Eine Route, die sie nicht über ausgelatschte Mainstream-Pfade führt, sondern stilistisch querfeldein - Soul, Blues und natürlich Country inklusive.
Jaime Wyatt: der musikalische und persönliche Kurs stimmen
Eine gute Nachricht verspricht aber auch der Albumtitel zu sein: "Feel Good". Herrlich! Ein Bekenntnis zum eigenen Wohlbefinden. Kein Wehklagen, kein Meckern über ein Zipperlein oder gar die schiefe Weltlage. Nein, alles im Lot. Bei einer nachdenklichen und mitunter tiefschürfenden Songautorin wie Jaime Wyatt ist das alles andere als selbstverständlich. Immerhin, wir erinnern uns, packte sie mit ihrem 2017 erschienenen Debüt-Album "Felony Blues" so heiße Eisen wie Kriminalität, Drogensucht, Depressionen und - immerhin - Heilung an. Nun ja, so wie es scheint hat sich letzteres durchgesetzt: "Feel Good". Da kommt Freude auf.
Natürlich auch, sobald man in das neue, elf Songs starke Album einsteigt. "World Worth Keeping" heißt der Eröffnungstrack. "Erhaltenswerte Welt". Ein Songtitel, wie ihn sich Greta Thunberg nicht besser hätte ausdenken können. Doch keine Sorge, Jaime Wyatt schlägt bei dem Song nicht bekümmerte Protestsong-Klänge an und ein mahnender Zeigefinger wedelt natürlich auch nicht herum, ganz im Gegenteil: der Track ist ein im Motown-Groove (die Viertel straight auf die Snare) angelegter Song mit ganz viel Soul im Gepäck. Wer zufällig den Wynonna & The Big Noise-Song "Staying In Love", aus der Feder von Neo-Soul-Künstler Raphael Saadiq im Ohr hat, bekommt von dem Song eine Vorstellung. Im Gegensatz zur Wuchtbrummen-Wynonna geht Jaime Wyatt ihren Vortrag aber wesentlich subtiler an. Sie schleicht sich an den Song förmlich an und steigert von Strophe für Strophe die Dynamik. Ein cooler Opener. Vor allem, weil sie auch eine große Portion Vintage und Nostalgie serviert: eine wummernde Orgel, ein Fender-Piano, ein souliger Chor. Ein Track, der neben Wynonna auch jederzeit Sheryl Crow oder, eine Generation früher, Janis Joplin gut zu Gesicht stehen würde.
In dieser Tonlage geht es weiter. Selbst dann, wenn der Song "Back to the Country" heißt. Denn anstatt von Fiddle und Pedal Steel geben ganz im Rhythm and Blues sozialisierte Gitarrenriffs - Keith Richards lässt grüßen -, knochentrockene Beats und klimpernde Keyboards den Ton an. Ein starker, ebenfalls ganz auf Retro gebürsteter Song, mit Piano- und Gitarren-Solo und mit einer Sängerin, die zwar erste Mitte der 1980er Jahre geboren ist - die sich aber die Vibes der Sixties und Seventies draufgeschafft hat. Kompliment!
"Feel Good": Gut gelaunter Country-Soul mit Retro Touch
Das zeigt sich auch in "Althea", ein schon eher im Country-Sound beheimateter Track. Vor allem aber ist es ein sehr bluesiger Song mit Folk-Rock-typischen Melodien im Refrain. Ganz klar, Jaime Wyatt hat sich bei ihrem neuen Album "Feel Good" auf Zeitreise begeben. Sie macht das auch in den Coverfotos deutlich, welche die Sängerin mit einer Rita-Coolidge-Friseur und 70er-Jahre-Styling zeigen. Vielleicht ging es bei dem Trip in die Vergangenheit auch in die späten 60er Jahre? Schließlich beschwört sie in "Love is a Place" ganz in Hippie- und Flower-Power-Manier die göttliche Kraft der Liebe. Auch das: ein starker, dazu süßer Track mit super-positiver Message und dezent eingestreuter Gospel-Spiritualität.
"Feel Good", ganz klar, sie meint es damit absolut ernst. Das zeigt sich auch im Titeltrack, im traurig-schönen "Hold Me One Last Time", im romantischen "Moonlighter" und auch im unbeschwert die Vergangenheit huldigenden "Jukebox Holiday". Ernstere Töne schlägt Jamie Wyatt zwischendurch natürlich auch an: In "Where The Damned Only Go" etwa, oder in "Fugitive" oder in dem herrlichen Duett mit Butch Walker "Ain't Enough Whiskey".
Fazit: Mit ihrem dritten Album "Feel Good" zeigt sich Jaime Wyatt nicht nur in blendender Verfassung - sie zeigt auch ihre bisher reifste Leistung: Country-Soul mit Retro Touch.
Label: New West (H'Art) | VÖ: 3. November 2023 |
Disk 1 | |
01 | World Worth Keeping |
02 | Feel Good |
03 | Back to the Country |
04 | Love is a Place |
05 | Hold Me One More Time |
06 | Where the Damned |
07 | Althea |
08 | Fugitive |
09 | Jukebox Holiday |
10 | Ain't Enough Whiskey |
11 | Moonlighter |