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So ist das mit Geheimtipps: Man wird geschätzt, hoch gehandelt und empfohlen; man ist ein echter Tipp - aber eben auch geheim und damit eher auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Great Lake Swimmers aus dem kanadischen Ontario- und jetzt in Toronto lebend- gehören auch zu dieser recht zwiespältigen Spezies. Noch, muss man sagen. Nicht nur weil die Band um Vordenker, Vorsänger und Songschreiber Tony Dekker in Acts und VIPs wie Robert Plant, Feist und Radsportler Lance Armstrong prominente Fürsprecher hat. Auch weil sich Dekker & Co. so langsam aus dem eher sperrigen Alternative-Umfeld verabschieden. Für "New Wild Everywhere" wurde- Überraschung!- erstmals ein richtig professionelles Studio gebucht. Keine improvisierten In-der-Natur- oder Wohnzimmer-Recordings, sondern so richtig mit professionellem Equipment. Doch vom aalglatten Mainstream sind die Great Lake Swimmers freilich immer noch so weit entfernt, wie ein Nichtschwimmer von einem Job bei den Rettungsschwimmern in Malibu.
Das Gros der 13 neuen, von Tony Dekker entworfenen Tracks hat deshalb wieder nur recht wenig Chancen auf den Playlists der großen Radiostationen zu landen: zu leise, zu introvertiert, zu unkonventionell arrangiert. Vielleicht auch: zu geistreich und zu hintergründig. Die meist ganz in der Tradition amerikanischer Folk-Musik verankerten Titel bieten in ihrer leisen, eindringlichen Art schönsten Anachronismus. Ganz so wie früher: eine Melodie, eine Message, eine Stimme und ein paar (akustische) Instrumente. So hielten es Bob Seger und Woody Guthrie - so oder so ähnlich geht es auch der Schwimmverein um Tony Dekker an.
Bei den meist wunderbar eingängigen Melodien fühlt man sich immer wieder an Neil Young, oder noch früher: an seine ganz alte Band Buffalo Springfield erinnert. Das gilt schon für den Opener "Think That You Might Be Wrong" und "Ballad of a Fisherman's Wife" und noch mehr für das nachfolgende, moderat rockige "New Wild Everywhere". Auch später stolpert man immer wieder über das näselnde Country-Folk-Rock-Urgestein als Kompass für die von Dekker gedrechselten Melodiebögen.
Im Gegensatz zum kernigen Young setzt der mit glockenklarer Stimme ausgestattete Dekker auf lieblichere, verspieltere und naturbelassenere Arrangements. Etwas esoterisch klingt das des öfteren. Zum Beispiel bei "The Knife". Da sieht man vor dem inneren Auge Wichtel und Kobolde durchs Gestrüpp flitzen.
Ein Song wie aus dem Herr-der-Ringe-Soundtrack - oder aus dem Opus von Kate Bush. Zu der beschaulich, tagträumenden Gangart passt auch prima der immer wieder gerne angeschlagene Drei-Viertel- beziehungsweise Sechs-Achtel-Rhythmus. Wenn der Walzer-Takt dann noch im Zeitlupentempo eingezählt wird - wie bei "Cornflower Blue" und "Fields of Progeny" - ist endgültig Märchenstunde.
Zum Glück aber ziehen die Kanadier gelegentlich Tempo und Dynamik an. "Changes With The Wind" geht als echter Country-Rocker - inklusive E-Gitarren - durch. Und "Easy Come Easy Go", die Single-Auskopplung, hat eigentlich alles, was es für einen Hit braucht: eine tolle, eingängige Melodie, einen prägnanten Refrain, ein radiotaugliches Arrangement. Mehr davon und die Schwimmer landen doch noch am Mainstream-Ufer...
Mit dem Bonus-Track "Les Champs De Progeniture" erweisen sie der Region Quebec eine französische Folk-Reminiszenz. À la bonne heure!
Fazit: Wunderschöner, leiser, introvertierter Folk und Country-Rock. Etwas verspielt und esoterisch und dynamisch zu verhalten, aber dafür mit großem Gestus.
Label: Nettwerk (Soulfood) | VÖ: 30. März 2012 |
Titelliste CD 1 (Standard Version)
Titelliste CD 2 (Deluxe Version)
01 | Think That You Might Be Wrong | 08 | Fields of Progeny |
02 | New Wild Everywhere | 09 | Ballad of a Fisherman's Wife |
03 | The Great Exhale | 10 | Quiet your Mind |
04 | The Knife | 11 | Parkdale Blues |
05 | Changes with the Wind | 12 | On the Water |
06 | Cornflower Blue | 13 | Les Champs de Progéniture |
07 | Easy Come Easy Go |
01 | New Wild Everywhere (Acoustic) | 05 | I Will Never See The Sun (TTC Version) |
02 | The Great Exhale (Demo) | 06 | Something Heavy |
03 | Easy Come Easy Go (Acoustic) | 07 | What Was Going Through My Head |
04 | Les Champs De Progéniture |