | Sticks and Stones |
02 | Alcohallelujah |
03 | Every Time I Drink |
04 | More Than Friends (mit Lainey Wilson) |
05 | Ladder of Love |
06 | Wrong House |
07 | Icarus |
08 | If I Didn't Love You |
09 | Overpass |
10 | Lying |
11 | All Four Winds |
12 | All Four Winds |