Nach einem kurzen Ausflug Richtung Pop und elektronische Gefilde waren sie 2014 mit "Favorite Waitress" zu ihrem Trademark-Sound zurückgekehrt: Roots-Rock, Country und ursprünglichem, zutiefst amerikanischen Folk.
Dieser Klang dominiert auch "Life in the Dark", auf dem beide Brüder singen. James spielt außerdem Akkordeon, Piano und Orgel, und Ian dazu Gitarre. Zu den Brüdern gesellen sich Josh Rawson am Bass und Greg Farley an der Fiddle. Drummer David Estabrook ist eine Art inoffizielles fünftes Mitglied.
"Life in the Dark" ist voller altmodischer Folk-Songs, betörend wie ein rostiger Traktor
James Felice produzierte das Album selbst, er hatte sich in kurzer Zeit die nötigen Soundingenieur-Skills angeeignet. Die neun Songs auf "Life in the Dark", das pünktlich zum zehnjährigen Bandjubiläum erscheint, sind so betörend wie ein rostiger Traktor aus Vorkriegszeiten. Sänger Ian Felice klingt dabei stets wie ein Bob Dylan, der tatsächlich singen kann und verleiht Stücken wie dem Titelsong, einer Ballade mit hübscher Fiddle-Coda, einen ganz eigenen Charme. "Triumph '73" schippert in ähnlich gemütlich-melancholischen Gewässern, ehe auf dem bluesrockigen "Plunder" wieder die E-Gitarren aufgedreht werden. Der vielleicht schönste Song ist ein Instrumental: zum hübsch altmodischen Country-Hoedown "Sally!" möchte man sogleich die Rockzipfel lüpfen und die Stiefel schütteln. "Diamond Bell" ist eine dieser typischen Felice-Brothers-Balladen, die auf akustischen Gitarren und Akkordeon basiert: scheppernd und mit Inbrunst performt. Und vielleicht dann doch ein klein wenig zu lang.
Neil Youngs düsteres Meisterwerk "Tonight's the Night" sei ein wichtiger Einfluss gewesen, hieß es über den Aufnahmeprozess. Genau wie Young behandelt Songwriter Ian Felice in "Jack At The Asylum" den Klimawandel und ökonomische Ungleichheit. Der Song ist eine gebrochene Hymne auf sein Heimatland, das ihm sowohl "nightmares" als auch "dreams" verschafft.
Die Felice Brothers: eine räudige, countryfizierte Version von The Band
Die Brüder kennen sich in der US-amerikanischen Musikgeschichte aus: so klingen die Felice Brothers auf "Life in the Dark" zuweilen wie eine räudige, countryfizierte Version von The Band, auch der Urschlamm der US-Singer/Songwriter-Szene hat bei ihnen Spuren hinterlassen: Townes Van Zandt oder John Prine sind solche Namen. Wie diese ist Ian Felice ein großer Geschichtenerzähler, berichtet von den Verlierern und Außenseitern der Gesellschaft. Felice fantasiert im Titelsong von einer Welt ohne Krieg, genauso haben allerdings lautmalerischer Blödsinn und Albernheiten ihren Platz.
Ein rein akustischer "Hidden Track" beschließt das Album nach 40 Minuten in einer aufgekratzten Fünf-Uhr-Morgens-Stimmung. Ein famoses Stück, trunken und sensibel zugleich.
Fazit: "Life in the Dark" ist Country-Folk, so roh und unbehauen, wie er nur sein kann. Bei aller Spielfreude der Felice Brothers stört es kaum, dass das Songwriting dabei leicht redundant bleibt.
Label: Yep Rock (H'art) | VÖ: 24. Juni 2016 |
01 | Aerosol Ball |
02 | Jack at the Asylum |
03 | Life in the Dark |
04 | Triumph '73 |
05 | Plunder |
06 | Sally! |
07 | Diamond Bell |
08 | Dancing on the Wing |
09 | Sell the House |