Wer wissen möchte, wo Dolly Rebecca Parton herkommt, sollte sich am besten nach Tennessee aufmachen. Mitten hinein in die Smoky Mountains, südlich von Nashville. Hier, bei Pigeon Forge, einem heute ziemlich hässlich auf Tourismus gebürsteten Erholungsort, unterhält die Country-Königin ihr Reich: Den Dollywood-Themenpark. In dem rund 80.000 Quadratmeter großen Areal gibt es in Disneyland-Manier vieles zu bestaunen: Eine Dampflock, Fahrgeschäfte, Restaurants, Theater, Musikbühnen und nachgebildete Handwerksbetriebe aus der Zeit, als der Westen noch wild war. Inmitten dieser Spielstätten und Buden findet sich auch das "Chasing Rainbows" - das Dolly Parton-Museum.
Dolly Parton: Die Country-Königin kam als Aschenbrödel zur Welt
Manches dürfte nach einem Dollywood-Besuch in Vergessenheit geraten. Sicher aber nicht das Museum mit der Rekonstruktion ihres Geburtshauses und, sagen wir mal, ihres "Zimmers": ein Bretterverschlag, mehr nicht, in einer Holzhütte ohne Strom und ohne Toilette. Karg und noch karger. Diese Nachbildung ihrer persönlichen Wurzeln hinterlassen, da bin ich mir sicher, bei jedem Besucher einen nachhaltigen Eindruck. Es zeigt, dass die Queen of Country Music als armes Aschenbrödel zur Welt kam. In vielen ihres mittlerweile über 5.000 Lieder umfassenden Song-Katalogs thematisiert Dolly Parton ihr frühes Leben in der rauen Welt der Smoky Mountains. In Titel wie "Home" zeichnet sie dennoch ein idyllisches Bild ihrer Kindheit. "Das ist normal", sagte sie vor einigen Jahren im Gespräch mit CountryMusicNews.de, "rückblickend überhöht man die Vergangenheit. Aber letztendlich ist das, wie in 'Home' beschrieben, meine Erinnerung: das Aufwachsen in einer großen, tollen Familie inmitten herrlicher Natur."
Auch das Museum erzählt davon, dass Dolly Parton mit ihren Eltern und ihren elf Geschwistern in einem Bach gebadet und die Wäsche gewaschen hat, dass sie Hasen, Eichhörnchen und Murmeltiere gegessen haben, dass in der DNA der Partons aber auch ein musikalisches Talent implementiert gewesen sei. Neben Dolly Parton haben es schließlich auch Schwester Stella und Bruder Randy zu leidlich musikalischen Erfolgen gebracht. Wer weiß, vielleicht waren sie sogar ähnlich talentiert wie Dolly. Doch: Sicher waren sie nicht so ehrgeizig und zielbewusst wie sie. Auch darüber gibt das Museum Auskunft: "Ich habe mir immer Ziele gesteckt. Auf Zetteln habe ich mir zum Beispiel immer irgendwelche Motivationssätze geschrieben, die habe ich dann an meinen kleinen Spiegel oder an die Tür geheftet. So hatte ich meine Ziele immer im Blick."
Der Rest der Dolly Parton-Geschichte ist längst Teil der Kultur-Folklore: ihr Aufstieg zum Country-Star, ihre Hollywood-Karriere, ihre Klassiker wie "Jolene", "9 to 5" oder "I Will Always Love You" oder ihre zahlreichen Schönheitsoperationen. Das alles wurde unzählige Male thematisiert und immer wieder neu erzählt. Dabei sorgt die Sängerin und Songschreiberin auch heute noch regelmäßig für Gesprächsstoff - und dazu für positive Schlagzeilen. Zuletzt, als bekannt wurde, dass sie mit einem Millionenbetrag die Forschung nach dem Corona-Impfstoff von "Moderna" finanziell unterstützt hat.
Typisch Dolly Parton, kann man da nur sagen. Schließlich hat sie in der Vergangenheit immer wieder soziale und karitative Organisationen und Projekte unterstützt. 2016 gründete sie nach den Waldbränden in Tennessee beispielsweise "My People Fund", um betroffenen Familien zu helfen. Weitere Spenden für das Amerikanische Rote Kreuz und für die AIDS-Hilfe folgten. "Ich bin sicher, dass viele, viele Millionen Dollar von vielen Menschen in diese Forschung geflossen sind", sagte Parton kürzlich in der BBC "The One Show" über ihr aktuelles Corona-Impfstoff-Engagement, "aber ich bin stolz, Teil des Startes gewesen zu sein."
Country-Sängerin mit großer Stimme und noch größerem Herzen
So viel steht fest: Unterkriegen lässt sich Dolly Parton von einem blöden Virus nicht. Aber Pläne durchkreuzen, das kann Corona allemal. So war eigentlich geplant, dass Linda Feller, die deutsche "Dolly" - anlässlich der Neuaufnahme ihres frühen Dolly-Parton-Covers "Apple Jack", für Ihr Album "35 Jahre - Das Jubiläumsalbum" - im letzten Jahr nach Tennessee reist. Sie wollte, vielleicht sollte man besser sagen "durfte" gemeinsam mit Dolly Parton jenen "Apple Jack"-Song neu einsingen. Was für eine schöne Idee: Die beiden Country-Ladies gemeinsam im Studio, sich ein Mikrofon teilend, sich gegenseitig anfeuernd. Nun ja, Corona hatte da natürlich was dagegen und so musste man sich gegenseitig die Soundfiles zuschicken. Klangtechnisch ist das heute kein Problem mehr. Aber emotionaler wäre sicher das persönliche Treffen gewesen.
"Gewiss", sagt Linda Feller, "doch Dolly hat mir ein persönliches Video zugeschickt, in dem sie einerseits bedauert, dass es zum persönlichen Treffen nicht kam. In dem sie aber andererseits sagt, dass sie mich sofort nach Nashville einlädt, sobald das wieder möglich ist. Dann möchte sie mit mir den Song live in Nashville singen." Für Feller ist das ein "künstlerischer Ritterschlag". Mehr geht nicht. Schließlich ist Dolly Parton auch für sie die Größte. "So eine hat es vorher nicht gegeben - und so eine wird es auch in Zukunft nicht mehr geben. Sie ist die Königin." Eine Regentin mit großer Stimme und mit einem vielleicht noch größeren Herzen. Happy Birthday, Dolly!