Warum? Weil es der Band um Dobro-Ass Andy Hall und Geiger (und Songtexter) Jeremy Garrett hervorragend gelingt, traditionelle Klänge mit heutiger Melodieführung und Dynamik zu verknüpfen. Vor allem aber auch, weil die Musiker ihr Handwerkszeug perfekt drauf haben. Mehr oder weniger alle der Infamous Stringdusters haben es von der Pieke auf gelernt - in der einzigen relevanten Schule: bei den Größen des Genres. Bei Legenden wie Earl Scruggs, Bobby Osborne und Dolly Parton.
Basierend auf dieser soliden Bluegrass-Ausbildung hat sich die Nashville-Band im Laufe der Jahre ihren eigenen Sound erarbeitet. Einerseits erinnert das Klang-Gebräu an hippe, jenseits aller Genregrenzen erfolgreiche Acts wie die Punch Brothers oder Doc Watson. Doch während diese Bands die Roots-Musik mit sperriger, unangepasster Attitüde und Rock und auch mal Punk-Power aufladen - und somit cool und Metropolen-kompatibel werden - , bleiben die Infamous Stringdusters eher brav bei den Ursprüngen des Bluegrass. Eher schon flirten sie mit Pop und Jazz.
Man nehme nur "Rainbows". Ein langsames, elegisches Rührstück, das mit seinen Resi-Schmelz-Harmonien auch einem Elton John gut zu Gesicht und Stimme stehen würde - würden anstatt Banjo, Dobro und Fiddle eine Gitarre, ein Klavier und Drums für das Arrangement sorgen. Ein weiteres Beispiel dafür bietet der Opener "I'll Get Away". Schon das rhythmisch hypnotisierend gezupfte Dobro-Intro und die dazu passende Melodie erinnern sofort an einen Keith Urban-Song. Und das bleibt auch so bis zum Ende des prächtigen Titels. Mit dieser Herangehensweise erinnert die Band an die Steep Canyon Rangers, die gemeinsam mit Hollywood-Star und Banjo-Crack Steve Martin auf Erfolgskurs sind.
Welches Temperament in den Neo-Bluegrass-Experten aus Nashville schlummert belegen sie in der gleichnamigen Ode an den Bundesstaat "Colorado": auch wenn keine E-Gitarre und kein Schlagzeug zum Einsatz kommen, versprüht der Track kraftvolle rockige Energie und die Lust, sofort in den Rocky-Mountain-Staat zu reisen. Damit könnte den Infamous Stringdusters ein ähnliches Kunststück wie Lynyrd Skynyrd mit "Sweet Home Alabama" gelingen - eine Hymne für eine Region zu schreiben. Verdient hätte es sich der Song allemal.
Fazit: Traditioneller Bluegrass auf höchstem Niveau - angereichert mit Pop- und Jazz-Melodien und auch mal rockiger Dynamik. Gut gemacht!
Label: High Country (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 1. April 2014 |
Titelliste
01 | I'll Get Away | 07 | By My Side |
02 | Where The Rivers Run Cold | 08 | Colorado |
03 | Winds of Change | 09 | Peace of Mind |
04 | Rainbows | 10 | Light & Love |
05 | Summercamp | 11 | Let It Go |
06 | Middlefork |