Nickel Creek - Celebrants

CD Cover: Nickel Creek - Celebrants

Nickel Creek veröffentlichen nach neun Jahren Pause ihr neues Album, "Celebrants"

Es wurde schon lange davon gemunkelt. Und von der Bluegrass-, Folk- und Americana-Gemeinde herbeigesehnt: die Rückkehr von Nickel Creek. Nun, das Warten hat ein Ende. Mit "Celebrants" melden sich Chris Thile sowie die Geschwister Sarah und Sean Watkins zurück. Natürlich mit einem Paukenschlag.

Vielleicht hat es solange mit dem -Comeback gedauert, weil das mit einem Grammy ausgezeichnete Trio bei ihrer Rückmeldung etwas ganze Besonderes bieten wollte. Wieder. Schließlich löste ihr Anfang der 2000er Jahre erschienenes drittes und gleichnamiges Album eine kleine Revolution im traditionsreichen Akustik-Genre aus. Nach "Nickel Creek" waren Bluegrass und Folk nicht mehr die gleichen Genres - und sicher zählte das Album zu den Wegbereitern des neu initiierten Roots-Genre namens "Americana".

"Celebrants" - ein Comeback mit Paukenschlag

Da Thile und die Watkins-Geschwister zu dem Zeitpunkt gerade mal um die 20 Jahre alt waren, wohnte ihrem Sound auch eine - für Bluegrass-Verhältnisse - unbekümmert radikale Note inne. Sie waren "progressive Newgrassers", die Grenzgänger und Grenzüberwinder und damit die Blaupause für einen neuen Trend in der Roots-Musik. Wer in diesem Jahrtausend also vom hippen, jungen Bluegrass spricht, meint vielleicht nicht gleich Nickel Creek, kommt aber an diesem seit Kindheitstagen befreundeten Trio nicht vorbei.

Es spricht für die Experimentierfreudigkeit und für den unstillbaren Hunger, Neues zu versuchen, Grenzen und sich selbst auszuloten, dass sie ihr gewinnträchtiges Unternehmen "Nickel Creek" 2014 nach dem Erscheinen von "A Dotted Line" in der Garage parkten. Man ahnte, dass es irgendwann mal wieder hervorgeholt wird. Nur wann, konnte niemand sagen. Zumal alle drei Protagonisten als Solo-Act nicht nur gut beschäftigt, sondern auch enorm erfolgreich waren. Allen voran - natürlich - das Mandolinen-Wunderkind Chris Thile. Er spielte mit den Punch Brothers, mit Jazz-Pianist Brad Mehldau, dem Klassik-Cellisten Yo-Yo Ma und vielen weiteren Acts aus diversen Genres und heimste dafür so manchen Grammy ein. Aber auch Sarah und Sean Watkins ließen in den letzten Jahren immer wieder mit herausragenden Aufnahmen aufhorchen. Beispielsweise Sarahs Side-Project "I'm With Her" (mit Aoife O’Donovan und Sarah Jarosz) das ebenfalls einen Grammy erhielt.

So, und nun machen die drei also wieder gemeinsame Sache. Wer die 18 Tracks von "Celebrants" hört, kann sich vorstellen, wie lange das Trio an den Kompositionen und Aufnahmen gesessen haben muss. Denn: das ist hier kein konventioneller Bluegrass, Folk, Americana oder wie immer man das bezeichnen möchte. Sicher, es ist all' das. Auch. Aber eben noch viel, viel mehr. Im Grunde erübrigt es sich, aus diesem Oeuvre einzelne Tracks herauszupicken. Alle eint eine komplexe Durcharrangiertheit, wie man sie in der Roots-Musik vermutlich noch nie vorher gehört hat. Eine Musik ohne Verschnaufpause. Immer passiert etwas. Und sehr häufig Überraschendes. Mal meint man, Paul Simon während seiner "Graceland"-Phase zu hören und schon im nächsten Takt drängt ein Mandolinen-Solo in eine ganz andere Richtung.

Nickel Creek: blindes musikalisches Verständnis

Zu den herausragenden Qualitäten von "Celebrants" zählen die wundervoll komponierten Harmony-Vocals. In dem lodernden Feuer aus Breaks, Soli, wuchtigen Rhythmen und Akustik-Gitarren-Salven sorgen sie für Entspannung und Entschleunigung. Der geneigte Leser merkt: man könnte mit dieser hier virtuos dargebotenen Musik leicht überfordert sein - und genauso ist es auch. Diese Orgie an Tempo- und Stimmungswechsel fordern nicht nur höchste Aufmerksamkeit, sondern auch ihren Tribut. Wer sich aber auf dieses radikal unkonventionelle Roots-Experiment einlässt, wird mit einer Vielzahl großartiger musikalischer Momente belohnt.

Mit "Celebrants" haben Nickel Creek also mal wieder Grenzen gedehnt und überwunden. Diese Musik hat mit traditionellem Bluegrass freilich so viel zu schaffen, wie ein Banjo in einer Blaskapelle. Nein, "Celebrants" ist, wenn schon, dann eine Bluegrass-Oper. Ein Gesamtkunstwerk, das in seiner üppigen Opulenz - wenn es schon eine Referenz braucht - an Queens "Bohemian Rhapsody" erinnert. Für nicht wenige Musikkritiker ist das immerhin ein Meisterwerk.

Fazit: Bei ihrem Comeback nach neunjähriger CD-Pause setzen Nickel Creek erneut Maßstäbe im Roots-Genre: "Celebrants" bietet Musik auf höchstem Niveau - fordert aber auch einiges von Hörer und Hörerinnen ein.

Label: Repair / Thirty Tigers (Membran) VÖ: 24. März 2023
Disk 1
01 Celebrants
02 Strangers
03 Water Under the Bridge, Part 1
04 The Meadow
05 Thinnest Wall
06 Going Out
07 Holding Pattern
08 Where the Long Line Leads
09 Goddamned Saint
10 Stone's Throw
11 Goddamned Saint, Reprise
12 From the Beach
13 To the Airport
14 ...Despite the Weather
15 Hollywood Ending
16 New Blood
17 Water Under the Bridge, Part 2
18 Failure Isn't Forever
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