Im Gegenteil, möchte man fast sagen. Alles andere wäre für einen aufrechten Kerl wie ihn auch unpassend. 1964 in Greenville, Mississippi geboren, mit vier Geschwistern aufgewachsen, Papi betrieb den ersten Schnapsladen des Bundesstaates - und hörte ständig Blues und Country. Wenn das nicht ideale Voraussetzungen für eine Musikkarriere sind? Sie sind es. Mit zehn Jahren schreibt Steve Azar seine ersten Songs, mit 14 kann er leidlich gut mit einer Gitarre umgehen. Seine Eltern unterstützen den talentierten Knirps und finanzieren ihm eine Session in Nashville. "Damit war es um mich geschehen, da wusste ich, dass ich Musiker werden möchte." Es dauerte nicht lange, da war Steve Azar ein regionaler Star, mit über 200 Auftritten im Jahr. Trotzdem reichte es nicht zum großen Wurf. Dann das übliche: Umzug nach Nashville, Klinkenputzen, Chancen, Versprechungen, Misserfolge, Neuanfänge, kleine und größere Schicksalsschläge und unzählige geschriebene Songs.
So eine Bio liest sich nicht nur gut. Es ist auch der Boden, auf dem ehrliche, authentische, berührende Titel gedeihen. Songs wie "You Don't Know a Thing", ein flotter Countryrocker, komponiert von Azar gemeinsam mit Country-Outlaw Radney Foster, mit dem er auch das überraschend sonnig-fröhliche "You're My Life" entwarf. Einen ersten Höhepunkt der CD bietet der vierte Titel, "Still Tryin' to Find My Way Around". Im Team mit Neal Coty und Phillip B. White gelang Azar hier eine echte Country-Rock-Perle. Wie aus einem Tagebuch berichtet der Sänger mit einer gleichermaßen angerauten wie einschmeichelnden Stimme vom Suchen und Finden seiner Selbst - und dass das Leben ja ein ständiger, sich ewig wiederholender Lernprozess sei ("...I'm in the middle of nowhere without a map...").
Neben erdigem, eher an Austin-Produktionen erinnernden Countryrock hat Steve Azar aber auch andere Klangfarben und Stilmittel im Repertoire: staubigen Bluegrass zum Beispiel ("Empty Spaces"), großes Gefühlskino mit Geigen, Klaviergeschmetter und sehnsüchtigen Slidegitarren ("The River's Workin'" - ein echter Knaller!), typische Tim McGraw-Melodien ("The Coach") und natürlich - seine Roots lassen grüßen - dampfenden Blues. Bei "Prelude" gibt er die akustische, bei "Flatlands" die rockende, gleichermaßen an die Stones und Lynyrd Skynyrd gemahnende Version. Mit dem rockenden Titeltrack verabschiedet sich der routinierte Newcomer. Hoffentlich nicht zu lange, denn Steve Azar ist eine echte Belebung der Szene.
Fazit: Countryrock mit Folk-, Blues- und Bluegrass-Elementen, stilsicher und geschmackvoll veredelt. Eine raue Produktion mit Charme und glaubwürdigen, weit über dem Durchschnitt stehenden Songs.
Label: Dang (in Deutschland nicht erschienen) | VÖ: 27. Mai 2008 |
Titelliste
Links
01 | Crowded | 08 | I Won't Let You Lead Me Down |
02 | You Don't Know A Thing | 09 | The Coach |
03 | You're My Life | 10 | Prelude (Home) |
04 | Still Tryin' to Find My Way Around | 11 | Flatlands |
05 | Empty Spaces | 12 | Bluestune |
06 | What's Wrong With Right Now | 13 | Indoanola |
07 | The River's Workin' |