Es gibt drei verschiedene Arten von Künstlern. Da sind die Newcomer, die sich ihre Sporen erst noch verdienen wollen. Dann gibt es die Stars und Superstars, die schon lange erfolgreich im Geschäft sind und konstant neue Alben herausbringen. Mal von guter, mal von weniger guter Qualität. Und dann gibt es da noch die Legenden, die nichts mehr beweisen müssen. Die alles erreicht haben. Die jeden Preis gewonnen haben, jede Ehrung entgegengenommen haben und Musik nur noch aus einem Grund machen: Weil sie es lieben Musik zu machen. Bob Seger gehört definitiv zur letzten Kategorie. 27 Platin-Auszeichnungen, eine Diamant-Auszeichnung (man muss auch erst einmal wissen, dass es so etwas gibt) und die Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame. Wow!
Was für eine Energie
Bob Seger ist mit seinen 72 Jahren nun wirklich kein junger Hüpfer mehr. Und wie angemerkt hat er auch schon einige Erfolge auf dem Buckel. Gerade deshalb ist es einfach Wahnsinn, was für eine unglaubliche Energie "I Knew You When" verströmt. So eine Power findet man sogar auf Alben deutlich jüngerer Künstler selten.
Im Gegenteil, man hat das Gefühl der Gedanke an einen Ruhestand hätte bei Bob Seger nie ferner gelegen. Jedes Lied strotzt vor solcher Kraft, dass es einen aus den Socken pustet. Balladen gibt es deshalb auch so gut wie gar nicht. Stattdessen kraftvolle Riffs und harte Hooklines. Ja genau, "I Knew You When" ist ein klassisches Rock-Album.
Country Music höchstens im Ansatz
Bob Seger fährt auf seinem neuen Album alles auf, was musikalisch zu bieten ist. So gut wie jedes Instrument hat es auf das zehn Lieder umfassende Album geschafft. Vom Becken bis zum Saxophon. In manchen Liedern, wie etwa in "The Highway" oder "The Sea Inside" kracht sogar ein ganzes Orchester aus den Lautsprechern. Das alles ist so gewaltig, dass es einen mit voller Wucht umhaut.
Country Music findet man dabei fast gar nicht. Ansätze sind im titelgebenden Song "I Knew You When" und vielleicht noch in "Democracy" zu finden. Das war es aber auch schon. Der Rest ist reiner Rock in allen Facetten, die er in den Jahren so hervorgebracht hat. Mal sanft mit Chor wie in "Marie", mal knallhart mit knarzigen Gitarrensoli wie in "Runaway Train".
Ehrlich aber nicht immer treffend
Im Großen und Ganzen ist "I Knew You When" ein überaus gelungenes Album, auch wenn der Country Music-Anteil gering ist. Zudem sind manche Lieder leider nicht so gelungen, dass man von einem durchweg starken Album sprechen kann. Stücke wie "Something More" oder eben auch "The Sea Inside" (trotz machtvollem Orchester) sind allenfalls guter Durchschnitt und laden bei mehrmaligen Durchhören wohl am ehesten zum Überspringen ein. Dies sind aber nur kleine Misstöne.
Trotzdem muss gesagt werden, wer sich mit Rock partout nicht anfreunden kann und auf neues Country Music-Futter wartet, sollte einen Bogen um dieses Album machen. "I Knew You When" ist an einigen Stellen so hart, dass sogar Kid Rock die Ohren anlegen würde. Fans von Bob Seger werden aber sicherlich glücklich.
Fazit: Knallhart und laut: In "I Knew You When" dreht Bob Seger noch einmal so richtig auf!
Label: Capitol (Universal) | VÖ: 17. November 2017 |
01 | Gracile |
02 | Busload of Faith |
03 | The Highway |
04 | I Knew You When |
05 | I'll Remember You |
06 | The Sea Inside |
07 | Marie |
08 | Runaway Train |
09 | Something More |
10 | Democracy |
11 | Forward Into The Past |
12 | Blue Ridge |
13 | Glenn Song |