Franklin, Tennessee, die Music City USA #2

Franklin Tennessee

Die Kleinstadt Franklin, im US-Bundesstaat Tennessee, ist kürzlich nicht nur zur schönsten kleinen Stadt des amerikanischen Südens gewählt worden - Franklin punktet auch mit einem erstaunlichen kulturellen Leben. Und mit einer extrem hohen Star-Dichte. Doch daraus macht man in dem pittoresken Kleinod keine große Sache - und das ist genau das, was Keith Urban, Keb Mo, Kix Brooks und andere so an der Stadt schätzen.

Vom Flughafen Nashville nimmt man den Highway 40 West, dann geht's auf die 440 und dann immer Richtung Süden auf dem Highway 65. Schon nach rund 25 gemächlichen Fahrminuten passiert man das Schild mit der Ausfahrtsmöglichkeit "Franklin". Man sollte den Blinker setzen und abfahren. Es lohnt sich. Aus verschiedenen Gründen.

Wer die drei, vier Kilometer den Autobahnzubringer entlang Richtung Frankin-Zentrum fährt, wird noch nicht einsehen können, dass Franklin einen Besuch wert ist: McDonald's, Walmart, Drugstores und Gun-Shops. Das übliche Peripherie-Bild der amerikanischen Städte. Nach ein paar Ampeln mündet die Straße an einem Kreisverkehr. In der Mitte des Kreisels erhebt sich die Statue von einem Soldaten der Konföderierten Armee mit Spitznamen "Chip", der gebieterisch mit dem Arm in Richtung Westen deutet. Rund um den genauso quadratischen wie runden Platz - manche nennen ihn deshalb "Squircle" - parken in großzügigen Abständen Autos. Viele Pickups, die blank geputzt in der Sonne blinken. Man erkennt: eine saubere, eine gepflegte kleine Stadt. Man spürt: eine reiche, eine wohlhabende Gegend.

Franklin, Tennessee

Mit beidem liegt man richtig. Franklin beherbergt den Sitz der Region Williamson County - eine Provinz, die sich gerade anschickt, zur Vorzeige-Region in den USA zu werden. Einer, der es wissen muss, ist Aubrey Preston. Der blonde Unternehmer Anfang Fünfzig ist bestens vernetzt und ein leidenschaftlicher Kulturförderer und -forderer. Er sagt: "Williamson County ist einer der am schnellsten wachsenden Counties in den USA. Ein wirtschaftlicher Ballungsraum, in dem wir ein hohes Pro-Kopf-Einkommen, eine minimale Kriminalitätsrate und kaum Arbeitslose haben." Außerdem habe man ein vorbildliches Schulsystem und - nicht zuletzt - ein großes Herz für Musik und Kultur. Aktueller Beleg: das erst kürzlich wiedereröffnete "Franklin Theatre" im herrlichen Art-Deco-Stil. Aubrey Preston hat dieses Bühnen-Schmuckstück mit viel Zeit, Geld und Engagement wieder dem Spielplan zugeführt. Schon kurz nach Wiedereröffnung ist das schmucke Theater zu den attraktivsten Spielstätten in ganz Tennessee avanciert, in dem sich die Größen aus Country, Folk und Americana die Klinge in die Hand geben - Acts wie The Judds, Doobie-Brother Michael McDonald, Pam Tillis, Lee Roy Parnell und Kix Brooks, die schnauzbärtige Hälfte von Brooks & Dunn. Für den pfiffigen Kix sind seine Franklin-Theatre-Konzerte Heimspiele. Denn unweit von Franklin betreibt der Tausendsassa - Radio-DJ, Filmschauspieler, Musiker - seit ein paar Jahren das florierende Weingut Arrington Vineyards, ein echtes Rebensaft-Eldorado. Im Gegensatz zur Weinverkostung in der Pfalz, im Frankenland oder in der österreichischen Wachau geht es in den Arrington Vineyards sehr, sehr lässig zu. Die Weinprobe wird hier zelebriert, zum Event für die ganze Familie gemacht. Besonders hoch im Kurs steht bei den Bacchus-Jüngern von Tennessee die sonntägliche "Music in the Vines". Zu sanften Klängen einer Live-Band können die Gäste in herrlicher Landschaft picknicken - und sich ohne Hektik durch das kredenzte Wein-Angebot probieren. "Mit den Arrington Vineyards habe ich mir einen Traum erfüllt", sagt Kix Brooks und klingt dabei so schwärmerisch, als ob er jeden Moment ein Liebeslied anstimmen würde. "Und es ist genau so geworden, wie ich mir das vorgestellt habe. Die Leute können hier nicht nur guten Wein trinken - sie können hier auch entspannen, Musik hören und Feste feiern."

Franklin, Tennessee

Kix Brooks ist nicht der einzige Musik-Promi, der in Franklin seine Zelte aufgeschlagen hat. Ganz im Gegenteil. Laut Aubrey Preston habe Williamson County wohl "die höchste Star-Dichte" in ganz Amerika. Nicole Kidman und Keith Urban, Katherine Heigl, Faith Hill, Larry Carlton, Keb Mo und Sheryl Crow leben hier. Und die Starpower steigt und steigt. Justin Timberlake ist neues Mitglied der Gemeinde und - so wird gemunkelt - sogar Johnny Depp soll sich in die Gegend um Franklin verliebt haben.

Wohl nicht nur wegen der sanften Hügel und Wälder und des kulturellen und kulinarischen Angebots. Auch weil die Paparazzi gebeutelten Stars hier ihre Ruhe haben. "Kürzlich war Kenny Chesney mit seiner Freundin in der Stadt", sagt Kellye Murphy, Chefin des Convention & Visitors Bureau in Franklin, "ein Kollege wollte ein Foto von ihm machen. Aber da war ich dagegen. In Franklin sollen sich die Stars frei und unbelästigt fühlen." Eine Philosophie, die Chesney & Co zu schätzen wissen. Und die aufgeht. So kann man im herrlich traditionellen Pucketts - eines der ersten Restaurant-Adressen der Stadt - nicht nur klangvolle Musikernamen abends auf der Bühne erleben. Auch im Publikum zeigen sich immer wieder Stars wie beispielsweise Brad Paisley und Keith Urban.

Ein Franklin-Trip ohne ein Besuch im Pucketts ist ohnehin wie ein Country-Song ohne Pedal-Steel-Guitar. Ein Pflichttermin! Nicht nur wegen der gemütlichen Atmosphäre und der erstklassigen Küche, auch wegen Pamela Stringer-Pelham. Pam, wie sie von allen genannt wird, spricht, wie praktisch, fließend Deutsch. Geboren in Ochsenfurt, ist sie mit ihren Eltern nach Nashville gezogen, als sie gerade mal drei Monate alt war. Mit neun Jahren ist die Familie dann wieder zurück ins fränkische Ochsenfurt - um sechs Jahre später, man kann es sich fast denken, erneut mit Sack und Pack, Kind und Kegel in Franklin sesshaft zu werden. Deutschland - Amerika. Hin und zurück, hin und zurück. Eine Biografie, die eine Deutsche mit einem amerikanischen Herzen hervorbringen muss. Oder umgekehrt. Wenn Pam im Pucketts allerdings Spiegeleier mit Speck, Kaffee oder leckere Hamburger serviert, ist sie vor allem eine Bedienung, wie man es sich nur wünschen kann: schnell, höflich, korrekt und immer gut gelaunt. "Das kann zwar hier ganz schön anstrengend sein", sagt sie, "aber vor allem ist es ein echter Fun-Job. Ich habe so viele wundervolle Menschen hier kennen gelernt und mit vielen meiner Gäste bin ich mittlerweile richtig gut befreundet."

Franklin, Tennessee

Eine neue Attraktion aus Franklin entwickelt sich in der Americana-Szene gerade zum Kult: Viva Nashvegas - eine von Country-Sänger George Hamilton V. präsentierte Radioshow, live über das Netz ausgestrahlt aus dem Historic Handy Hardware-Shop. Wer sich "Wayne's World" auf Country und Americana vorstellen kann, bekommt eine Ahnung von dem einzigartigen Spektakel. Junge, ältere und alte Künstler, Newcomer und etablierte Stars treten hier in dem prächtigen Hardware-Store von Andy auf. Eine skurrile Mischung, bei der Host George Hamilton V. (Sohn von Country-Legende George Hamilton IV.) einen wunderbar humorvollen Entertainer gibt.

Beim Schlendern durch die mit putzigen kleinen Läden und Cafés geschmückte Hauptstraße von Franklin macht sich schon bald ein nostalgisches Gefühl breit. Der Ort scheint aus der Zeit gefallen zu sein. Oder er ist die perfekt gelungene Filmkulisse für "Zurück in die Zukunft, Teil 4". Tatsächlich dient Franklin regelmäßig als Dreh-Location. Für Musik-Videos und Filme. Zuletzt drehte man hier auch eine Szene für die hochgelobte Country-Soap "Nashville" - einen Live-Auftritt im Franklin Theatre. Perfekte Werbung. Für eine Stadt, die eigentlich überhaupt keine Werbung mehr braucht. Sie boomt - und schickt sich an, eine Music City im Kleinformat zu werden.

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