Supersuckers - Holdin' The Bag

CD Cover: Supersuckers - Holdin' The Bag

Mit "Holdin' The Bag" vermessen die amerikanischen Supersuckers erneut die Grenzen von Country, Fun und Punk.

Seit den frühen 90er Jahren machen sich die Herren um Super-Supersucker Eddie Spaghetti daran, einen gemeinsamen Nenner von Country, Punk, Garagenrock und Alternative zu finden - auf ihrem neuen Album "Holdin' The Bag" gelingt ihnen das besser als jemals zuvor: ein Lehrstück in Punkto Originalität. Reinhören!

Lemmy Kilmister von Motörhead hat ja das Zeitige gesegnet. Für die Musik, vor allem für die Metal-Gemeinde, ist das ein unwiederbringlicher Verlust. Nicht nur, weil er ein radikaler, gnadenloser, kompromissloser Rock 'n' Roller war. Sondern auch, weil mit ihm eines der letzten wenigen Originale aus dem ansonsten doch so geglätteten Musikbusiness verschwunden ist. Was das jetzt mit Country zu tun hat? Im Falle der amerikanischen Supersuckers tatsächlich so manches. Denn auch diese, seit den frühen 90er Jahren unbeirrbar konfus durch verschiedene Stilrichtungen taumelnde Band, sieht das Musikmachen nicht nur als Einkommensquelle, sondern vor allem als Lebensgefühl. Auch sie nehmen das alles nicht so tierisch Ernst. Auch sie spielen virtuos auf der Klaviatur der Provokation und des skurrilen Witzes. Und - jetzt kommt's - auch die Supersuckers haben ihren eigenen Lemmy in ihren Reihen. Er nennt sich Eddie Spaghetti, ist Bandleader, singt, schreibt die Songs und spielt - wie der verblichene Motörhead-Hero - den E-Bass.

Holdin' The Bag mit Western-Feeling

Musikalisch trennen die Supersuckers und Motörhead natürlich schon ein paar Welten. Vor allem nach ihrem neuen Album "Holdin' The Bag". Denn die mittlerweile zum Trio geschrumpfte Band hat sich heute nicht nur nahezu vollständig von ihrer Punk-Vergangenheit gelöst. Sie traut sich jetzt auch an recht brave, konventionelle Melodien heran; natürlich aber stets mit einem Augenzwinkern, das sagen soll: "Bitte nicht zu ernst nehmen!" Doch da besteht kaum Gefahr. Man braucht sich ja nur das in knalligen Farben gemalte "Holdin' The Bag"-Cover ansehen: Die drei in Spiel-mir-das-Lied-vom-Tod-Pose vor einer untergehenden texanischen Sonne. Einen vierten, am Boden liegenden Kerl schleifen sie mit (hoffentlich nicht das offenbar ausgestiegene Gründungsmitglied Dan "Thunder" Bolton). Diese Showdown-Atmosphäre greift eine Mundharmonika im Intro des Openers und Titeltracks, "Holdin' The Bag", auf, ein Akkordeon gesellt sich dazu, dann der schnoddrige, aber höchst angenehme Gesang des erwähnten Eddie Spaghetti. Als dann die Band einsteigt ist aus dem Titel ein eingängiger Country-Shuffle geworden, der in knapp vier Minuten mit schrägem "Uhhh – Ahhh"-Chor, Gitarrensolo und richtig starken Melodien punktet.

Witzig? Klar, und wie! Aber auch auf hohem Niveau. Das zeigt sich schon alleine in der Qualität der Gaststars. Die Harp steuert beispielsweise kein Geringerer als Willie Nelson-Sideman Mickey Raphael bei. Im nachfolgenden Track, dem nicht minder witzigen, mit Tex-Mex-Essenzen versehenen "This Life (Would Be A Whole Lot Better If I Didn't Have To Share It) With You" steigt in dem höchst skurrilen Refrain der hoch gelobte, vielfach dekorierte Americana-Liebling Hayes Carll ein. Dieses hohe Unterhaltungs-Niveau halten die Supersuckers mühelos auch ohne prominente Unterstützung. Beim Durchhören des neuen Song-Dutzends auf "Holdin' The Bag" wird allerdings erneut klar, dass sich die Band nicht so recht für einen Stil entscheiden möchte: Schlagen sie bei "High & Outside" schon fast schlagerhaft brave Töne an, erinnert das im flotten Zwei-Viertel-Takt gehaltene "Man On A Mission" an einen fröhlich-düsteren Tarrantino-Soundtrack. Letzteres gilt fast noch mehr für das anschließende "I Can't Cry", bei dem sich Eddie ein stimmungsvolles Duett mit der jungen Alternative Country-Künstlerin Lydia Loveless liefert. Wer dabei an Nancy Sinatra und Lee Hazlewood denkt, liegt nicht ganz falsch.

Supersuckers mit breitem Spektrum

Diese Assoziation drängt sich beim nächsten Titel garantiert nicht auf: "Let's Bounce" ist ein tempogeladener, hyperaktiver Southern-Rocker, Mitgröl-Refrain inklusive. Und auch der Rest von "Holdin' The Bag" ist nicht von schlechten Eltern: Im lässigen Country-Rocker "I Do What I Can (to Get By)" lässt Eddie seine Whiskey-geölte Stimme köstlich knarzen, bei "Jibber Jabber" huldigen sie ihren Punk-Wurzeln, bei "Shimmy & Shake" geht die Country-Party weiter und beim abschließenden "Georgia On A Fast Train" fühlt man sich an einen bekifften, auf Country machenden Frank Zappa erinnert. Dazwischen: eine grandiose Version des Hank Jr.-Songs "All My Rowdy Friends (Have Settled Down)". Lemmy hätte den Hut davor gezogen.

Fazit: Mit den zwölf Songs von "Holdin' The Bag" reiten die Supersuckers ein höchst unterhaltsames Country-Terrain ab: wilde Haltung, konventionelle Melodien. Eine Formel, die Erfolg verspricht.

Label: Steamhammer (SPV) VÖ: 29. Januar 2016
01 Holdin'the Bag
02 This Life...With You
03 High And Outside
04 Man On A Mission
05 I Can't Cry
06 Let's Bounce
07 I Do What I Can
08 Jibber-Jabber
09 That's How It Gets Done
10 Shimmy And Shake
11 All My Rowdy Friends
12 Georgia On A Fast Train (Bonustrack)
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