Teddy Thompson: Country-Klassiker im Kammermusik-Format

Teddy Thompson; Foto Universal MusicInnerhalb der Berliner Veranstaltungsreihe "Verveclub" präsentierte Teddy Thompson zusammen mit einem Streichquartett die Songs seines kommenden Albums "Upfront & Down Low" und erntete vom Publikum andächtige Stille.

Hierzulande gilt Teddy Thompson, Sohn der Fairport-Convention-Legenden Richard und Linda Thompson, noch als Geheimtipp. Im Jahr 2000 veröffentlichte er sein erstes Album, das aber sang- und klanglos unterging. 2005 wurde er dann bei einem Auftritt in einem New Yorker Club zum zweiten Mal "entdeckt". Nach der beeindruckenden CD "Separate Ways" von 2006, lässt der 31-Jährige Ende August 2007 das Album "Upfront & Down Low" folgen, das er vorab dem Berliner Publikum präsentierte. Für dieses Album hat Thompson Country-Klassiker der alten Schule von Dolly Parton, Merle Haggard oder George Jones aufgenommen.

Gegen 10:00 Uhr abends ist es in der Schönhauser Allee immer noch sommerlich warm, im Bassy-Club allerdings schon richtig heiß, obwohl noch gar nichts passiert ist. Aber die rund 200 Leute, die den kleinen Club bevölkern um Teddy Thompson zu sehen, haben die Temperatur bereits auf schweißtreibende Höhen ansteigen lassen.

Glücklicherweise sorgt ein Konzert von Teddy Thompson (noch) nicht für kreischende Teenagerbelagerungen, dafür ist der Brite mit Wohnsitz New York zu unbekannt und dafür ist seine Musik wohl auch zu erwachsen. Teddy Thompson bevorzugt eher ruhige und intime Stimmungen als laute und vordergründige Effekte. Seine Entscheidung, die Country-Klassiker, die er auf "Upfront & Down Low" versammelt hat, zusammen mit einem Streichquartett zu spielen, verleiht seinem Auftritt einen nahezu kammermusikalischen Anstrich.

 Der Brite ist offensichtlich kein Mann vieler Worte. Dennoch streute er nach der fast schüchtern und dennoch charmant wirkenden Begrüßung immer mal eine kleine Story zu den Songs ein. - Einmal amüsiert er sich darüber, dass es in Deutschland mit dem Rauchverbot wohl noch nicht weit her sei.

Aber wenn er zu singen anfängt, hat man als Zuschauer das Gefühl, als würde der Brite in eine Parallelwelt abtauchen. Selten schaut er dann ins Publikum, meist hat er die Augen geschlossen und spielt gedankenversunken auf seiner Gitarre.

 

Foto: Universal
Rein äußerlich wirkt Thompson in seinen Jeans samt Sakko wie eine Mischung aus weltfremdem Jungpoeten und Milchbubi. Aber der Eindruck täuscht, der junge Mann hat es - auch wenn es vielleicht nicht ganz so offensichtlich ist - faustdick hinter den Ohren. Unwillkürlich fühlt man sich an das Sprichwort "Stille Wasser sind tief" erinnert, und manchmal möchte man gar nicht wissen, welche Abgründe da lauern.

 

Wenn Teddy Thompson z.B. einen so existientiellen Song wie "The Worst is Yet To Come" singt, offenbart er dabei eine unterschwellige Doppelbödigkeit und (Selbst-)ironie, die man durchaus subversiv nennen kann. Einerseits ist er der von allen und allem verlassene "Lone Wolf", der immer mit dem Schlimmsten rechnet, andrerseits konterkariert er dieses Image mit einem leichten Lächeln, das seine Mundwinkel umspielt.

Alle Songs, die Teddy Thompson im Bassy präsentiert, zeichnen sich durch diese unterschwellige Doppelbödigkeit aus, sei es das herzerreißende bittersüße "My Blue Tears" von Dolly Parton, das tieftraurige aber auch irgendwie boshafte "She Thinks I Still Care" von George Jones oder das hintersinnige "(My Friends Are Gonna Be) Strangers" von Altmeister Merle Haggard. Dabei singt der Brite mit einer stillen, aber entschiedenen Leidenschaft und Hingabe, die vergessen lässt, das die Songs bereits Jahrzehnte alt sind. Irgendwie scheinen sie alle für Teddy Thompson geschrieben worden zu sein.

Wie grandios die Interpretationskünste des blassen Briten sind, offenbart sich auch bei der ersten Zugabe "You're Right, I'm Left, She's Gone" - einem Song, den man als sentimentales Abschiedsliedchen von King Elvis kennt. Bei Teddy Thompson wird daraus ein stoisches, selbstironisches Statement verbunden mit der Selbsterkenntnis, dass er bei der Verflossenen mal wieder nicht gereicht hat.

Bei "You're Right, I"m Left, She's Gone", dem einzigen wirklichen Uptempo-Song des ganzen Sets, beginnen die Leute im Bassy gar ein bisschen zu tanzen, nachdem sie zuvor erstaunlich konzentriert und aufmerksam den stillen Liedern des Briten gelauscht haben. Nach gut einer Stunde samt zwei Zugaben entlässt Teddy Thompson sein völlig durchgeschwitztes Publikum in die laue Berliner Sommernacht - in der Gewissheit einen eigenwillig-andächtigen Abend erlebt zu haben, der eher einer Lesung als einem "normalen" Konzert glich.

vgw
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