Mit "No Rules" legt sie nun ihr neues Werk vor. In Amerika war sie damit nicht so sonderlich erfolgreich - bei Platz 69 war in den Country-Charts Zapfenstreich. Eine Enttäuschung. Unberechtigterweise, denn das Album hat einiges zu bieten. Country spielt im Verlauf der 14 Titel nämlich nur eine untergeordnete Fiddel. Ihr Ding ist bei der von Michael A. Curtis produzierten CD der Soul. Deshalb steht die kecke, blauäugige Musikerin bei diesem Werk einer Aretha Franklin wesentlich näher als Patsy Cline oder Dolly Parton.
Wie ernst es Rebecca Lynn Howard mit dem Black-Music-Genre ist, beweist sie gleich im Opener: "Shakey Ground", ein Titel von Jeffrey Bowen, Al Boyd und Eddie Hazel, geht in bester Stax-Manier los: Eine knurrende, wummernde Orgel, ein knochentrockener Beat, akzentuierte Gitarrenriffs und dann die kräftige, temperamentvolle Stimme von Rebecca Lynn Howard. Da kommt Freude auf...
Wie üblich spielt die Sängerin aus den Appalachian Mountains in den ersten Tracks ihre verschiedenen emotionalen Trümpfe aus. Im nächsten Titel "New Twist On An Old Groove", eine Eigenkomposition mit Unterstützung von Produzent Michael Curtis, drosselt sie das Tempo. Ein vielhörniges Gebläse blitzt auf und sorgt für einen noch traditionelleren Soul-Anstrich - was auch für die nachfolgende Ballade "Do Right Woman - Do Right Man" gilt.
So ähnlich geht's auch in den nächsten Titeln weiter: "Soul Sisters" (Titel ist Programm!), die leise Ballade "What Dying Feels Like", das an frühe Tina-Turner-Tage erinnernde "Better Someday" oder das verdächtig nach Wynonna klingende "Just Let It Burn" bieten soliden Soul; beherzt gesungen und jeweils (co-)komponiert von Rebecca Lynn Howard. Alle Achtung!
Bis sich allerdings unverkennbare Countrytöne einschleichen, rattert der CD-Player bis zu Song Nummer neun: "Sing 'Cause I Love To". Der gefühlvolle Mischling aus Country, Blues und Rock entstand gemeinsam mit Alternative-Countrystar Rodney Foster. Für das nachfolgende "Real Love" machte sie mit Alabama-Bassist/Gitarrist Teddy Gentry gemeinsame Sache. Wer die Handschrift des subtilen Songschreibers kennt, erwartet eine Ballade - und bekommt auch eine. Ach was, es ist DIE Ballade des Albums. Und gemeinsam mit dem später folgenden, traditionell angehauchten "The Life Of A Dollar" der Titel mit der würzigsten Country-Geschmacksnote. Neben einem typischen LeAnn-Rimes-Country-Pop-Song ("I'm Over You") und dem furios rockigen "Throw It Down" überrascht sie mit ihrer Interpretation von "We're In This Love Together". Okay, der Titel stammt aus der Feder von Alan-Jackson-Produzent Keith Stegall. Einen Hit landete damit aber vor rund 20 Jahren Jazzsänger Al Jarreau. Und der ist von Country so weit entfernt, wie Nashville von New York. Mindestens...
Fazit: Rebecca Lynn Howard flirtet heftig mit dem Soul. Das macht sie prima, oft genug vollauf überzeugend. Das erhoffte Countryfeeling bleibt dafür leider meist auf der Strecke. Eine gute CD ist "No Rules" aber dennoch -nur nicht für Country-Puristen.
Label: Rykodisc (rough trade) | VÖ: 27. Juni 2008 |
Titelliste
Links
01 | Shakey Ground | 08 | As One As Two Can Be |
02 | New Twist on an Old Groove | 09 | Sing 'Cause I Love To |
03 | Do Right Woman - Do Right Man | 10 | Real Love |
04 | Soul Sisters | 11 | I'm Over You |
05 | What Dying Feels Like | 12 | The Life of a Dollar |
06 | Better Someday | 13 | We're in This Love Together |
07 | Just Let It Burn | 14 | Throw It Down |