Country und die große Bühne?

Brett Warren

Die Bühnen des Broadway präsentieren mehr und mehr Country Music

Die Erwähnung des Broadways war bisher im Country-Geschäft eher mit Nashvilles Lower Broadway und Honky Tonk-Konzerten in Verbindung zu bringen. Doch der Country-Sound arbeitet sich auf die Bühnen des Theaters vor und könnte bald an "dem" Broadway landen.

Die Zusammenarbeit von Country-Künstlern und Theaterschaffenden verzahnt sich zunehmend. Ketch Secor von Old Crow Medicine Show ist in Gesprächen, um an einem regionalen Theater "Hooten Holler" im Februar 2022 zu präsentieren, Brian Kelley von Florida Georgia Line besitzt eine Produktionsfirma, die aus dem Song "May We All" ein Musical entwickelt, welches mit über zwei Dutzend Country-Hits im Juni 2022 im Tennessee Performing Arts Centre uraufgeführt werden soll. Secor und Kelley sind bei dem Interesse ins Theater- und Musicalgeschäft zu kommen keinesfalls allein auf weiter Flur. Marcus Hummon schrieb am Musical "American Prophet", welches sich mit dem Menschenrechts-Pionier Frederck Douglas beschäftigt, mit. Das Stück wird vom 15. Juli bis zum 28. August 2022 in Washington D.C. an der Arena Stage aufgeführt.

Country und Theater ist auf dem Vormarsch

Wayne Kirkpatrick wird mit seiner Mitarbeit an den Songs für das Musical "Mrs. Doubtfire" ab dem 21. Oktober 2021 am Stephen Sondheim Theatre in New York City zu sehen sein und zudem arbeitet er mit Steve Buchanon daran, eine eigene Produktion rund um das Bluebird Café in Nashville zu kreieren. Dass das Ganze auch in die andere Richtung funktionieren kann, zeigt Jennifer Nettles von Sugarland. Sie covert auf ihrem neuen Album "Always Like New" bekannte Broadway-Songs und Kristian Bush, ebenfalls von Sugarland, geht beim Theater noch einen Schritt weiter. Bush schriebt die Musik für "Darlin' Cory", eine Produktion, bei der er auch an den Texten beteiligt war. Zu sehen ist das Stück vom 8. September bis zum 3. Oktober 2021 am Alliance Theatre in Atlanta. Außerdem arbeitet Bush an einem Stück über den amerikanischen Richter am Obersten Gerichtshof Brett Kavanaugh, welches wahrscheinlich im Februar 2022 in Miami Uraufführung feiern wird. Und weil Bush mit dieser ganzen Theaterarbeit noch nicht genug hat, veröffentlicht er in Zusammenarbeit mit unter anderem Brandon Bush, Levi Lowry und Charlie Starr ein Album mit der Musik aus dem Musical "Troubadour" aus dem Jahr 2017. Der erste Song aus dem Album, "Hunt Dog Hunt", wird am 13. August 2021 den Weg in die Öffentlichkeit finden.

Im Gespräch mit dem amerikanischen Billboard-Magazin erzählt Bush vom Unterschied zwischen dem Musikgeschäft und dem Theater mit Musik. "Das Theater ehrt das auf andere Weise, aber für mich ist es genau die gleiche Magie, die passiert, wenn ich etwas im Radio höre und ich sage: "Oh, mein Gott. Mein ganzes Leben hat sich gerade geändert"." Damit, dass das Theater die Musik auf eine andere Weise ehrt, hat Kristian Bush sicherlich recht und mit einem Blick in die Vergangenheit von einigen Country-Stars stärken sich Bushs Ausführungen. Beispielsweise traten Tex Ritter oder K.T. Oslin am Broadway auf, bevor sie im Musikgeschäft fußfassten. Gary Morris verband beide Welten damit, dass er neben seinen Hits in den 1980er-Jahren Rollen in "La Bohème" und "Les Misérables" spielte. Auch Roger Miller muss an dieser Stelle genannt werden, denn er wurde für seine Arbeit an dem mit dem Tony Award ausgezeichneten Musical "Big River" im Jahre 1985 sehr gelobt. Nichtsdestotrotz hat sich seit der Jahrhundertwende das Zusammenspiel zwischen Country und dem Theater gewandelt.

Den Anfang machte Reba McEntire

Im Vorlauf zu dem, was an aktuellen Geschehnissen genannt wurde, begann alles mit Reba McEntire und ihrem Auftritt im Broadway-Revival von "Annie Get Your Gun" oder dem Beisteuern der Musik von Don Schlitz zum Musical "The Adventures of Tom Sawyer". Ohne nun jeglichen Namen nennen zu wollen, welche sich zwischen den Welten der Country Music und des Theaters bewegt haben, sei noch Billy Ray Cyrus zu nennen, welcher sich eine Rolle in einer Produktion von "Chicago" sichern konnte.

"The Road to Chicago," Episode 2: Billy Ray Cyrus Brings His Southern Charm to "Chicago"

Produktionen mit der Musik von Elvis Presley, Urban Cowboy, Son Revords, Dolly Parton und Jimmy Buffett waren ebenfalls Teil eines größeren Trends, bei dem nicht-traditionelle Musik am Broadway auftrat. Beispiele hierfür wären Rap in "Hamilton" oder Rock in "Rock of Ages". Dass aber auch Country Music auf der großen Bühne funktioniert, erkennt die Theaterwelt zunehmend mehr. "Bisher nehmen die Leute Country eher als Massenanziehungskraft und Mainstream wahr", mein Steve Buchanen über alte musikalische Stereotype gegenüber dem Billboard-Magazin. "Sie erkennen jetzt an, dass die Songs, die hier geschrieben werden, eine größere Raffinesse aufweisen." Dabei weiß Buchanen genau, wovon er spricht, denn er war 2015 als Produzent am "Moonshine: That Hee Haw Musical" beteiligt. Dieses debütierte in Dallas, unter anderem mit Songs von Brandy Clark und Shane McAnally.

"In die Geschichte eingehen"

Ein Unterschied zu der Arbeit an einem Album oder allgemein der Musik ist, dass die Arbeit und die Musik für ein Musical deutlich schneller eine Art Kulturgut werden kann. Für Ketch Secor ist dies Teil der Begeisterung für das Theater. Das Resultat kann schnell kulturell relevant werden und womöglich für Jahrzehnte aktuell bleiben. Als Beispiel nennt der Sänger, dass wohl die gesamte Bevölkerung Amerikas die Lieder aus "West Side Story" oder "The Sound of Music" kennt. Jedoch, wie auch beim "normalen" Songschreiben und Alben veröffentlichen für den Country-Markt, eine Garantie in die Geschichte einzugehen, gebe es nicht.

vgw
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