Kurz vor dem Auftritt erreichte die Gruppe dann den Backstagebereich, es war einfach zu voll auf den Strassen und ein schnelles Durchkommen sehr schwer und Jodie betrat Bühne und hatte nicht einmal Zeit zum Luftholen oder auch nur zum Nachdenken. Besser hätte es nicht kommen können, denn Zeitmangel ist die beste Waffe gegen Lampenfieber.
"Meine Lieben", brüllte der Ansager ins Mikro. "Begrüssen wir nun hier auf der Bühne eine Frau, die hier zum ersten Mal für uns singen will. Sie bietet uns echte Countrymusic voller Leidenschaft. Geboren in Australien, seit 20 Jahren im Geschäft, seit 6 Jahren solo auf der Bühne und das Wichtigste: Seit 9 Jahren fest mit einer Frau zusammen... sie ist eine von uns, also heisst sie willkommen!" Was dann geschah, das wird wohl Jodie wohl nie mehr vergessen. Einen Schritt auf die Bühne und über 20.000 fanatische, aufgeheizte Schwule und Lesben, aber auch sehr viele heteroorientierte Musikfans jubelten ihr in einer fantastischen Welle entgegen. Da wurde nicht lange geredet, mit "What The Cowgirl Do" hätte sich Jodie keinen besseren Opener ausdenken können. Es ging einfach die Post ab, es wurde getanzt, geklatscht, gejohlt, Stimmung pur und das trotz den weit über 30° Celsius in der Sonne. Countryfans waren bei der Menschenmasse definitiv in der Minderheit und sicherlich gab es da keine Experten des New Country. Das war aber auch in dem Moment egal. Es folgten "Creepin' In" und "Suds In The Buckets" als weitere neuere Songs. Der Höhepunkt wurde mit "Rose Garden" erreicht, einen Song, den nun wirklich jeder mitsingen kann. Geplant war eine Zugabe mit "If The Jukebox Took Teardrops", aber die Leute wollten mehr, so dass Jodie vom Veranstalter aufgefordert wurde, doch - trotz Zeitdruck im Programm - noch einen draufzulegen. Das hat sie dann mit "Sold" auch getan. Berauscht von der Atmosphäre hiess es danach hinter der Bühne erstmals durchatmen und den Auftritt verarbeiten. Dies waren 20 Minuten, die sicher nicht nur das Leben von Jodie geprägt haben, sondern die eine pure Werbung für moderne Countrymusic waren.
Ob Countrymusic bisher je in Köln derart positiv auf der Strasse aufgenommen wurde, das mag man bezweifeln. Sicher ist, dass es funktioniert! Mit einem Miniset, dass mit Ausnahme von "Rose Garden" weit weg von allen Klischees der CountryMusic à la "Country Roads" oder "Ring of Fire" liegt, hat Jodie bewiesen, dass man mit Country etwas bewegen kann, dass man durchaus Stimmung machen kann, wenn die Stimmung passt, die Leute offen sind und wenn vor allem der Künstler mit Show und vor allem Stimme zu überzeugen weiss. So bleibt die Hoffnung, dass auch dies ein weiterer, kleiner Schritt war, dem normalen Musikfan auf der Strasse klar zu machen, was moderne Countrymusic ist, nämlich alles andere als fade und langweilig, sondern Party pur.