Auf ihrem zweiten Album "Otherness" spannen Ferris & Sylvester einen weiten musikalischen Bogen
Ferris & Silvester, das sind Sängerin Issy Ferris und Gitarrist Archie Sylvester, und, ja, sie haben den Bluesrock wirklich höchst kompetent im Repertoire. Aber: nicht nur. Je länger das 14 Tracks umfassende Album "Otherness" läuft, desto facettenreicher und vielfältiger zeigen sich die zwei. Klarer Fall: Ferris & Sylvester darf man getrost als echten musikalischen Geheimtipp bezeichnen. Oder noch besser: als eine vielversprechende Neuentdeckung des noch jungen Jahres.
Ferris & Sylvester spannen einen weiten musikalischen Bogen
Im Jahr 2016 haben sich die Wege von Issy Ferris und Archie Sylvester in der Londoner Musik-Szene gekreuzt. Beide waren auf Solo-Kurs. Und beide, nun ja, eher mittelprächtig erfolgreich. Die Chemie muss bei den beiden auf Anhieb gestimmt haben, jedenfalls hat es nicht lange gedauert, da haben sie schon gemeinsam Songs geschrieben. Und privat ist man sich auch nähergekommen, die beiden sind längst ein Paar. Musizierende Ehepaare gibt es ja einige in der Musikgeschichte: Sonny & Cher in den 60ies oder die Tedeschi Trucks Band oder Buddy & Julie Miller. Und natürlich: Lindsay Buckingham und Stevie Nicks, die - bevor sie in den 70ern bei Fleetwood Mac einstiegen - ebenfalls ihr Paar-Projekt an den Start brachten.
Ein bisschen was von den Genannten schwingt auch bei Ferris & Sylvester im Verlauf von "Otherness" mit: Mal geht es in nostalgische Hippie-Gefilde, mal steht Folk auf dem Programm und ein anderes Mal geht es, wie bei der Tedeschi Trucks Band üblich, herzhaft mit Southern-Bluesrock-Sounds zur Sache. Dass die beiden ein Faible für die späten 60er und 70er Jahre haben, lässt sich jedenfalls nicht verleugnen. Nehmen wir nur mal den Track "Imposter", bei dem die beiden - angetrieben von einer kompetenten Backing-Band - ganz auf soulige Blues-Rock-Mission gehen. Nach Schlaghosen und Rüschenhemden klingt dagegen das anschließende "Don't Fall in Love with Me", ein Track mit jeder Menge Glamrock-Vibes.
Starke Musik mit vielen Facetten: "Otherness"
Bei dem anschließenden Song "Mother" schalten sie einige Gänge zurück - und inhaltlich nach oben: ein tiefgehender Country-Folk-Track, bei dem sie tatsächlich an die eine oder andere Glanztat von Buckingham Nicks erinnern. Spätestens hier wird deutlich, warum Ferris & Sylvester 2023 für ihr Debüt-Album "Superhuman" mit einem "UK Amerciana Award" ausgezeichnet wurden. Auch wenn sie mit "End of the World", "Rain" und dem finalen, im synkopierten Drei-Viertel-Takt gehaltenen "Love is Real" weitere Folk-Perlen vorlegen, sind Ferris & Sylvester genauso wenig eine typische Americana- wie eine normale Bluesrock-Band.
"Wir machen unser eigenes Ding - und das geht mal in diese, mal in jene Richtung", erklärten uns die beiden kürzlich im Interview (das ausführliche Gespräch veröffentlichen wir am 17. März 2024). Mit welchem Kaliber man es mit den beiden zu tun hat, wird vielleicht ausgerechnet im kürzesten Track des Albums deutlich, in dem nur eine Minute 40 Sekunden langen Intro von "Rain": Hier beweist Issy Ferris als Sängerin internationale Top-Klasse. Wenn sie den Track alleine einläutet, stellt sie eine bluesige, kraftvolle Stimme aus, die sie mit unglaublichem Feeling einzusetzen vermag. Wenn dann noch Gatte und Meister-Gitarrist Archie Sylvester einsteigt, ist alles klar. Die beiden haben's drauf!
Fazit: Auf ihrem zweiten Album "Otherness" spannen das britische Duo Ferris & Sylvester einen weiten Bogen - von Bluesrock bis zu sensiblem Rock ist alles da. In top Qualität dazu.