Immerhin gehört die Band, zu deren Gründungsmitgliedern auch ein gewisser John Rich zählt, zu den talentierten Triebfedern des New Country Mitte der 90er Jahre. Lonestar avancierte mit Alben wie "Crazy Nights" und "Lonely Grill" und Hits wie "Come Cryin‘ To Me", "Amazed" und "Already There" zu einem Millionen-Seller-Act – und ebnete mit smarter Optik und mehrheitstauglichen Sounds Bands wie Rascal Flatts den Weg in die Charts.
Nach diversen Umbesetzungen und Label-Wechsel gehört die Band heute vielleicht nicht mehr zu den absoluten Top-Namen an Nashvilles‘ Music Row. Das mag sein. Von ihrer musikalischen Klasse hat die Band um die Lonestar-Väter Dean Sams (Keyboards, Gitarre, Harp), Michael Britt (Gitarre) und Keech Rainwater (Drums) allerdings nichts eingebüßt. Davon durfte sich das relativ junge, binnen weniger Songs völlig euphorisierte Publikum in Untermeitingens Club "Four Corners" überzeugen.
Der neue Frontmann Cody Collins überzeugt als Leadsänger im Four Corners, Untermeitingen
Auch davon, dass die Band mit Cody Collins als Leadsänger einen absolut würdigen Ersatz für Richie McDonald und John Rich gefunden hat. Der etwas kleinere Blondie verfügt nun mal über eine große Stimme. So ist auch ihm der Start in die Show überlassen - mit "What About Now", "You Walked In" und "Tell Her" übernimmt er die Leadvocals. Auch wenn der Neu-Lonestar seine Frontmann-Rolle eher etwas bescheiden und zurückhaltend interpretiert, kann er sich mit Feeling und Hingabe sofort in die Herzen der Country-Fans singen. Mit "The Future", "Saturday Night" und "Heartbroke Everyday" übernimmt Multi-Instrumentalist Dean Sams schließlich die Führungsrolle. Er macht das: anders. Sehr selbstbewusst, sehr extrovertiert. Dean gibt ab dem ersten Takt die Rampensau, den Entertainer, den Anheizer - und macht dabei eine ziemlich elektrisierende Figur. Dass das im Midtempobereich gehaltene "Heartbroke Everyday" musikalisch im Vergleich zur Studio-Version blass bleibt und etwas wenig Druck erzeugt, fällt da auch nicht weiter auf. Die Rollenverteilung der Lead-Vocals bleibt über das gesamte Konzert zwischen Cody und Dean aufgeteilt. Cody überzeugt dabei als Spezialist für feinfühlige Balladen ("Amazed", "Already There" nur im Trio präsentiert); Dean steuert die Band durch ruppigeres Gefilde ("My Front Porch Looking In", "Unusually Unusual").
Diese Aufteilung, dieses Wechselbad aus sanft und heftig, geht in dem mit vielen Hutträgern gefüllten Club voll auf: Standing Ovations sind ab Konzertmitte nahezu für jeden Song der Lohn, die Stimmung top. Deshalb war auch noch lange nicht Schluss, als sich die Band nach etwa eineinhalb Stunden mit dem grandiosen "No News" verabschieden wollte. Von wegen! Es wurde geklatscht, getrampelt, mit Aschenbechern auf Holztischen getrommelt – dabei wurde ein Dezibelwert erreicht, der vermutlich locker mit dem Bandsound mithalten konnte. Das nennt man echte Begeisterung!
Die konnte die auf sechs Mann aufgestockte Band glatt noch mit einigen Coverversionen toppen. Mit dabei: Klassiker wie Marc Cohns "Walking in Memphis", "Tom Pettys "Free Fallin‘" und – man höre und staune – ein knüppeldickes Hardrock-Medley. Mit Songs von Kansas, Aerosmith, AC/DC, Van Halen und - als Vollversion -"Rock and Roll" von Led Zeppelin bestehen Lonestar den Härtetest mit Bravour. So gut, dass sie noch einige Song-Überstunden schieben mussten. Selbst schuld ...