Bisher sind Tom und Nick Wolfe (plus Sidemen) ein eher auf den fünften Kontinent begrenztes Country-Phänomen. Dort aber sind die in Longley, Tasmanien, geborenen Brüder spätestens seit ihrem zweiten Platz bei "Australia's Got Talent" im Jahr 2012 ein bestens eingeführter Act. Ihre vier Album-Vorgänger erreichten allesamt gute bis sehr gute Positionierungen, darüber hinaus wurden sie für viele renommierte Musik-Preise nominiert - und gewannen dazu drei "Country Music Awards of Australia"-Auszeichnungen.
"Kids On Cassette": starke Country Music von den Aussies
Natürlich ist es von Australien ein weiter Weg bis ins Country-Mekka Nashville. Da liegt mehr dazwischen als gute acht Tausend Seemeilen und ein halber Kontinent. Es ist, das hat auch Keith Urban nach seiner Auswanderung nach Tennessee feststellen müssen, ein anderer Kulturkreis, mit anderen Spielregeln und anderen Playern. Von der mächtigen Konkurrenz ganz zu schweigen. Trotzdem sollte man The Wolfe Brothers eine Erfolgs-Chance einräumen. Warum? Weil die Band ein glückliches Händchen für eingängige, unbeschwerte, sonnendurchflutete Songs besitzt; weil die beiden Wolfes exzellente Sänger sind; weil sie es verstehen, Country-Style mit hippen Klängen zu verbinden. Und: Weil es ihnen auf "Kids On Cassette" gelingt, eine eigene Handschrift zu etablieren. Ein Sound, der gelegentlich etwas ruppiger ist, der einer Lead-Gitarre mehr Platz einräumt und gelegentlich dezent mit dem Blues anbandelt.
Mit dem Titeltrack steigen sie in ihr zwölf Songs umfassendes neues Album ein: mit zurückhaltenden, etwas sphärischen Klängen zunächst. Takt für Takt baut sich der Track auf - bis schließlich im Refrain melodisch die Funken sprühen. Sie singen von "Daydream", "free feeling" und "blue skies", erzählen davon, wie sie als Kids Musikkassetten aufgenommen haben und wie ihnen die Zukunft als einziges großartiges Versprechen erschien. Klar, das ist schon etwas verklärt und auch leicht kitschig. In erster Linie aber ist es romantische Poesie - verpackt in gefühlvolle Noten und Akkorden. Keine Frage, der Einstieg in "Kids On Cassette" ist schon mal gelungen.
The Wolfe Brothers sind bereit für Nashville
Der Opener erweist sich nach genauerer Lektüre der CD als Richtschnur. Denn viele Titel des Song-Dutzends sind mal von romantischen, mal von völlig unbeschwerten Emotionen geprägt: Der schmucke Country-Pop von "Time to Be Alive" genauso wie die positiv stimulierenden Songs "Startin' Something" (mit LoCash als Gaststar) und "Something Good's Gonna Happen" (gemeinsam mit Amy Sheppard) oder das absolut wörtlich zu nehmende "Soundtrack to An Endless Summer". Wenn man die beiden Aussies in letzterem Song hört, wie sie bildhaft von Ozean, weißen Sand und Wellen singen, möchte man am liebsten sofort den Koffer packen, um ans Meer zu düsen.
Zwischendrin schalten die australischen Brüder auch mal einen Gang hoch: Beispielsweise in der ganz im Stile des 80er-Jahre-Rock gehaltenen "Anybody Ever" (mit starkem Gitarren-Solo) oder in dem sehr rockigen "Down Time" (mit Jack Jones). Es sind jedoch nur rare Anfälle von überbordender Energie. Meistens bleiben sie herrlich gechillt ("What You Make It") oder, wie sie in der wundervollen Ballade "She´s Everything" klar machen, über beide Ohren verliebt.
Fazit: Australien hat ein Herz für Country - das belegen The Wolfe Brothers. Mit ihrem fünften Album "Kids On Cassette” sollten sie auch im Country-Mutterland Amerika endlich Fuß fassen.
Label: RWolfe Brothers / BMG (Warner) | VÖ: 30. Juli 2021 |
01 | Kids On Cassette |
02 | Anybody Ever |
03 | Startin' Something (mit LoCash) |
04 | No Brakes |
05 | Something Good's Gonna Happen (mit Amy Sheppard) |
06 | Down Time (mit Jack Jones) |
07 | Soundtrack to An Endless Summer |
08 | What You Make It |
09 | Small Town Song |
10 | Home Without You |
11 | She's Everything |
12 | Time to be Alive |