Zunächst hatte jedoch Support Act Patrick Davis die Aufgabe, die Menge in der gut gefüllten Location auf dem legendären Hamburger Kiez auf Betriebstemperatur zu bringen. Dies gelang dem sympathischen Singer-Songwriter, der wie Darius Rucker aus South Carolina stammt, auch ausgesprochen gut. Ganz alleine auf der Bühne, lediglich mit seiner Gitarre und seiner Stimme bewaffnet, wusste Davis mit seinen oftmals melancholisch angehauchten Songs zu überzeugen. Mehrfach gelang es ihm sogar, das altersmäßig bunt gemischte Publikum zum Singen zu animieren, insbesondere bei einem tollen Cover von Bruce Springsteen’s Hit "I'm On Fire".
Nach dieser soliden Vorarbeit war es für Rucker ein leichtes, das Stimmungsbarometer weiter nach oben zu schrauben. Um 20:45 Uhr betritt er mit einem Strahlen die Bühne, und setzt mit "Radio" gleich einmal eine erste Duftmarke. Ohne große Umschweife geht es dann mit "Heartbreak Road" und "This" weiter, und man merkt schnell, dass Rucker auf der Bühne ein Mann mit einer Mission ist. Keine ausgedehnten Ansagen, keine unangenehm langen Pausen zwischen den Liedern - die Musik sollte im Vordergrund stehen, und das gelingt dem routinierten Künstler ganz hervorragend. Nach "Don't Think I Don't Think About It", Ruckers erster Country-Single (und seiner ersten Nr. 1 in den Charts), folgt mit "Time" ein alter Hootie and the Blowfish Klassiker. Einigen Fans der ersten Stunde entfahren hier begeisterte Jubelschreie - vielleicht waren sie auch schon vor 15 Jahren dabei, als Rucker mit seiner alten Band zuletzt in Hamburg weilte. Später haben sie erneut besonderen Grund zur Freude, als "Let Her Cry" ausgepackt wird.
Doch primär steht natürlich Rucker's Country-Music-Repertoire im Vordergrund, und daraus wird dem immer enthusiastischer werden Publikum so einiges geboten. Die neue Single "Homegrown Honey" ist natürlich auch dabei und stößt auf großen Anklang. "History in the Making" und "Alright" vom ersten Album "Learn to Live" ernten ebenfalls großen Applaus, wobei besonders letzteres Lied für ausgelassenes Schunkeln in der Menge sorgt. Noch nicht einmal eine Stunde ist zu diesem Zeitpunkt vergangen, und dennoch hat man das Gefühl, schon eine ganze Menge erlebt zu haben. Besonders Rucker's Stimme sorgt immer wieder für ganz besondere Momente. Rau, kernig, und doch so angenehm wie frisch aufgezogene Bettwäsche. Aber auch die besten Stimmbänder brauchen musikalische Unterstützung, und die könnte kaum besser sein. Die Carolina Grey Boys sind es, die dem Superstar den Klangteppich ausrollen. Die sechsköpfige Combo bietet zusätzlich zu den klassischen Instrumenten so ziemlich alles, was das Country Herz begehrt: Steel Guitar, Banjo, Fiddle, Dobro, Mandoline und Piano. Alle Achtung!
Völlig losgelöst wird die Stimmung, als Rucker den Hank Williams Jr. Hit "Family Tradition" anstimmt, und den Zuschauern einige nicht ganz jugendfreie Gesangsparts diktiert. Die Meute nimmt diese ehrenvolle Aufgabe dankbar an, und spätestens ab diesem Zeitpunkt ist eine richtige Party im Gange. Bei "Hold My Hand" darf sich das Publikum erneut zu Wort melden, bevor es kurz darauf bei "It Won't Be Like This For Long" wieder andächtig lauscht. Es zeigt sich ganz deutlich, wie gut Rucker darin ist, einen ansprechenden Spannungsbogen aufrecht zu erhalten. "Comeback Song" läutet dann einen furiosen Schlussspurt ein, und ein Cover des Evergreens "East Bound and Down" treibt die Stimmung fast schon auf den Siedepunkt. "True Believers" ist der letzte Song des regulären Sets, und Rucker verschwindet von der Bühne. Doch Moment, da fehlt doch noch etwas... Laute Rufe nach einem ganz bestimmten Song hallen durch den Saal, und sie werden auch prompt erhört. Als die ersten Töne von "Wagon Wheel" ertönen, gibt es kein Halten mehr. Es wird getanzt und gesungen, bevor beim letzten Refrain noch einmal die volle Stimmgewalt der Fans entfacht wird. Eigentlich ein Abgang, wie er besser kaum sein könnte, doch Rucker hat noch Lust auf mehr. Ein sehr gelungenes Cover von Oasis' "Champagne Supernova" ist der unerwartete Schlusspunkt eines Abends, den der 48-jährige mit einem noch breiteren Grinsen auf dem Gesicht beendet, als er ihn begonnen hat. Und bei 21 gespielten Songs haben auch die Fans allen Grund, glücklich und zufrieden nach Hause zu gehen.