Zum Auftakt, am Freitag den 23. September 2016, verlieh die Austrian Country Music Federation (ACMF) ihren Newcomer Award. Drei Country-Künstler traten in der Kategorie an und boten dem Publikum beim European Country Festival eine überraschend gute Show. Die 10-köpfige Jury, unter anderem ein Redakteur von der Kronen Zeitung, kürten mit klarem Vorsprung Christa Fartek zur Siegerin. Die Country-Sängerin bot ein Programm aus überwiegend eigenen Kompositionen und präsentierte diese gekonnt gemeinsam mit Wolfgang Gmoser und ihrem Produzenten Kurt Keinrath. Die Songs waren die Vorboten auf das Country-Debüt-Album, das im März 2017 erscheinen soll.
Anschließend trat das Country Duo Road Chicks als Lokalkolorit auf, gefolgt von dem Highlight des Abends: Truck Stop. Es ist schwer zu glauben, aber Truck Stop schafft es, sich nach so vielen Jahren immer wieder neu zu erfinden, Spielfreude an den Tag zu legen und dabei das Publikum von Anfang bis Ende in den Bann zu ziehen. Das bis zu zwei Drittel gut gefüllte Festzelt beim European Country Festival 2016 war vor Begeisterung kaum auf den Sitzen zu halten. Bei "Der wilde wilde Westen" stimmte der Saal mit ein, sodass die Cowboys von der Waterkant das Lied um einen Refrain verlängern mussten. Ein wahrer Stimmungshit.
Zum Abschluss des Abends gesellte sich noch die österreichische Band Nashville auf die Bühne des European Country Festival 2016. Tja, und wie bei (fast) jeder Veranstaltung musste es auch hier einen Tiefpunkt geben. Lautstärke ersetzt noch keine gute Musik. Absolutes Lowlight war der Schlagzeuger, der das Becken manchmal förmlich malträtierte und dabei immer wieder auf die Bühne spuckte. Dieses Vorgehen mag dem Country-"Rocker"-Image gerecht werden, aber ob es Besuchern einer Country-Veranstaltung gefällt? Man konnte zusehen, wie die Zuschauerreihen sich lichteten.
Der Samstag beim European Country Festival 2016 barg mehrere Überraschungen
Der Samstag begann deutlich freundlicher mit den Buffalo Bells, ebenfalls eine österreichische Kombo, die es einfach nicht nötig hat, auf Lautstärke zu setzen, denn hier gibt es ausreichend Talent. Im Vergleich zum letzten Jahr konnte sich die Band um Roman Hintenberger gesanglich sogar noch verbessern. Kein Wunder also, dass die Halle bei einer gelungenen Auswahl von Johnny Cash Songs bebte.
Aus Heilbronn war Chiara S. angereist, die zum Halbplayback rund ein Dutzend Songs darbot, darunter eine Cover-Version von "Girl in a Country Song", den Maddie & Tae im Original singen. Stimmlich konnte die Teenagerin überzeugen und wenn sie das nächste Mal mit einer Band auftritt, kann die Darbietung zu einem vollen Genuss werden.
Doug Seegers bot am Samstagabend das erste Highlight beim European Country Festival 2016. Es war das erste Mal, dass der amerikanische Country-Sänger im deutschsprachigen Raum auftrat. Viel hatten die mehr als 2.500 Besucher in dem inzwischen ausverkauften Festzelt von Doug Seegers noch nicht gehört. So war nicht nur die Neugierde, sondern auch die Erwartungshaltung hoch. Ersteres konnten befriedigt werden und Zweiteres wurde voll erfüllt. Bereits nach seinem zweiten Song aus seinem aktuellen Album "Walking On The Edge of the World" hatte Doug Seegers das Publikum auf seiner Seite, welches ihm bis zum Ende seines Auftritts an den Lippen hing. Mit seinem Auftritt beim European Country Festival 2016 konnte Doug Seegers eine gelungene Premiere feiern und den Grundstein für seine kommenden Konzerte im deutschsprachigen Raum legen. (Tickets online bestellen).
Die nachfolgende und zweifache ACMF Award Gewinnerin Marina Jay bewies Mut. Gemeinsam mit Nik Poremba betrat sie die Bühne und eröffnete ihr Programm mit "Amazing Grace". Nicht nur, dass der Song ein schwer zu singendes Lied ist, auch muss man genau das richtige Maß an Emotionen in die Stimme legen. Der Mut zahlte sich aus und eine weitere Überraschung beim European Country Festival 2016 war gelungen. Die Stimmen von Marina Jay und Nik Poremba harmonierten perfekt und boten dem Publikum einen Rückblick in die klassische Country Music à la "Coal Miners Daughter" von Loretta Lynn.
Laura van den Elzen hingegen musste den Beweis antreten, dass DSDS-Teilnehmer auch wirklich singen können und nicht nur Dieter Bohlen gefallen müssen. Allen Unkenrufen zum Trotz, schaffte die Niederländerin das spielend. Jeder, der Laura van den Elzen einmal live gehört hat, weiß, dass eine Hammerstimme hinter dem zarten Äußeren schlummert. Gekonnt sang Laura van den Elzen nicht nur Country-Klassiker wie "Jolene" von Dolly Parton, sondern auch die Songs, die sie bei DSDS weitergebracht haben: "Total Eclypse of the Heart" und "Black Velvet". Apropos DSDS - als Überraschungs-Duett-Partner trat Mark Hoffmann für zwei Duette, darunter "Calm After Storm" von den Commen Linnets, auf die Bühne. Der Sechsplatzierte hatte offenbar an der Country Music Gefallen gefunden und beim European Country Festival 2016 seinen Spaß. Drei kleine Wehrmutstropfen gab es dennoch: Zum einen verließ Laura van den Elzen in der Mitte der Show die Bühne, um ihrer Begleitband Jambalaya die Möglichkeit zu geben, sich mit zwei Songs vorzustellen. Dieses war aber völlig unnötig, da die Jungs am Sonntag einen eigenen Auftritt hatten. Zum anderen brachte Laura van den Elzen den Text von Dolly Partons "Nine to Five" durcheinander und der wohl größte Tropfen war die Songauswahl, die hervorragend zu Laura van den Elzens Stimme passte, aber ein wenig schwer anmutete. Ein wenig mehr Pep hätte dem Setlisting gutgetan, wie zum Beispiel bei der Darbietung von "Proud Mary". Da hätte es etwas mehr Show auf der Bühne bedurft.
Das Publikum beim European Country Festival 2016 war in so guter Stimmung, dass es über die kleinen Hindernisse hinwegblickte und spätestens beim Auftritt von Home Free war alles vergessen. Die A-cappella-Band hatte das Publikum schon nach den ersten Tönen auf ihrer Seite. Ohne Ansage betraten die Sänger die Bühne, legten los und der Saal tobte. Die Menschen, die auf den hinteren Sitzbänken saßen, standen auf einmal jubelnd applaudierend auf den Tischen und die Masse brachte mit ihrer Begeisterung die Band das eine und andere Mal aus den Konzept. Es war völlig egal, welches Lied das Quintett anstimmte, ob die eigene Interpretation von "Wagon Wheel", "Nine to Five" oder das Home Free Original "Champagne Taste (On a Beer Budget)" – die Zuschauer waren restlos begeistert. Falls es mitgeschleppte Nicht-Country-Fans auf dem European Country Festival 2016 gegeben hat, brachen selbst diese in Jubelstürme aus, als Adam Rupp beatboxte. Nichts ging mehr im Festzelt - Ekstase pur. Selbst bis in die hinteren Ecken des Backstage-Bereich war jeder Besucher oder Angestellter sprachlos und restlos begeistert.
Den musikalischen Abschluss am Samstag übernahmen Ronny Nash & His Whiteline Casanovas. Deutlich motivierter als beim letztjährigen European Country Festival präsentierte sich der Country-Sänger aus Deutschland in diesem Jahr. Gekonnt wusste er das Publikum mit einem gesunden Mix von Cover-Versionen zu unterhalten und als die Sperrstunde bereits vorbei war, - die Sonne drohte langsam wieder aufzugehen - setzte sich die Band für den harten Kern der Besucher des Festivals an den Bühnenrand und gab ein paar Songs akustisch zum Besten. Gelungen!
Sonntäglicher und würdiger Ausklang beim European Country Festival 2016
Am Sonntag, den 25. September 2016, zog es bereits mehrere hundert Fans ab 9:00 Uhr in das Zelt des European Country Festivals 2016. Der Veranstalter bot ein deftiges Cowboy-Frühstück mit reichlich Kaffee, Speck und Rührei vom Strauß.
Ab 10:00 Uhr stand dann Jambalaya auf der Bühne. Die dänische Band wirkte unkonzentriert und irgendwie vom gestrigen Tag übriggeblieben. Lange Pausen zwischen den Songs und eine schlechte Songauswahl ließen am Anfang keine rechte Stimmung aufkommen. Immer wieder sich musste der Leadsänger mit seiner Band abstimmen, welche Songs gespielt werden, die er selbst nicht zu beherrschen schien, denn sein Blick huschte immer wieder über den, am Mikrophon-Ständer angebrachten, Tablet-Computer. Dann unterbrach die Band das Set auch noch, um eine Pause einzulegen. Auch wenn die Songs durchaus professionell vorgetragen wurden, hätte hier ein wenig mehr Vorbereitung gutgetan.
In der nachfolgenden Umbauphase trat dann die Jenbacher Bundesmusikkapelle mit in einer 40 Mann/Frau starken Formation auf und brachte das Publikum zunächst mit dem "Radetzky Marsch" im Stimmung. Es folgten Klassiker wie "Happy Days Are Here Again!" und ein Medley von Truck-Stop-Liedern. Ein gewagtes, aber geglücktes Experiment.
Zum Abschluss trat Tarso Miller auf, um das European Country Festival 2016 zu beschließen. Der in der Slowakei lebende Brasilianer gab eine Honky-Tonk-Show zum Besten und verabschiedete die Gäste in einen frühen Sonntagnachmittag mit strahlendem Sonnenschein und in die atemberaubende Atmosphäre der Location, am Eingang zu den Karwendeltälern. Eine filmreife Kulisse, umgeben von den tiroler Bergen und grasenden Kühen auf den grünen Nachbarwiesen.
Die Besucher vom European Country Festival 2016 bekamen eine bunte Mischung präsentiert, die alle Facetten der Country Music aufzeigte. Mit der Gästeliste hat sich der Veranstalter in die obere Liga der Country Festivals in Europa katapultiert. Auch wenn einige wenige Künstler den Schlendrian lieber Zuhause gelassen und etwas mehr Professionalität an den Tag hätten legen sollen. Das Festival bot unter dem Strich die ideale Gelegenheit, neben den Highlights auch neue und begabte Künstler kennenzulernen - nur müssen diese dann auch diese Gelegenheit ergreifen. Dazu werden einige Country-Künstler 2017 die Chance erhalten, denn das European Country Festival findet im nächsten Jahr erneut statt. Als Termin ist der 16. bis 18. Juni 2017 angedacht.