Schrieb schon Hits für viele Country-Größen: Caitlyn Smith
Ihre eigene Karriere kam dagegen bisher nur sehr, sehr schleppend voran. Ihr 2018 erschienenes Debüt-Album "Starfire" erklomm immerhin Platz 24 in den US-Folk- und Platz 6 der US Heat-Charts. Der nachfolgende Longplayer "Supernova" konnte in keinen der beiden Hitlisten punkten, geschweige denn in den relevanten Pop- und Country-Charts. Doch Aufgeben ist offenbar auch für die heute 36-Jährige keine Option. Warum auch? Die Tantiemenquelle sprudelt ja auch so, außerdem lebt sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Songwriter Rollie Gaalswyk, und ihren zwei Söhnen in Nashville. In Music City USA. Dann bleibt man schon am Ball.
Zum Glück. Denn diese Sängerin und Songschreiberin hat einiges zu bieten. Sie besitzt eine glockenklare, schon fast an Alison Krauss erinnernde Engelsstimme und sie hat ein exzellentes Gespür für wunderschöne Harmoniewendungen, die gleichermaßen eingängig und etwas ungewöhnlich sind. Doch das sind nicht die einzigen guten Voraussetzungen: Bei den 14 neuen Titeln hat sie sich mit einer ganzen Reihe von Top-Songschreibern und Stars zusammengetan. Darunter: Ruston Kelly, Shane McAnally, Bob DiPiero und eine gewisse Miley Cyrus.
Mit letzterer schrieb sie, zusammen mit Jennifer Erin Decilveo, die beiden Opener: Das knapp halbminütige instrumentale Vorspiel "High Intro" und der anschließende Song zu "High". Zunächst würde man wohl kaum auf die Idee kommen, dass hier das Temperamentbündel Miley Cyrus ihre Songwriterinnen-Finger mit im Spiel hat. Denn der Track beginnt in zarter Folk-Tradition, akustisch, ruhig, verhalten. Nach rund einer Minute aber legt der Song nicht nur eine Schippe drauf: er rockt und rollt. Hymnisch. Kraftvoll. Eingängig. Und damit: hitverdächtig!
"High & Low": ein tolles Album einer starken Künstlerin
Nach dem Gastspiel mit dem Superstar umgibt sich die Sängerin mit Co-Autoren, die eher für traditionelles Handwerk stehen. Mit Shane McAnally und Loer McKenna zum Beispiel. Mit den beiden verbrieften Hit-Lieferanten schrieb sie das - wie im Titel angedeutete - träumerische "Dreamin's Free". Ein größtenteils akustisch angelegter Track, dem es im Refrain aber dennoch nicht an Druck mangelt. Ein runder Song. Kein Aufreger. Kein Weltereignis. Sondern ein angenehmer Titel, der - und das ist doch das Schönste, was man über Musik sagen kann - den Hörer/die Hörerin in gute Stimmung versetzt.
Caitlyn Smith mag die gesamte Partitur der Country-, Folk- und Rock-Musik bedienen können. Aber jede Wette: die Dame ist eine Romantikerin. Eine Schwärmerin, ein Gefühlsmensch. Das belegt sie in den meisten der 14 Titel. In der Klavier-Ballade "Lately", in dem, in seiner emotionalen Wucht an die besten Momente von Mary Chapin Carpenter erinnernden "Maybe In Another Life" oder in der Ballade "I Think of You", das sie mit dem liebeskranken Ruston Kelly (dem Ex von Kacey Musgraves) geschrieben hat.
Träume, heißt es so schön, sind Reisen in der Nacht. In Titel wie dem trägen Folksong "Mississippi" und dem sphärischen "Alaska" schickt uns die Sängerin dagegen auf einen Tagtraum, aus dem man eigentlich gar nicht so gerne erwachen möchte. Da ist es gut, dass sie zwischendrin Hallo-Wach-Songs á la "Nothing Against You" bereithält: ein souliger, bluesiger Track mit wuchtigem Laid-Back-Groove, den sie glatt mit einer anderen, wesentlich robusteren Klangfarbe einsingt.
Dass die Träumerin aber auch eine Realistin ist, zeigt sie in dem köstlichen "Writing Songs And Raising Babies". Selten hörte man eine süßere Beschreibung der persönlichen Lebensumstände, wie in diesem Titel. Wie glücklich die Sängerin mit ihrem Leben ist, wird sowohl textlich als auch in den herrlichen Blues- und Soul-Harmonien deutlich. Man gönnt es ihr von Herzen.
Fazit: Eine sympathische, hochtalentierte Sängerin und Songschreiberin, die bisher unter Wert gehandelt wurde: Mit "High & Low" sollte Caitlyn Smith der verdiente Durchbruch gelingen.
Label: Monument (Sony) | VÖ: 14. April 2023 |
Disk 1 | |
01 | High - Intro |
02 | High |
03 | Dreamin's Free |
04 | Lately |
05 | Mississippi |
06 | Good as Us |
07 | Alaska |
08 | Maybe in Another Life |
09 | I Think of You |
10 | Nothing Against You |
11 | Downtown Baby |
12 | Writing Songs and Raising Babies |
13 | I Don't Like the World Without You |
14 | The Great Pretender |