Tucker Beathard - King

CD Cover: Tucker Beathard - King

Schlicht und ergreifend "King" betitelt Tucker Beathard sein zweites Album.

Sport oder Musik? Diese Frage dürfte sich Tucker Beathard, 1995 in Nashville geboren, schon früh gestellt haben. Und die Antwort darauf wird ihm sicher nicht leichtgefallen sein. Schließlich ist sein Vater Casey Beathard einer der Top-Songwriter Nashvilles (Eric Church, Kenny Chesney, Tracy Lawrence), sein Opa Bobby war legendärer Football-Spieler. So probierte es der junge Tucker erst mal mit Musik, spielte Schlagzeug und Gitarre - und versuchte es an der Middle Tennessee State University mit Baseball. Als er sich dabei die Schulter verletzte, war die Sache schließlich klar: Musik.

"King" ist seinem verstorbenen Bruder gewidmet

So richtig in die Gänge kam seine Karriere aber noch nicht. Nicht, dass er keinen Erfolg aufzuweisen hätte - so landete seine 2016 erschienene Single "Rock On" auf einem respektablen neunten Rang in den US-Country-Charts. Alle weiteren Veröffentlichungen rangierten allerdings unter ferner liefen, und auch mit seinem 2018 erschienenes Debüt-Album "Nobody's Everything" konnte er keine nennenswerten Akzente in der Country-Gemeinde setzen. Zumindest nicht kommerziell.

Denn dass der junge Mann mit dem obligatorischen Trucker-Cap musikalisch einiges anzubieten hat, zeigt er spätestens auf den 13 Songs seines neuen Albums "King". King? Klingt das für einen Newcomer nicht um einen Tick zu selbstbewusst? Vielleicht sogar arrogant? Könnte man zumindest argwöhnen, doch: weit gefehlt. Der Titel bezieht sich auf den jüngeren Bruder von Tucker - und auf eine tragische Geschichte. Clay King Beathard wurde wenige Tage vor Weihnachten 2019 in einer Bar am Stadtrand von Nashville überfallen und ermordet. Ihm ist dieses Album gewidmet. Gleich mehrere Songs handeln von ihm und dem erlittenen Schmerz und Verlust.

In einem Interview erklärte Tucker Beathard, dass Musik für ihn schon immer ein Ausweg war. "Viele Menschen haben Schicksalsschläge zu verkraften. Ich habe gelernt, dass ich ihre Stimme sein kann, wenn ich von Herzen schreibe, wenn ich aus Erfahrung singe. Wenn diese Menschen einen bestimmen Song hören, sagen sie vielleicht: "Verdammt, das ist es." Ich hoffe, dass ich auf dieser CD einige dieser Songs zu bieten habe."

Sicher einer dieser Songs ist der letzte der 13 Tracks, das ruhige, schöne und - kennt man die Hintergründe - ergreifende "I Ain't Without You". Er hat den leisen Country-Folk-Song gemeinsam mit seinem Vater Casey geschrieben. Sie verarbeiten darin den Tod ihres Bruders und Sohns - nicht verbittert und ohne jeden Anflug von Hass auf den Mörder, sondern mit Dank auf die gemeinsame Zeit mit "King". Den Song hat Tucker Mitte Februar in der Grand Ole Opry erstmals aufgeführt und dafür großartige Kritiken geerntet. Völlig zu Recht.

Tucker Beathard erweist sich als kreativer Sänger und Songschreiber

Natürlich ist nicht das ganze Album in Moll und Trauer gekleidet. Ganz im Gegenteil. Schon der rockige, an Eric Church erinnernde Opener "Better Than Me" verströmt Energie und Zuversicht. Doch dann schleicht sich wieder die Wehmut an. Bereits mit dem nächsten Track, der sehnsüchtig-schönen Ballade "You Would Think". So geht es weiter im Verlauf der CD, immer hin und her, ein einziges Wechselbad der Gefühle. Mal scheint es, dass Tucker – in Titeln wie "One Upper", "Paper Town" – seinen inneren Frieden gefunden hat. Und schon leckt er in der Ballade "20/10 TN", dem gefälligen Pop von "Miss You Now" und dem melodiösen Country-Rocker "Can’t Stay Here" wieder seine Wunden.

Tucker Beathard erweist sich auf dem Album als kreativer Singer/Songwriter, vielleicht sogar als Country-Nonkonformist, der auch mal gegen den Strom schwimmt. Man nehme nur das zunächst sperrige, im Refrain wie von Zauberhand sich auflösende "You On", bei dem sich originelle Sound-Schnipsel, ein unkonventionelles Gitarrensolo (von ihm selbst gespielt) und sansoweiche Melodiebögen die Hand reichen. Einmal aber bahnt sich dann doch noch pure Wut ihren Weg: In dem so düsteren wie brettharten Rocker "Too Drunk". Der Kater nach diesem Besäufnis muss furchtbar gewesen sein.

Fazit: Tucker Beathard verarbeitet mit "King" ein tragisches Schicksal - abwechselnd mit rockenden und ruhigen Songs und manch tiefen Einblick in seine Seele. Sein Daddy, Top-Songwriter Casey Beathard, wirkte bei vier Songs als Co-Autor mit.

Label: Warner Bros. Nashville (Warner) VÖ: 21. August 2020
01 Better Than Me
02 You Would Think
03 One Upper
04 20/10 TN
05 Paper Town
06 You On
07 Miss You Now
08 Only
09 Find Me Here (Broke Down)
10 Too Drunk
11 Faithful
12 Can't Stay Here
13 I Ain't Without You
vgw
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