Tobey Lucas wunschlos glücklich in Würzburg

Tobey Lucas

Dass exzellente handgemachte und vor allem durchweg eigene Musik mal nicht aus Übersee kommt, ist ungewöhnlich. So etwas kennen wir vor allem im Country-Bereich eigentlich nur von US-Künstlern. Doch derzeit zeigt ausgerechnet ein Schweizer den Deutschen, dass es möglich ist, ohne das eingestaubte Klischee zu agieren. Die Voraussetzungen, die Tobey Lucas vorfindet, sind nicht die schlechtesten, denn entsprechend verpackt, ist es offenbar durchaus möglich, Country Music unters Volk zu bringen.

Um seine Möglichkeiten in Deutschland zu testen, entschied sich Tobey Lucas bei dieser Tournee, auf der er sein aktuelles Album "83" vorstellt, nicht die ganze Band mitzubringen, sondern erst mal "nur" seinen langjährigen Freund und musikalischen Partner Chris Filter. Der Multiinstrumentalist unterstützt Tobey Lucas, der selbst zu Akustikgitarre und einmal auch zur Mundharmonika greift, an Schlagzeug, E-Gitarre und Mandoline, vor allem jedoch am Gesang. Dass die beiden ein geschlossenes System darstellen, kommt beim Publikum an, ihr Handeln leiten sie durchweg in Fehlerlosigkeit um.

Am gestrigen Sonntag, den 18. Oktober 2015, traten die beiden im unterfränkischen Würzburg auf. Der Name des Cafés war Programm denn "Wunschlos Glücklich" konnte man sich im Ambiente von kuscheligen Cocktailsesseln und Sofas mit Tütenlampen, Nierentischchen und frischen Blumen drauf wirklich fühlen. Die Speisekarte mit einer Vielfalt von regionalen Bieren und - natürlich in der Region Wein-Franken - Weinen sowie auch vegetarischen und veganen Gerichten füllte auch an einem Sonntagabend das Lokal mit eher alternativen Gästen und vielleicht war auch das das richtige Publikum. Offen, aufgeschlossen und nicht von Beschreibungen verblendet. Die Musik von Tobey Lucas ist ohnehin nicht in eine Schublade zu stecken, sie verschafft jedoch Wohlbefinden und passte somit eindeutig an diesen Abend und den Ort.

Tobey Lucas; Foto: Jesse Seus

Das Anliegen der beiden Künstler war nicht, den Energieverbrauch der Gäste überzustrapazieren. So war das Programm von Beginn an nur auf ein Set von circa eineinhalb Stunden ausgelegt, das Konzept war stimmig, die Zuhörer aufmerksam und die Wahrnehmung konzentriert auf jeden der durchweg eigenen Songs. Die meisten davon vom aktuellen Album "83", wie "Time Passing By", "Peggy Sue" oder "Down In Louisiana", bei dem kreativ das Schlagzeug die Fiddle ersetzte. Mit dabei hatten die Musiker aber auch Lieder, die sie bisher noch nicht aufgenommen hatten, sehr schön "Mr. Drifter" und "I'm With You". Diese könnten dann möglicherweise auf der nächsten CD enthalten sein, für die sie demnächst zu Hause in Zürich ins Studio gehen werden. Mit einer extrem starken Version von "Wheel of Change" beendeten Tobey Lucas und Chris Filter ihr Konzert in Würzburg, bevor das Publikum ihnen dann doch noch eine Zugabe ("Sweet Carolina") abrang.

Die jetzige Deutschland-Tour wird den Schweizer noch nach Cottbus, Wiesbaden und München führen. Anfang Februar 2016 wird Tobey Lucas zurück kommen und neben Chris Filter dann seine komplette Band mitbringen. Die grundlegende Bestandseinheit der Musik von Tobey Lucas ist die, dass sie sich abhebt vom allgemeinen Verständnis, welches wir von Country Music haben, ihr jedoch so unheimlich nahe kommt. Wahrscheinlich, weil er sie nicht definiert, ihr einfach keine größere Rolle beimisst, sondern ihre Energie fließen lässt, kommt sie auch bei den Menschen an, die diese aufnehmen. Wie sich im "Wunschlos glücklich" gezeigt hat, verursacht Country oder "sowas ähnliches" wohl in dosierter Form einen positiv veränderten Bewusstseinszustand, wenn man es nicht analysiert. Auf die Darbietungsform kommt es eben an und die hat Tobey Lucas verstanden!

vgw
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