Der Klang kommt nicht von ungefähr, denn Ry Cooder hat ordentlich Erfahrung im Schreiben von Soundtracks. Bei über 20 Filmen steuerte er die Musik bei, allem voran natürlich dem 1984 erschienenen Film "Paris, Texas" von Wim Wenders. Auch zum letztjährig erschienenen Film "Hell or High Water" oder dem diesjährigen Oscar-Kandidaten "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" würde sich "The Prodigal Son" ausnehmend gut machen.
Ry Cooder weiß wovon er spricht
"The Prodigal Son" bedeutet auf Deutsch ungefähr so viel wie "Der verlorene Sohn". Und genau darum geht es irgendwie auch in Ry Cooders Texten. Cooder singt von Verlust und Gewinn, von Armut und Reichtum, von Glaube und Irrglaube. Und abnehmen tut man ihm die Worte allemal. Cooper, der in seinem Leben ständig neue Standards setzte, dem aber der große Erfolg stets verwehrt blieb.
Deswegen fühlen sich die Texte auch echt an. Wenn Cooder von Löchern in Wänden ("Gentrification") oder dem Leben auf der Straße ("Straight Street") singt, dann fühlt es sich so an, als hätte der Meister der Slide-Gitarre eben diese Erfahrungen in seinem Leben gemacht. Vielleicht darf gerade deshalb Gott nicht fehlen. In vielen Liedern von "The Prodigal Son" spielt Religion eine große Rolle. Wodurch sich am Ende dann auch die Metapher des verlorenen Sohns schließt.
The Prodigal Son ist experimentell
Ry Cooder war schon immer bekannt für seine unorthodoxen musikalischen Wege. Was natürlich auch ein Grund für den fehlenden finanziellen Erfolg des Musikers war. Cooder zog das Neue, das Experimentelle immer dem Mammon vor. Das machte ihn zwar in der Musikszene unsterblich (so belebte er mit "Buena Vista Social Club" den schon totgeglaubten Musikstil "Son Cubano" sehr erfolgreich wieder), spülte aber nie viel Geld in seine Kasse.
Diese Experimentierfreudigkeit findet sich auch auf "The Prodigal Son". Im sehr düsteren "Nobody's Fault But Mine" mischt er indische Klänge in spartanisch gezupfte Gitarrensoli. Auch "Jesus And Woody" und "In His Care" sind eher spirituell-experimentell, als melodiös und rhythmisch. Darauf muss man sich einlassen.
Mit Gott und vielen Instrumenten
Ry Cooder ist ein wahres Multitalent. Für "The Prodigal Son" spielte er fünf unterschiedliche Instrumente ein und ist natürlich zudem noch der Haupt-Vocal. Das muss ihm erst einmal jemand nachmachen. Dabei sind manche Songs, wie beispielsweise "Straight Street", "Shrinking Man" und "Gentrification" unglaublich eingängig, ohne ihren Charakter zu verlieren. Dagegen stehen die verschiedenen sperrigen Songs gegen Ende des Albums. Es ist, als wolle Cooder zeigen, wie einfach ihm ein eingängiges Musikstück gelingt. Als wäre alles einfach in Cooders Kopf und er müsste es eben nur aus den Fingern spielen.
Apropos Kopf: Darin ist auch Gott und der christliche Glaube. Deswegen sind viele Songs vom neuen Album sehr spirituell. Daran könnte sich der ein oder andere stören. Wer kein Problem damit hat, erfreut sich an teils sehr experimenteller, teils unglaublich eingängiger Country Music, die mit Blues und Folk durchzogen ist und Bilder impliziert, die man aus Neo-Western und Roadmovies kennt.
Fazit: "The Prodigal Son" von Ry Cooper zielt nicht auf den Massenmarkt. Trotzdem gelingt dem Musiker ein, zum größten Teil, eingängiges Album.
Label: Perro Verde / Fantasy (Universal) | VÖ: 11. Mai 2018 |
01 | Straight Street |
02 | Shrinking Man |
03 | Gentrification |
04 | Everybody Ought to Treat a Stranger Right |
05 | The Prodigal Son |
06 | Nobody's Fault But Mine |
07 | You Must Unload |
08 | I'll be Rested When The Roll is Called |
09 | Harbor of Love |
10 | Jesus and Woody |
11 | In His Care |