Clay Walker - Texas to Tennessee

CD Cover: Clay Walker - Texas to Tennessee

Clay Walker versucht mit "Texas to Tennessee" sein Comeback - ohne sich jedoch an aktuelle Trends anzubiedern

Es sind harte Zeiten für echte Cowboys. Wer das nicht glauben will, sollte bei Clay Walker nachfragen. Während der Texaner, Jahrgang 1969, in den frühen 90er Jahren von Hit zu Hit eilte (von seinen ersten sechs Singles eroberten fünf davon Platz eins!), sieht das heute anders aus. Ganz anders.

Noch bis 2010 war Clay Walker gleichermaßen ein Synonym für ordentlichen, ganz auf die Traditionen bauenden Country-Rock und: für Charts-Erfolge. 2010 veröffentlichte er "She Won't Be Lonely Long" und landete damit auf Platz fünf der Country-Charts (und auf Platz 16 der Pop-Listen). Dann war plötzlich Schluss mit lustig: Sein Plattenvertrag wurde nicht verlängert. Seine Single-Comeback-Versuche scheiterten genauso wie sein letztes, 2019 erschienenes Album "Long Live The Cowboy".

Clay Walker vertraut bei "Texas to Tennessee" auf seine Stärken

Doch Aufgeben ist für einen Kerl wie Clay Walker keine Option. Er bleibt dran. Und nachdem der Country-Sound der 90er Jahre gerade mal wieder eine Renaissance erlebt, wittert er seine Chance. So ist es nur zu verständlich, dass er mit den zehn Songs von "Texas to Tennessee" - erschienen auf dem Toby-Keith-Label Show Dog - versucht, die Fährte seiner glorreichen Tage wieder aufzunehmen. Mit Songs, über Land und Leute, kaltes Bier und verrückte Freitagabende, über Cowgirls und Cowboys - gewürzt mal mit halbwegs modernen Country-Rock-Sounds und mal mit einer großzügigen Prise Romantik.

Ob's hilft? Leicht dürfte es für den soliden Sänger, der trotz großer Erfolge stets im Schatten von Über-Künstler wie Garth Brooks, Alan Jackson und George Jones stand, nicht werden. Die Zeiten haben sich geändert. Alles. Das Marketing. Das Musikkonsum-Verhalten. Heute reicht es in der Regel nicht mehr aus, "nur" gut zu singen, nett auszusehen und eingängige Songs zu produzieren. Die Community muss gefüttert werden. Und ob sich Clay Walker, der aufrechte Texaner aus Beaumont, über derlei Dinge Gedanken macht, darf bezweifelt werden.

Wie wir ihn kennen, legt er da schon mehr Wert auf Songs, Sounds und Authentizität. Letzteres lässt sich freilich nicht bezweifeln. Der Mann ist von den Boots bis zum Stetson ein Cowboy von echtem Schrot und Korn. Und damit genau der Richtige für Titel wie "Need a Bar Sometimes". Ein Drinkin' Song, klar, das schon. Doch wenn er davon singt, dass er einfach ab und zu auf einem Barhocker sitzen muss, um sich einen Tequila und ein eiskaltes Bier zu genehmigen, dann kauft man ihm das ohne Vorbehalte ab. Nur dadurch, dass muss leider auch gesagt werden, hinterlässt der eigentlich eher durchschnittliche Songs nachhaltigeren Eindruck. Man hört, man spürt: Der Typ weiß, wovon er singt.

Das gilt ohnehin für jeden der zehn Tracks von "Texas to Tennessee". Auffallend bei der Song-Zusammenstellung ist das Übergewicht gefühlvoller Tracks. Titel wie das nicht nur inhaltlich nostalgisch aufgeladene "Catching Up With An Ol' Memory", das gefühlvolle "Loving You Then" oder der wirklich vollauf gelungene, mit verträumter Akustik-Gitarre versehene Lovesong "Cowboy Loves a Woman" machen deutlich, dass unter Walkers kariertem Western-Shirt ein weiches Herz pocht.

Country-Haudegen aus der alten Garde: Clay Walker

Sicher, man hört ihm gerne zu. Man mag diese Stimme. Und es sind durchaus auch gute Songs. Doch - und da sind wir bei einem kritischen Punkt - fehlt ihnen das Besondere: Der akustische Widerhaken, das Herausragende, vielleicht sogar das auf Anhieb im Ohr bleibende. Schon eher erfüllt diese hohen Ansprüche der Opener "Anything to Do with You". Der ebenfalls emotional angelegte Country-Rocker erinnert mit seiner Harmonieführung und den sehnsuchtsvollen Chören an die Eli Young Band, also an einen Vertreter der jungen Country-Star-Garde.

Es ist nicht das einzige Mal, dass Clay Walker auf "Texas to Tennessee" mit der heutigen Country-Interpretation auf Tuchfühlung geht. Immer wieder blitzen angesagte Sounds auf, immer wieder lässt das Arrangement an die heutige Szene denken. Doch: Walker biedert sich nicht an. Er flirtet nur mit der Moderne. So lässt er bei dem prima komponierten "You Look Good" etwa einen Drum-Computer tuckern und im Refrain ein hymnisch-imposantes Sound-Gebirge entstehen. Das hat was. Zumal gleich darauf wieder Platz für eine weinende Pedal Steel und ein zartes Banjo geschaffen wird und so spannende Dynamik entsteht. Keine Frage, ein Highlight der CD.

Mit dem arglosen, ziemlich lässig dahingerockten und damit irgendwie an die frühen Brooks & Dunn erinnernden "One More" lässt Clay Walker "Texas to Tennessee" frohgemut ausklingen. Ein Song, der sich zu hundert Prozent auf jedem Highway gut macht. Country-Herz, was willst Du mehr?

Fazit: The Cowboy rides again ... Clay Walker versucht mit seinem, ganz im Sound der 1990er Jahre gehaltenen "Texas to Tennessee" an frühe Erfolge anzuknüpfen. Die Daumen sind gedrückt!

vgw
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